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Leichenblässe

Titel: Leichenblässe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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hatte Gardners Waffe ein Stückchen aus dem Holster gezogen, konnte
     aber nicht weit genug um ihn herumfassen. Die Stille wurde nur von seinem unregelmäßigen Keuchen durchbrochen. Gardner bewegte
     sich nicht mehr. Er hing wie ein Sack und mit dunkel angelaufenem Gesicht in Kyles Würgegriff.
    Der fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und ließ Jacobsens Holster nicht aus den Augen.
    «Nehmen Sie die Hand von der Pistole und lassen Sie ihn los!», sagte sie, doch bei aller Bestimmtheit bebte ihre Stimme.
    Kyle hatte es gehört, und es schien ihm neue Kraft zu verleihen. Sein Mondgesicht leuchtete auf. Er lächelte, schüttelte den
     Kopf und genoss die Situation. Er hatte die Kontrolle zurückgewonnen.
    «Nein, ich glaube, das werde ich nicht tun. Ich glaube, Sie sollten lieber
Ihre
Waffe loslassen.»
    «Das wird nicht geschehen. Ihre letzte Chance   …»
    «Pssst   …» Er neigte seinen Kopf zu Gardner, als würde er lauschen. «Ich kann den Herzschlag Ihres Kollegen kaum noch spüren. Er wird
     immer schwächer und schwächer und schwächer   …»
    «Wenn Sie ihn töten, wird mich nichts davon abhalten, Sie zu erschießen.»
    |400| Kyles Selbstgefälligkeit löste sich auf. Seine rosafarbene Zunge schoss wieder hervor, um sich die Lippen zu befeuchten.
    «Treffen wir ein Abkommen   …», begann er, doch in dem Moment war in der oberen Etage das Poltern von Schritten zu hören. Kyles Augen wurden groß, und
     als Jacobsen für eine Sekunde abgelenkt war, riss er Gardners Pistole aus dem Holster und feuerte sofort los.
    Ich sah Jacobsen taumeln, aber sie hatte bereits ihre Waffe gezogen und abgedrückt. Während Kyle Gardner fallen ließ, knallten
     zwei weitere Schüsse auf. Neben meinem Kopf zersprang ein weiterer Teil des Spiegels, dessen Splitter auf mich herabregneten.
     Kyles Pistole fiel krachend zu Boden, dann klappte er zusammen, als wären seine Fäden durchtrennt worden.
    In meinen Ohren klingelte es zum zweiten Mal an diesem Nachmittag, als ich zu Jacobsen stürzte. Sie war gegen den Türrahmen
     gesackt und hatte ihre Waffe noch immer starr auf Kyle gerichtet. Ihr Gesicht war kreideweiß, während sich auf ihrem Sakko
     ein dunkler, glitzernder Fleck ausbreitete, der schnell größer wurde. Sie war auf der linken Seite zwischen Hals und Schulter
     getroffen worden.
    Sie blinzelte. «Ich bin   … Ich glaube   …»
    «Setzen Sie sich. Und reden Sie nicht.»
    Ich schaute mich kurz zu Gardner um, der reglos am Boden lag, während ich ihre Jacke aufriss. Ich konnte nicht erkennen, ob
     er atmete, aber Jacobsens Zustand war ernster. Wenn die Kugel eine Arterie getroffen hatte, könnte sie innerhalb von Sekunden
     verbluten. Von der Treppe und aus dem Gang waren hektische Schritte zu hören, aber ich achtete nicht weiter darauf. Nachdem
     ich ihr das Sakko von der verletzten Schulter gezogen hatte und sah, wie sehr sich ihre |401| weiße Bluse mit Blut getränkt hatte, hielt ich den Atem an. Dann stürmten Gestalten durch die Tür, und der ganze Raum wurde
     von ihren Rufen erfüllt.
    «Schnell, wir brauchen   …», begann ich, wurde aber sofort von Jacobsen weggerissen und mit dem Gesicht nach unten zu Boden gestoßen.
Um Gottes willen!
Als ich mich aufrichten wollte, schlug mir jemand mit voller Wucht zwischen die Schulterblätter.
    «Liegen bleiben!», brüllte eine Stimme.
    Ich schrie, dass die Zeit drängte, aber niemand hörte mir zu. Alles, was ich von meiner Position aus sehen konnte, war ein
     Gewirr aus Füßen.
    Eine Ewigkeit schien zu vergehen, ehe ich erkannt wurde und man mich auf die Beine zog. Wütend schüttelte ich die helfenden
     Hände ab. Neben Gardner, der in die stabile Seitenlage gedreht worden war, hockten ein paar Leute. Er war noch bewusstlos,
     aber ich konnte sehen, dass er wenigstens atmete. Ich drehte mich zu Jacobsen um, die von zwei Agenten versorgt wurde. Sie
     hatten ihr die Bluse von Hals und Schulter gezogen. Ihr weißer Sport-BH hatte sich dunkelrot verfärbt. Sie hatte so viel Blut
     verloren, dass ich die Wunde nicht erkennen konnte.
    «Ich bin Arzt, lassen Sie mich nachschauen», sagte ich und kniete mich neben sie.
    Jacobsens Pupillen hatten sich durch den Schock erweitert. Ihre grauen Augen sahen jung und verängstigt aus. «Ich dachte,
     Sie würden mit Dan sprechen   …»
    «Schon in Ordnung.»
    «Der   … der Krankenwagen war nur eine halbe Meile entfernt, deshalb bin ich zurückgekommen. Ich wusste, dass etwas nicht stimmt   …» Sie war

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