Lebkuchen und Bittermandel
außen vor. Mich interessiert vorerst nur Ihre eigene Rolle. Wie war Ihre Meinung über Jakob K.?
David S.: Meine Meinung? Ha, Sie stellen Fragen. Was soll ich sagen? Jakob ist … – ich meine, war … – ach, nichts, man soll ja nicht nachteilig über Tote reden.
Nur zu. Nehmen Sie bitte keine Rücksicht auf die Pietät.
David S.: Also gut: Jakob war der typische Eigenbrötler. Ein Junggeselle, wie er im Buche steht. Er hat nie die Richtige abgekriegt, andererseits aber auch nicht die Freiheit ausgekostet, die er als ungebundener Mann hätte genießen können. Wenn Sie mich fragen, würde ich ihn als ziemlich frustriert und verbohrt beschreiben. In den letzten Jahren zeichnete sich ab, dass es mit ihm bergab gehen würde.
Zumindest beruflich schien es aber doch bergauf zu gehen. Nach dem, was ich bisher weiß, brüstete sich Jakob K. damit, kurz_vor der Veröffentlichung eines Bestsellers zu stehen. Jedenfalls war er wohl davon überzeugt.
David S.: Ach was! Auf solchen Höhenflügen ist er schon öfters gewesen und hat dann immer eine ziemlich krasse Bauchlandung erlebt. Ich glaube, mit derlei Prahlereien wollte er nur von seinen Misserfolgen ablenken. Den beruflichen, vor allem aber den privaten.
Worauf spielen Sie an?
David S.: Tja, eigentlich wollte ich ja nicht der Erste sein, der Sie darauf bringt, aber früher oder später werden Sie es sowieso erfahren: Jakob war in der Schulzeit bis über beide Ohren in Sonja verknallt.
Sprechen wir von derselben Sonja, der Frau von Udo M.?
David S.: Ja, die schöne Sonja. Selbstredend hatte Jakob niemals eine Chance bei ihr. Doch sie blieb seine Traumfrau, die unerreichbare, bis zum bitteren Ende.
Das ist ein Anhaltspunkt. Wir werden dem nachgehen. Nun aber noch einmal zurück zu Ihnen: Wann und mit wem genau haben Sie sich in der Küche aufgehalten?
David S.: Das ist schwer zu sagen. Man ist ja immerzu hin- und hergegangen und hat die Teller und Töpfe herumgetragen. Ich war einer der Ersten, habe mich dann aber bald im Hintergrund gehalten. Zu viele Köche verderben ja den Brei.
Befanden sich unter den Lebensmitteln, die Sie in den Gastraum getragen haben, auch die Süßspeisen?
David S.: (lacht) Sie meinen die Lebkuchen? Nein, ich habe mir eine Salatschüssel und danach noch eine Terrine geschnappt. Das war’s.
Vielen Dank fürs Erste. Wir werden gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal auf Sie zukommen.
David S.: Was ist mit Hilde? Werdet ihr sie auch verhören? Sie kann euch nichts anderes sagen als ich.
Sie scheint neben Paul Flemming und Herrn Klugmann bisher die einzige Teilnehmerin mit Alibi zu sein. Sie hat die Küche nicht betreten und ist nicht vor den anderen Gästen ans Büfett gelangt. Ihre Befragung lege ich daher auf einen späteren Zeitpunkt. Also, nochmals danke für Ihre Informationen.
8
Verhörprotokoll Nr. 2,
Samstag, 18. Dezember, 20.50 Uhr
Befragt wurden Frau Giulia und Herr Rüdiger T.
Verhör geführt durch Frau Oberstaatsanwältin Z. Blohm
Protokollführer: Herr P. Flemming
Rechtsbelehrung erfolgt
Herr und Frau T.. aus zeitlichen Gründen möchte ich Sie beide gleichzeitig vernehmen. Spricht aus Ihrer Sicht etwas dagegen?
Antwort, einhellig: Kein.
Wie standen Sie zu dem Opfer Jakob K.?
Giulia T.: Jakob war ein feiner Kerl. Ein bisschen verträumt, aber nett.
Rüdiger T.: Wir hatten wenig mit ihm zu tun.
Hat Jakob K. Ihnen nähere Einzelheiten über sein neuestes Buchprojekt mitgeteilt?
Giulia T.: Er war begeistert, fast euphorisch. Muss eine tolle Story sein, die er sich ausgedacht hat. Aber viel hat er nicht verraten. Nur Andeutungen gemacht. Soviel ich weiß, hat er einen wahren Fall verarbeitet.
Rüdiger T.: Er hat kaum etwas davon preisgegeben. Wir wissen so gut wie nichts darüber.
Ist Ihnen etwas über die verschmähte Liebe des Opfers zu Sonja M. bekannt?
Rüdiger T.: Nein.
Giulia T.: Ach, herrje, das ist Jahrzehnte her! Ja, sicher, ich erinnere mich: Damals, im Gymi, hat Jakob für Sonja geschwärmt. Aber sie war mehr als nur eine Nummer zu groß für ihn. Der unscheinbare Jakob und die Sexbombe Sonja – das hätte nicht zueinandergepasst.
Rüdiger: Das kannst du doch gar nicht beurteilen. Es tut auch nichts zur Sache.
Giulia T.: Na sicher kann ich das beurteilen. Und ob es etwas zur Sache tut, wird die Frau Staatsanwältin schon selbst beurteilen können.
So oder so: Sie meinen, dass es sich bei dieser Liebelei um eine längst abgeschlossene Episode handelte?
Giulia T.: Ich
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