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Lehmann, Christine

Lehmann, Christine

Titel: Lehmann, Christine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nachtkrater
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machte das eigentlich genau aus, dass Russen immer aussahen wie Russen? So eine Mischung aus KGB und Wodka Gorbatschow.
    Ich beugte mich zu ihm und raunte: »Sag mal, wer ist e i gentlich diese aufgeregte Stimme von Radio High Moon?«
    »David!« Er schaute sich suchend um. »Der Kleine da, der aussieht wie … na, wie dieser Schauspieler … wie heißt der doch gleich? Der von Grease …«
    »Äh!«
    Der, der nicht wirklich aussah wie John Travolta, drehte sich um, musterte mich kurz und schaute dann wieder den beiden Männern zu, einem Schrank und e i nem Hädele, wie der Schwabe zu mageren Männern sa g te. Sie lachten fürchterlich. »So«, kreischte das Hädele gerade, »du schläfst also in der Löffelstellung ein?«
    »Aber mit Stiel dran«, erwiderte der Schrank und lac h te, dass der Boden bebte.
    »Da bist du ja«, sprach mich Tamara an. »Dann wo l len wir uns mal was zu essen besorgen.«
    »Viel Glück, Michail«, rief mir Pjotr mit gierigem Blick hinterher, so als hätte er seit Wochen mit niema n dem mehr gesprochen.
    Die Materialien, die auf den Tellern lagen, hatten zwar, bevor die Gabeln sie aufwühlten, noch eine Qu a derform, sahen aber ganz lebensecht aus.
    »Was gibt ’ s denn?«, fragte Tamara, den Hals reckend.
    Einer drehte sich um. Es war Dr. Wathelet, der belg i sche Arzt mit dem schütteren Haar und dem jungen G e sicht. »Pute mit Reis, Glasnudeln mit Gemüse und Rind, Borschtsch und noch was.« Er reckte sich auch, um einen Blick auf die Ausgabe zu erhaschen . »Außerdem Fleisc h bällchen mit Humus. Interessant, dass man sich immer nur drei Dinge merken kann! Oder, Michelle?«
    »Ja.«
    »Es liegt daran, dass wir nur zweidimensional denken können«, mischte sich ein Mann von gedrungener Gestalt ein. »Drei Punkte definieren eine Fläche. Drei! Der vierte Punkt wäre die Höhe. Oder, Michel?«
    »Äh.«
    »Ich bin Morten Jörgensson, Dänemark, Weltrau m ar chäologe.«
    »Was?«
    Er lachte. »Die alten Apollo-Landeplätze, Weltrau m schrott, Planetoidentrümmer, die Gerüchte von Artefa k ten auf dem Mond, you understand? Wenn es außerird i sches Leben gibt, werde ich der Erste sein, der es e r fährt.« Zwei pralle Backen rahmten einen kleinen Mund, der wiederum von Oberlippen- und Kinnbart gerahmt wurde. Ein Mehrfachmondgesicht. Sein Händedruck war fest.
    »Michelle Ardan«, erwiderte ich.
    »Unser sogenannter Retter, ich weiß. Der französische Neurobiologe und selbsternannte Spezialist für Schwar m intelligenz, der an außerirdisches Leben glaubt. Glaubst du wirklich …« Morten Jörgensson unterbrach sich und schnüffelte prüfend über den Teller hin, den eine rundliche Frau mit schwarzer Haarbürste, grün geschminkten Nachtkrateraugen und dem Märchenza u ber von Tausendundeiner Nacht auf den Hüften an uns vo r übertrug. »… dass du schaffst, was die hier versa m melte Intelligenz nicht hingekriegt hat?«
    »Nein«, erwiderte ich.
    Die nachtkrateräugige Scheherazade mit dem Teller drehte sich um. »Morten! Du Ekel! Lass die Greenhorns doch erst einmal ankommen!« Sie musterte mich pr ü fend. Ein leichtes Erstaunen stieg ihr in die Unterlider.
    »Michelle Ardan«, sagte ich und ließ die Zunge lange auf dem »e l le« verweilen.
    Sie lächelte halb. »Dein Auftritt ist keinem von uns entgangen. Ich heiße Zippora Eschkol. Leider kann ich dir jetzt nicht die Hand geben.«
    »Zippora«, erläuterte Morten, »ist unsere Psychologin im Rang des Aluf Mischna, Colonel in der Weltsprache.«
    Also Oberst.
    »Sie ist eine Betasoid. Star Trek , das kennst du doch? Ich bin felsenfest überzeugt, dass Zippora telepathische Fähigkeiten hat.«
    »Ja, und ich weiß, was du eigentlich willst, Morten!« Zippora lachte laut und dreckig auf und zog schwerhüftig davon.
    »Israel«, raunte mir Morten mit Kennermine zu. »Os t jüdische Wurzeln, chassidischer Mystizismus, gepaart mit wissenschaftlicher Intelligenz.« Er schnalzte mit der Zunge. »Ich glaube, ich nehme das chinesische Gericht. Das ist wenigstens scharf. Mondfraß schmeckt immer so fad, als hätte man Schnupfen.«
    »Das viele Blut im Kopf dämpft die Geschmacksne r ven«, erklärte Wim Wathelet, der bereits durchschaut hatte, dass ich nicht einmal die Grundlagen kannte.
    Morten zog einen der hellgrauen Plastikteller aus dem Apparat, nahm ein silbrig eingeschweißtes Paket und die Schere, die bereitlag, schnitt dem Päckchen die markierte Ecke ab und stülpte das offene Ende über eine Düse. Es zischte und

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