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Lebensstrahlen

Titel: Lebensstrahlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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Vielleicht hat sich Schöne geirrt … Jawohl, Herr Doktor, ich habe alles besorgt, den Korb bringe ich mit.« Ein Klicken wurde vernehmlich, wie wenn ein Telefonhörer an den Haken gehängt wird. Mit einem Satz sprang Reinhard vorwärts und blendete seine Lampe auf. Ihr Lichtkegel traf den glatten Stamm einer alten Buche und ließ eine Gestalt erkennen, die dabei war, eine an dem Baum befindliche Metallklappe abzuschließen. Überrascht wandte der Mensch sich um, als er den Lichtschein bemerkte. Es war der alte Michelmann. Bei der ersten Bewegung, die er machte, rief Reinhardt ihn an: »Stehenbleiben!«
    Der Alte erblickte zwei Gestalten und schaute in zwei entschlossene Gesichter.
    »Was wollen Sie von mir?« fragte er unsicher.
    »Sie sollen uns führen.«
    »Wohin?«
    »Auf die Eulenburg. Wir wollen Doktor Eisenlohr aufsuchen.«
    Unwillkürlich schüttelte Michelmann den Kopf. »Herr Doktor Eisenlohr wünscht keinen Besuch.«
    »Das lassen Sie unsere Sorge sein. Sie sollen uns nur hinführen«, sagte Reinhard und trat dicht neben ihn. »Was haben Sie da?« fuhr er fort, während er den Strahl der Laterne über den Buchenstamm gleiten ließ. »Ein Telefon mitten im Walde? Was sagt die Post dazu?«
    »Geht die Post ‘nen Dreck was an«, brummte Michelmann,
    »sind hier auf eigenem Grund und Boden, können machen, was wir wollen.«
    »So, so! Na, das wird sich herausstellen. Führen Sie uns zur Burg!«
    Widerwillig nahm Michelmann seinen Korb auf und humpelte langsam vorwärts, während Reinhard an seiner Seite ging und Walke dicht hinter den beiden blieb. Fieberhaft arbeiteten dabei die Gedanken des Alten.
    Zwei Männer … Einbrecher … vielleicht Räuber, die einen Überfall auf die Burg planten … Der Doktor ahnungslos … durch das Telefongespräch erst recht in Sicherheit gewiegt … der und Dr. Bruck die einzigen Menschen in der Burg … er selber in der Gewalt der Fremden … unfähig, zu warnen … zu helfen …
    Immer steiler und immer enger war inzwischen der Pfad geworden; sie konnten nicht mehr nebeneinander bleiben. »Wollen Sie vorgehen und leuchten«, sagte Michelmann.
    »Bitte nach Ihnen, Verehrtester«, sagte Reinhard ironisch.
    Langsam keuchte der Alte in dem unsicheren Laternenschein weiter, bis er … wie weggewischt … plötzlich verschwunden war. Mit einem Sprung wollte Reinhard ihm nach, stolperte über den Einholkorb, schlug zwischen Nesseln und Dornen der Länge nach hin.
    »Verflucht, Walke!« Reinhard raffte sich wieder auf. »Der Bursche ist uns durch die Lappen gegangen! Müssen versuchen, den Weg allein zu finden.«
    *

Aus der Ferne gesehen machte die Eulenburg mit dem hoch über den Wald ragenden halbverfallenen Bergfried den Eindruck einer Ruine. Jahrhunderte hindurch war sie es auch gewesen. Doch das änderte sich, als Dr. Eisenlohr ihr Eigentümer wurde. Wer jetzt in den Burghof kam, der blickte nicht mehr in öde Fenster höhlen, sondern in spiegelnde Scheiben, hinter denen zur Abendzeit elektrische Beleuchtung aufglänzte, und wer den Bau betrat, fand behaglich ausgestattete Räume.
    Der geräumige Bankettsaal im Mittelhaus diente dem Doktor als Laboratorium. Wo früher einmal Ritter und Knappen den Humpen geschwungen, standen jetzt blinkende Maschinen, glänzten Glas und Messing physikalischer Apparate im Schein des elektrischen Starklichtes, deckten Regale, mit Retorten, Phiolen und hundert verschiedenen Chemikalien besetzt, die Wände.
    An einem Arbeitstisch saß Dr. Eisenlohr über ein Mikroskop gebeugt. Seine Hände lagen an den Regulierschrauben des Objektträgers, während er ein Auge dicht an das Okular des Instrumentes brachte. Minuten hindurch beobachtete er angestrengt, was das Mikroskop ihm in mehrhundertfacher Vergrößerung zeigte. Nun richtete er sich wieder auf und strich sich über die Stirn. Langsam kamen die Worte von seinen Lippen:
    »Die Eigenbewegung ist unverkennbar, Bruck, kommen Sie, sehen Sie!«
    Dr. Bruck, der Assistent Eisenlohrs, ebenso wie dieser am Ausgang der Dreißiger, legte ein Heft beiseite und nahm den Platz Eisenlohrs vor dem Mikroskop ein. Er blickte durch das Instrument, begann während der Beobachtung zu sprechen.
    »Sie haben recht, Eisenlohr. Es bewegt sich. Vielleicht … es könnte vielleicht …«
    »Was könnte es sein?« fiel ihm Eisenlohr ins Wort.
    Bruck zuckte die Achseln. »Man kann noch nichts sagen. Wir wissen noch nicht genug …«
    »Wenn es die Urzeugung wäre, Bruck? Wenn der tote Stoff unter unserer Strahlung

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