Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lehmann, Christine

Lehmann, Christine

Titel: Lehmann, Christine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nachtkrater
Vom Netzwerk:
hätte gedacht, man arbeitet in Schichten?«
    »In der Kommandozentrale muss natürlich immer e i ner sein«, rasselte Tamara herunter wie einstudiert, »aber ansonsten hat sich das Drei-Schichten-System nicht b e währt. Astronauten brauchen bei Aufenthaltsdauern von über einem Vierteljahr längere Erholungsphasen und ein intaktes Sozialleben. Deshalb haben wir schnell auf einen Tag-Nacht-Rhythmus umgestellt. Manche muss man trotzdem zum Schlafen und Essen zwingen. Deshalb ist das Abend-Meeting obligatorisch.«
    »Und David ruft jeden extra auf, der nicht pünktlich erscheint«, ergänzte Yanqiu. Ein Lächeln grub sich auf ihrem Gesichtchen ein, wie um nie mehr zu verschwi n den.
    Tamara stand auf. »Kaffee?«
    Als wir alle beim Kaffee saßen – Yanqiu und Tupac und einige andere tranken Tee –, erhob sich ein Mann mit reichlich Sternen auf den Schulterklappen seines vi o letten Artemis-Anzugs.
    Yanqius Blick aus schwarzen Mandelaugen schmolz.
    »Ich möchte unsere drei Neuankömmlinge, Franco Llacer, Dr. Georg Griffhorn und Dr. Michel Ardan, auf der Artemis willkommen heißen«, sagte er mit einer in den Kehlkopf gepressten Stimme. »Ich bin Colonel Le s lie Butcher, Kommandant der Artemis, kurz Artemis-CDR.« Unter seinem linken Auge zuckte ein Tic. »Z u nächst einmal werden wir uns euch kurz vorstellen.«
    Ein unhörbares Seufzen vernetzte sich über die Tische. Die Mitglieder der Stammbesatzung gestalteten ihre Ro u tinepräsentation knapp. Namen, Ränge, Nationalitäten. Sie waren teilweise schon fast neun Monate hier oben. Der Mann neben Colonel Leslie Butcher hieß Artjom Pilinenko, war Polkownik, also Oberst, und der russische Kommandant in der Funktion des Second Artemis-CDR. Die Stimme von Radio High Moon hieß David Hirsch, war US-Bürger, dem Nachnamen nach Jude und Erster Systemadmin. First Lieutenant Gail Taylor, Leutnant Ho Yanqiu und Leutnant Tamara Jagelowskaja kannte ich schon. Die drei EVA-Ingenieure und LRV-Piloten, also die Roverfahrer und Außenbordingenieure, saßen be i sammen. Der eine hatte die Ausmaße eines Schranks, kam aus Chicago und hieß Robert Roca, kurz Bob. Das Hädele war der zweite Roverfahrer, Bohrsystemfac h mann und Mann fürs Grobe namens Fred Lamonte aus Luxemburg. Zwischen ihnen saß die Zeugin Gottes, Rh i anna McFinn aus Boston, ebenfalls Roverfahrerin und Solar-Ingenieurin.
    »Mich kennt ihr ja«, sagte der belgische Arzt. »Ich habe euch schon gestochen. Ich bin Lieutenant-Colonel Wim Wathelet und kümmere mich um eure Wehwe h chen. Außerdem erforsche ich die Wirkung geringer Schwerkraft auf den menschlichen Organismus.«
    Tupac Vaizaga, im Zweitberuf Arzt, und Dr. Nguyen Van Sung, auch noch Spezialist für alle darstellenden Computerprogramme, waren Teil der zivilen wisse n schaftlichen Besatzung und beschäftigten sich vorrangig mit dem Aufbau der Biosphäre und den Auswirkungen kosmischer Strahlung auf biologische Organismen. A u ßerdem führten sie Versuchsanordnungen aus, wie etwa die mit den Bärtierchen aus Stuttgart, die zusammen mit mir im STS-214 gekommen waren und im scheintoten Zustand – dem Zustand der Kryptobiose – kosmischer Hitze, Kälte und dem Vakuum ausgesetzt und dann wi e der zum Leben erweckt werden sollten.
    »Mal sehen«, lächelte Van Sung, »ob sie sich dann auch noch fortpflanzen können.«
    »Unsere Biologen sind die wichtigsten Leute«, b e merkte Wim Wathelet. »Sie werden die Artemis hoffen t lich davor bewahren, innerlich zu verschimmeln, wie seinerzeit die Mir. Und sie haben den gefährlichsten A r beitsplatz von uns allen.« – Ich vermutete, dass der Arzt sich nicht auf Abortkabinen bezog. – »Denn nichts ist so virulent wie im Sonnenwind mutierte Bakterien, und dann natürlich die kosmischen Viren …«
    Ein paar lachten wie über einen Uraltwitz. Franco sah erschrocken aus.
    Der Arzt zwinkerte. »Nicht wahr, Dr. Ardan?«
    »Unsinn«, kam mir Van Sung zuvor. »Kosmische Viren, falls es sie gäbe, könnten uns nur gefährlich we r den, wenn sie zuvor schon mit Leben in Berührung geko m men wären.«
    »Was für Ameisen durchaus gilt«, stichelte Wim. »Aber jetzt habt ihr ja Verstärkung bekommen.«
    Die beiden Biologen blickten finster drein.
    Der Astronom hieß Sergei Kascheschkin und kam aus Kasachstan. Der also war mein COUP, mein case of ur gency partner, ein dunkelhaariger Bursche mit bese n haftem Schnauzer. Eigentlich, erklärte er, brauche man auf der Artemis keine Astronomen, denn die Daten der beiden riesigen

Weitere Kostenlose Bücher