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Lehrerzimmer

Lehrerzimmer

Titel: Lehrerzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Orth
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überhaupt keine Klasse als Klassenlehrer erhalten. Ich fragte nun einen der Lehrer, Bruns, Bio, Chemie, Studienrat, nach der Bibliothek. Sie war direkt durch eine Tür mit dem
    Lehrerzimmer verbunden. Ich ging die Regale entlang, fand nach einigem Suchen und mit großer Erleichterung das letzte noch verbliebene, ziemlich zerfledderte Exemplar von
    Greenline für die zehnte Klasse und wollte gerade zurück ins Lehrerzimmer treten, als ich auf der Schwelle von einem Mann mit schwarzem Bart festgehalten wurde. Stop, sagte der, das geht nicht, Sie können nicht einfach ein Buch entwenden, Miller, mein Name, Oberstudienrat, Geschichte, Latein, ich bin für die Bibliothek zuständig. Ich sagte ihm, dass ich das Buch nicht hätte entwenden wollen, dass ich jetzt gleich, nach der Klassenlehrerstunde die zehnte Klasse zu unterrichten und man mir im Sekretariat gesagt hätte, ich könne ein Exemplar des Lehrbuches in der Lehrerbibliothek finden. Das sei richtig, sagte Miller, aber ich könne das Buch nur ausleihen, wenn ich diese grüne Leihkarte hier ausfüllen würde. Sehr gern, sagte ich, nahm die Karte, füllte sie aus und gab sie Herrn Miller zurück. Der schüttelte den Kopf und sagte, er müsse sich an die Vorschriften halten, er könne mir das Buch nur geben, wenn ich neben der ausgefüllten Leihkarte auch den
    entsprechenden Lehrerleihausweis besäße, dessen Nummer er unabdingbarerweise auf der grünen Leihkarte einzutragen hätte. Wo ich diesen Lehrerleihausweis bekommen könne?
    fragte ich. Im Sekretariat, sagte er. Ich verließ das
    Lehrerzimmer, ging zur ersten Sekretärin und sagte ihr, ich bräuchte einen Lehrerleihausweis für die Lehrerbibliothek. Sie antwortete mir, das sei kein Problem, sie würde ihn mir erstellen, ich könne ihn morgen abholen. Ich bräuchte ihn aber jetzt gleich, sagte ich. Nicht so hektisch, sagte die erste Sekretärin, alles habe seine Zeit, das Überprüfen der Daten, das Ausdrucken, das Zusammenkleben und Laminieren, das könne sie nicht vor morgen schaffen, ich sähe ja, was hier los sei. Ich verließ das Sekretariat und setzte mich unschlüssig auf das blaue Sofa, das in einer Ecke des Lehrerzimmers stand.
    Neben mir saß eine der drei GLK-Gegenstimmen, Herr Jensen.
    Wie es mir gehe? fragte er. Ich sah ihn entsetzt an. Gut, sagte ich. Wie mein erster Eindruck von der Schule sei? fragte er.
    Gut, sagte ich. Doch dann gab ich mir einen Ruck und
    schilderte ihm die Situation mit dem Englischbuch. Alles kein Problem, sagte er, stand auf und ging an seinen Arbeitstisch, kramte in seiner schwarzen Schultasche, kam mit einem
    Greenline- Buchzurück und reichte es mir mit den Worten: Ich heiß übrigens Josef. Martin, sagte ich und merkte, wie meine Mundwinkel sich ein wenig hoben. Bis morgen könne ich das Buch behalten, sagte Josef, er beginne in der Parallelklasse mit einem Song von Britney Spears. Von Britney Spears? fragte ich. Die Kids stehn da drauf, sagte Josef, die sind total verrückt nach der. Ob ich nicht wisse, dass die erste Schulstunde die wichtigste sei, die, bei der sich entscheide, wie das komplette Schuljahr verlaufen werde, und da wolle er nicht mit dem trockenen Schulbuchmüll beginnen. Natürlich nicht, sagte ich und ließ die Schultern hängen. Dann fasste ich mir ein Herz und sagte, ich hätte eine Frage bezüglich des Direktors, ich wisse nicht, an wen ich mich wenden solle, aber er, Josef, schiene mir… Josef legte mir eine Hand auf den Arm und schaute sich um. Nicht hier, flüsterte er. Er wisse Bescheid, er wisse, was ich sagen wolle, er kenne die Liste. Heute Abend um acht, sagte er, Ratskeller Stuttgart, Hinterzimmer, da könne man offen sprechen. Dann rief jemand von der Tür her seinen Namen. Josef stand auf, nickte mir zu und verließ das
    Lehrerzimmer.
    Ich hatte keine Zeit, über das nachzudenken, was Josef gesagt hatte, sondern erinnerte mich daran, dass ich noch meinen Schulschlüssel beim Hausmeister abzuholen hatte. An seinem Kabuff standen vor mir in der Schlange die Oberreferendare und andere neue Kollegen. Der Hausmeister hatte eine laute, quäkende Stimme, vor ihm lagen verschiedene Schlüssel
    ausgebreitet, und er deutete auf die Schlüssel, während er zu jedem Schlüsselabholer die gleichen Worte sprach: Schlüssel C6 für alle Zimmer im EG, IG, 2G, 3G, Schlüssel C5 für Physik Sockelgeschoss SG4, Schlüssel C4 für Erdkunde SG5, Schlüssel C3 für Biologie und Chemie SG3 und SG2,
    Schlüssel
    C2 für

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