Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition)
sehen, um zu erklären, warum alles so traurig aussieht. Vielleicht ist der Boden zu sauer.«
»Kann sein.«
»Hast du die Pflanzen gesetzt?«
»Nur das erste Mal, vor acht oder neun Jahren. Seither kümmert sich ein Ehepaar aus dem Ort um das Wesentliche, wenn wir nicht hier sind. Vielleicht haben sie dieses Jahr etwas Neues probiert. Ich will hoffen, dass sie meinen Garten nicht für Experimente missbrauchen.«
Dominique nickte und wandte den Blick ab, als wollte sie nicht zeigen, was sie von Leuten hielt, die sich nicht selbst um ihre Gemüsegärten kümmerten.
»Ich bin schon total aufgeregt wegen der Hochzeit«, verkündete Piper unvermittelt mit ihrer hohen Zwitscherstimme. Sie und Daphne kannten sich aus Princeton, und sie war Winn weniger vertraut als die anderen. Immer in Bewegung, angetrieben von sprunghafter, vogelartiger Energie, schien sie unermüdlich Enthusiasmus auszustrahlen. Ihr bleiches Gesicht verschwand fast unter einem voluminösen Heuhaufen aus hellblondem Haar, und auf all dem Weiß schwammendie gletscherblauen Augen und die rot geschminkten Lippen wie von einem Kind gemalt. Ihre Augenbrauen waren kaum zu sehen, ihre Nase klein und spitz. Winn wusste, dass einige Männer sie ungemein anziehend fanden, aber ihn ließ sie kalt. Sie wirkte ätherisch und irgendwie fremdartig, wohingegen Agatha zugleich etwas Konkretes und Strahlendes hatte, so dass man sie gleichsam schon beim Ansehen spürte. Und Daphne lag irgendwo dazwischen. Sie standen nebeneinander wie drei von diesen verwirrenden, lächelnden Frauentypen auf den Schachteln mit Haartönungen im Supermarkt.
»Es ist wunderschön hier«, sagte Agatha und legte ihren Kopf auf Pipers Schulter. Ein Freund von Daphne hatte vor Jahren in einem Moment betrunkener Leutseligkeit behauptet, Agatha sei hinter ihrer Fassade eine prüde Gans. Ihr fehlt der Motor , hatte er gesagt. Man tritt aufs Gas und nichts passiert . Doch Winn fiel es schwer zu glauben, dass etwas so Enttäuschendes wahr sein konnte.
»Danke für das Kleid, Daddy«, sagte Daphne.
»Ja«, sagte er zu Agatha. »Waskeke ist so, wie die Welt sein sollte.« Um sie nicht zu sehr anzustarren, ließ er seinen Blick zu Biddy wandern, die in den Einkaufstüten wühlte. Mit einem Stöhnen stieß sich Daphne vom Spülbecken ab, watschelte durch die Küche und ließ sich hinter Winn auf einen Stuhl fallen. »Daphne«, sagte er. »Ist dir nicht gut?«
»Doch«, sagte sie. »Alles bestens.«
»Warum stöhnst du dann so?«
»Weil ich im siebten Monat bin, Daddy.«
Er bat über den Stand sämtlicher Pläne für das Wochenende informiert zu werden und erhielt einen Bericht. Wo war Greyson? Im Hotel mit seinen Trauzeugen. Seine Eltern?Sie wurden gegen fünf erwartet. Bei dem Abendessen, dessen Zubereitung Winn übernehmen wollte, würden sie siebzehn sein. Es sollte ein zwangloses Hummeressen werden, eine Gelegenheit für alle, die Insel zu genießen, bevor es ernst wurde, eine Art Vor-Vorabendessen. Hatte Biddy sich nach den Hummern erkundigt? Ja doch.
Winn nickte. »Okay«, sagte er. »Also gut.«
»Übrigens«, sagte Daphne, »Mister Duff ist gegen Schalentiere allergisch.«
Überrascht sah Winn sie an. »Warum hast du das nicht eher gesagt?«
»Ist doch nicht weiter schlimm. Kauf einfach noch ein Thunfischsteak dazu.«
»Willst du ihn auch noch Mister Duff nennen, wenn du verheiratet bist?«, fragte Celeste.
»Ich schaffe es nur schwer, ihn Dicky zu nennen«, sagte Daphne ernst. »Er will, dass ich ihn Dad nenne, aber meistens vermeide ich die Anrede.«
Biddy sagte: »Alle nennen ihn Dicky. So heißt er nun mal. Er wird es nicht seltsam finden, wenn du ihn mit seinem Namen rufst. Du hast keinen Grund, dich so anzustellen.«
»Dicky-so-anzustellen«, alberte Daphne, und die Frauen lachten.
»Wo ist Livia?«, fragte Winn, obwohl er die Antwort wusste.
»Sie kann nicht weit sein«, sagte Daphne. »Aber sie ist mir böse. Weißt du, ich finde ihr Kleid wirklich schön. Echt. Ich wollte, dass sie sich von den anderen Brautjungfern abhebt, und das ist doch nett, oder? Und jetzt stellt sie sich quer. Nur weil das Kleid grün ist. Sie sagt, Grün ist der Neid, und alle werden glauben, sie wäre eifersüchtig, obwohl sie es garnicht ist. Dabei ist es gar nicht richtig grün, sondern eher petrolfarben.«
»Und man kann jetzt auch nichts mehr ändern«, sagte Biddy.
Es wurde still. Die Begrüßung war vorbei. Mitten im Halbkreis der Frauen zu stehen machte Winn unruhig. Mit einem
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