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Legende der Angst

Legende der Angst

Titel: Legende der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Pike
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drehen, daß sie sich aufstützen und dann aufstehen konnte. In diesem Augenblick zerriß das Geräusch von zersplitterndem Glas die Stille.
    Das kann alles gar nicht wirklich passieren!
    Als Mary die ersten Schüsse abgegeben hatte, war Angela nicht so nah bei ihr gewesen. Jetzt aber stand Mary nur gut einen Meter von ihr entfernt, und das Abfeuern des Gewehres klang ohrenbetäubend laut. Unwillkürlich hielt Angela sich die Ohren zu. Es war zu spät, um sich vor dem Knall zu schützen; vielleicht versuchte sie ja auch nur, den Wahnsinn des Ganzen auszusperren.
    Mary hastete zu dem zerbrochenen Fenster mit den zerrissenen Gardinen und starrte in die Nacht hinaus. Unwille und Wut spiegelten sich in ihren Zügen, und Angela erkannte, daß das Glas zersprungen war, weil Jim sich aus dem Fenster gestürzt hatte – nicht weil Mary geschossen hatte. Mary hob das Gewehr an, um wieder durchzuladen, besann sich dann jedoch offenbar eines Besseren. Jim war wahrscheinlich schon außer Reichweite. Mary wirbelte herum und stürmte in Richtung Tür. Angela packte sie, als sie an ihr vorbei wollte, aber Mary richtete die Waffe auf sie, und so ließ Angela sie wieder los. Sie kauerte sich zusammen und wartete auf den nächsten Schuß. Langsam sank sie auf den Boden zurück. Mary drückte jedoch nicht ab.
    Statt dessen lief sie durch die Tür, um Jim zu verfolgen – ihren Freund.
    »O Gott«, flüsterte Angela. Sie hatte keine Ahnung, wie lange sie dort auf dem Boden saß. Es hätten ein paar Sekunden oder ein paar Minuten sein können, bis die zwei Jungs von unten das Zimmer betraten und ihr auf die Füße halfen. Sie waren beide kreidebleich und zitterten nicht weniger als Angela. »Habt ihr sie gestoppt?« brachte Angela krächzend hervor.
    Der Größere der Jungen schüttelte den Kopf. Angela war früher am Abend mit ihm bekannt gemacht worden, aber die darauf folgenden Aufregungen hatten sie seinen Namen irgendwie vergessen lassen. »Sie ist entwischt«, sagte er.
    »Und Jim?« wollte sie wissen.
    Der Junge schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Sie sind beide über die Felder gerannt, in Richtung des Sees.« Der Junge legte den Kopf schief und lauschte. Von weitem hörte man eine Sirene, deren Klang lauter wurde. »Hört sich an wie die Polizei«, murmelte er.
    Angela atmete tief durch und eilte dann die Treppe hinunter. Todd und Kathy lagen noch genau da, wo sie niedergestreckt worden waren. Angela bemühte sich, den Blick nicht gleich wieder abzuwenden. Kathys Kopf sah aus wie ein nicht ganz runder roter Ball. Todd war von dem Schuß, der ihn getroffen hatte, fast in zwei Hälften gerissen worden. Das Blut der Opfer war zu einem Fluß zusammengeflossen, der immer breiter wurde – das Blut war einfach überall. Angelas Schuhe waren davon durchtränkt. Sie wandte sich um und lief durch die Haustür nach draußen. Die meisten der Partygäste standen in der Auffahrt zum Haus oder auf dem Rasen herum. Jungs übergaben sich, ein paar Mädchen waren in Ohnmacht gefallen. Wehklagen und Jammern erfüllte die Stille.
    Zwei Polizeiwagen kamen mit tanzendem Blaulicht am Ende der Auffahrt zum Stehen. Vier Cops sprangen aus den Autos. Diejenigen von den Umstehenden, die noch ansprechbar waren, deuteten in Richtung des Feldes. »Sie sind dahin gelaufen!« schrien sie.
    Die Polizisten hatten keine Ahnung, wovon sie redeten. Angela war immer noch völlig außer Atem, doch sie rannte zu dem Beamten, der ihr am nächsten stand. Er war ein Asiate – in Zivilkleidung. Obwohl er klein und schmal gebaut war, war auf den ersten Blick klar, daß er das Sagen hatte.
    »Was ist passiert?« fragte er.
    »Sie hat zwei Leute erschossen«, brachte Angela mühsam hervor.
    »Wo?«
    Sie deutete schwach in die Richtung. »Im Haus.«
    »Wer hat sie erschossen?« wollte der Mann wissen.
    »Meine Freundin. Mary.«
    »Was für eine Waffe hat sie?«
    »Ein Gewehr.«
    »Ist sie jetzt da drin?«
    »Nein«, antwortete Angela.
    Der Mann blickte zu dem freien Feld hinüber, hinter dem der Wald begann, der sich um den Großteil des Point Lake erstreckte. Angela kannte das Gelände gut; sie lebte auf der anderen Seite des Sees bei ihrem Großvater. Wenn Jim die Bäume erreichte, bevor Mary ihn erwischte, hatte er eine Chance. Der Mann bedeutete einem der Uniformierten, ins Haus zu gehen. Er lauschte eine Weile auf das, was um ihn herum zu hören war, und schien sich in die Situation hineinversetzen zu können. Einige der Mädchen und Jungen gaben eine Beschreibung

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