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Lehtolainen, Leena

Titel: Lehtolainen, Leena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: du hättest vergessen Du dachtest
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Kurzschluss gab.
    Wohnstube, Veranda und Schlafkammer reichen mir vollkommen, und auf dem Hof gibt es eine Sauna und einen Erdkeller.
    Wenn die Mäuse zu frech werden, leiht Clasu mir seine Katze.
    Manchmal spiele ich auch mit dem Gedanken, mir einen Hund anzuschaffen.
    »Soll ich Kaffee kochen?«, fragte ich, als sich Katja auf die Treppe setzte und die Pilze putzte. Sie wollte lieber Tee.
    Glücklicherweise entdeckte ich im Schrank eine Packung, die Sara in ihrer Jogaphase mitgebracht hatte. Sara hat einmal bei mir übernachtet, aber davon abgesehen hat noch keine Frau in diesem Haus geschlafen, seit ich hier wohne. Katja hätte von mir aus bleiben können, vorausgesetzt, sie redete nicht zu viel, aber sie wollte nach Hause. Ich brachte ihr Tee und Brote. Aus dem Schreiben würde wieder nichts werden.
    »Was ist das?«, fragte Katja, als plötzlich melancholische Schreie erschallten.
    »Das sind Kraniche. Jetzt schon?«, wunderte ich mich. Ich bin kein Ornithologe, aber wer zwischen einem Wald und einem Nistgebiet wohnt, kann gar nicht anders, als die Vögel zu beobachten. Katja lauschte aufmerksam. Wenn sie ein Tier gewesen wäre, hätte sie die Ohren aufgestellt. Als Kind hatte sie schnell gelernt, jeden Vogel an seiner Stimme zu erkennen, aber über den Winter hatte sie alle Arten vergessen, die es in der Stadt nicht gab.
    »Und was hast du im Herbst vor?«, fragte ich, als nur noch Clasus Mähdrescher zu hören war.
    »Nichts Besonderes, ich geh jobben. Und außerdem müsste ich endlich meine Magisterarbeit fertigschreiben.«
    »Hast du Auftritte?«
    »Nein«, antwortete sie kurz angebunden, stand auf und brachte den Abfall von den Pilzen zum Kompost. Das Thema war also immer noch ein wunder Punkt.
    Katja versicherte, ich brauchte sie nicht an den Bus zu bringen.
    Also trank ich meinen Kaffee und las in den »Sieben Brüdern«
    weiter. Als ich merkte, dass ich pinkeln musste, war ich schon bei Venlas Verlobung angelangt. Die Dämmerung war grau, nicht blau wie im Frühjahr.
    Die Nacht, in der Vater starb, war blau und kalt gewesen, fast frostig. Ich hatte zitternd auf der Treppe gestanden und überlegt, was zu tun sei. In der Küche lag Vater in seinem Blut, Rane lallte sinnloses Zeug, die Frauen und Kinder standen entsetzt am Fenster. Ich war zwar betrunken, begriff aber durchaus, was los war. Schließlich rief ich die Polizei. Wenn ich in meinem Leben etwas vergessen möchte, dann ist es diese Nacht.
    Ich zwinge mich, an etwas anderes zu denken, und mache einen Spaziergang. Ohne die Geschichten, die andere erfunden haben, lande ich immer wieder bei dieser falschen Geschichte, bei meiner eigenen, statt bei der Geschichte, die ich schreiben will. Ich bin erst einige hundert Meter gegangen, als sich am Ackerrand eine Elchkuh träge in Bewegung setzt. An derselben Stelle werden jeden Herbst ein paar Elche erlegt. Seltsam, dass sie daraus nichts lernen.
    Frauen sind nicht wesentlich anders als Elche. Man sollte meinen, die Erfahrung mit Eero hätte Sirkka gelehrt, dass auf uns Männer kein Verlass ist, aber nein. Vor einigen Jahren hat sie wieder einen in Pielavesi vorgeführt. Vater, der früher jeden in die Flucht geschlagen hatte, war zwar nicht mehr da, aber Sara hat es genauso gut geschafft. Auch darüber hat Sirkka kaum gesprochen, wahrscheinlich hat sie danach keinen Mann mehr gehabt.
    Es ist schwierig, über Liebe zu schreiben, wenn man nicht an sie glaubt. Die Behauptung, Liebe könne einen Menschen befreien und retten, hat mir nie eingeleuchtet. Hat sie etwa meine Eltern gerettet? Oder Sirkka? Ist Sara ein »heiler Mensch« geworden – eins ihrer Lieblingsworte, gegen die ich allergisch bin – durch all die Männer, die in ihr Bett gestiegen und wieder gegangen sind? Ich bin Frauen begegnet, die darauf aus waren, mich zu verstehen, aber das will ich nicht. Mir wird ganz kalt bei dem Gedanken, jemand könnte mich durchschau-en.
    Man braucht keinen anderen Menschen, um glücklich zu sein.
    Sich beim Holzhacken verausgaben, die Sauna heizen und spüren, wie der erste Drink die Magenwand streichelt – das ist Glück. Oder die richtige Farbe auf einem Blatt am Baum und der endlose Zug der Wolken. Anderen brauche ich mein Glück nicht zu erklären, es ist nicht nötig, dass sie es verstehen.
    Als ich von meinem Spaziergang zurückkomme, nehme ich mir fest vor, am nächsten Morgen mit der Arbeit anzufangen.
    Ich bin ein fleißiger und gewissenhafter Mann, keiner von denen, die sagen …

    DREI
    Sara
    …

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