Miss Wyoming
Kapitel Eins
Susan Colgate saß mit ihrem Agenten Adam Norwitz auf der Natursteinveranda des Restaurants »Ivy« am Rande von Beverly Hills. Susan fröstelte ein wenig. Sie hatte sich einen hellbraunen Cashmere-Pulli um die Schultern geschlungen und warf den Vögeln, die über dem Boden hin und her huschten, Brotkrumen zu. Sie war perfekt geschminkt und im Stil der Zeit frisiert - eine Frau, die den Kunden an der Supermarktkasse von den Zeitschriftencovern entgegenschaute, lächelnd zwar, aber eingefroren in Raum und Zeit, fernab der realen Welt voll schreiender Babys, Scheckkarten und gelegentlicher Ladendiebstähle.
Susan und Adam beobachteten zwei Männer am anderen Ende des belebten Lokals. Adam sagte zu ihr: »Siehst du den Typen da links? Das ist ›Jerr-Bear ‹ Rogers, Drogenlieferant der Stars und das menschliche Pendant einer ungespülten Toilette.«
»Adam!«
»Glaub's mir.« Adam brach eine Scheibe Focaccia entzwei. »O Gott, Sooz, sie schauen zu uns herüber.«
»Gedanken haben Flügel, Adam.«
»Kann schon sein. Die beiden starren uns immer noch an.« Ein Kellner kam und füllte ihre Wassergläser. Adam sagte: »Der andere ist John Johnson. Ziemlich schmieriger Filmproduzent. Anfang des Jahres war er eine Zeit lang verschwunden. Hast du davon gehört?«
»Kann mich vage dran erinnern. Aber ich habe schon vor geraumer Zeit aufgehört, Zeitung zu lesen. Das weißt du doch, Adam.«
»Er war wie vom Erdboden verschluckt. Es stellte sich heraus, dass er nach einer Überdosis so eine Art Vision hatte, und danach verschenkte er alles, was er besaß - sein Haus, seine Autos, seine Urheberrechte und so weiter -, und wurde zum Penner. Er wanderte durch den Südwesten der USA und ernährte sich von Hamburgern aus McDonald's-Müllcontainern.«
»Wirklich?«
»O ja. He ...« Adam senkte die Stimme und sprach unauffällig aus dem Mundwinkel. »Du lieber Himmel, sieht aus, als hätte John Johnson ein Auge auf dich geworfen, Sooz. Er gafft dich an, als wärst du Fergie oder so. Lächel schön zurück, ja? Mag sein, dass er gaga ist, aber er ist immer noch eine große Nummer.«
»Adam, sag mir nicht, was ich tun und was ich lassen soll.«
»O Gott. Jetzt steht er auf. Er kommt her«, sagte Adam. »Lana Turner, sei ein braves Mädchen und steck deine Bluse fest. Wow. John Johnson. Was für ein Kotzbrocken.« Susan drehte sich zu Adam um. »Tu doch nicht so, Adam. Als ob du so viel besser wärst. Weißt du, was? Ich glaube, in jedem von uns steckt ein kleiner Kotzbrocken.« Inzwischen stand John dicht, aber dennoch in respektvollem Abstand vor ihr. Er schaute sie mit dem unsicheren Lächeln eines Oberschülers an, der all seinen Mut aufbringt, um ein Mädchen, das in der sozialen Rangordnung eine Stufe über ihm steht, beim Schulfest zum Tanzen aufzufordern, die Hände hinter dem Rücken wie ein schuldbewusstes Kind. »Hallo«, sagte er. »Ich bin John Johnson.« Er streckte seinen rechten Arm viel zu rasch aus, so dass sie sich etwas überrumpelt fühlte, aber sie nahm seine Hand in die ihre und schob ihren Stuhl bis auf die Steinplatten zurück, um ihn besser betrachten zu können - ein Mann von geradezu tragischer Schönheit, dessen Kleidung aussah, als stamme sie aus einer Lumpensammlung: Jeans und ein zerschlissenes blaues Gingham-Hemd, an den Füßen ein Paar verrottete Desert-Boots mit verschiedenfarbigen Schnürsenkeln: »Ich bin Susan Colgate.«
»Hi.«
»Ebenfalls hi.«
»Ich bin Adam Norwitz«, mischte Adam sich ein und reichte John die Hand. John schüttelte sie, ohne jedoch seinen Blick auch nur für einen Moment von Susan abzuwenden. »Ja«, sagte John. »Adam Norwitz. Den Namen hab ich schon mal gehört.«
Dieses zweifelhafte Kompliment brachte Adam zum Erröten. »Gratuliere zu Mega Force«, sagte Adam. Infolge der radikalen Entscheidung, die John im vergangenen Winter getroffen hatte, verdiente er keinen Pfennig an seinem aktuellen Kinohit. Er hatte neunzig 20-Dollar-Scheine in der Tasche - das war alles, was er besaß. »Danke«, sagte John.
»Adam meinte, Sie seien ein Kotzbrocken«, sagte Susan. John, den diese Bemerkung völlig unvorbereitet traf, lachte. Adam war vor Entsetzen wie gelähmt, und Susan erinnerte ihn lächelnd: »Das hast du doch gesagt, Adam.«
»Susan! Wie kannst du ...«
»Er hat Recht«, sagte John. »Wenn Sie mich etwas genauer kennen lernen, werden Sie feststellen, dass er den Nagel auf den Kopf getroffen hat. Ich habe gesehen, dass Sie unter
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