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Leipziger Affären - Kriminalroman

Leipziger Affären - Kriminalroman

Titel: Leipziger Affären - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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unbeteiligt gab. Endlich kam Bewegung in den Fall.
    Als die beiden aus seinem Blickfeld entschwunden waren, stieg Henne aus und lief zu Miriams Haustür. Beflügelt malträtierte er die Klingel, doch ohne Reaktion. Abgesehen von der Rentnerin, die im Hochparterre wohnte und ihre blassblau getönten Altweiberlöckchen in die Sommerluft reckte, nahm niemand Notiz von ihm.
    »Frau Jakob ist nicht da«, krähte die alte Dame.
    »Wissen Sie, wo ich sie finde?«
    »Bestimmt im Getränkehandel an der Ecke. Sie kauft oft dort ein. Liköre und so.«
    Was Nachbarn alles so wussten. Henne wunderte sich kaum.
    Im Getränkehandel war von Miriam keine Spur. Der Verkäufer, den Henne nach ihr fragte, ein schmaler, pickliger Jüngling, wollte sie nicht kennen oder kannte sie tatsächlich nicht. Henne stiefelte zurück zum Auto und kramte eine Tasche aus dem Kofferraum hervor. Sie enthielt alles, was gewöhnlich zur Polizeiausrüstung gehörte. Benutzt hatte er bislang die wenigsten Dinge.
    Er wühlte eine Weile, fand dann die Formulare und füllte eine Mitteilung aus. Miriam sollte sich morgen, zehn Uhr dreißig, in seinem Büro einfinden. Wenn sie kam, war es gut. Wenn nicht, würde er für eine Vorladung sorgen. Das offizielle Prozedere. Mit Befriedigung steckte er den Brief in Miriams Briefkasten.
    Er schaute auf die Uhr. Kurz nach zehn, zu früh für das Mittagessen, obwohl sein Magen schon wieder knurrte. Die Bratwurst hatte nicht lange angehalten. Er hatte Appetit auf Willys Eisbein. Schon vermeinte er die knackende Schwarte auf der Zunge zu spüren, da fiel ihm ein, dass Willy erst um elf öffnete.
    Henne setzte sich in Richtung Innenstadt in Bewegung und kurvte geraume Zeit um den Ring, ehe er eine Parklücke fand. Nachdem er den Wagen abgestellt hatte, schlenderte er die Petersstraße hinauf zur Messehofpassage. Leipzigs Passagen faszinierten ihn immer wieder. Es gab fünfundvierzig davon, einige stammten sogar aus dem 18. Jahrhundert.
    Die Messehofpassage war noch relativ neu. Sie war Mitte des vorigen Jahrhunderts entstanden und in den sechziger Jahren mit der Mädler- und der Königshauspassage verbunden worden und bildete einen Häusertunnel, den man nach dem Mauerfall aufwendig saniert hatte. Auch da hatte ein Baulöwe seine Hand im Spiel gehabt. Ein umstrittener Dr. Schneider aus Hessen, skandalbehaftet, vor allem wegen seiner Milliardenpleite.
    Eigentlich war es ein Wunder, dass dem niemand das Licht ausgepustet hat. Henne erinnerte sich noch gut an die Wut der Handwerker, die von der Baupleite mit in den Ruin gerissen worden waren. Aber der Hesse lebte, König hingegen war tot. Und wie es aussah, war in seinem Fall der Kreis der leer Ausgegangenen überschaubarer. Selling zum Beispiel gehörte dazu. Der Vergleich der Fingerabdrücke hatte jedoch zutage gebracht, dass er nicht mit dem Schreiber des Erpresserbriefes identisch war. Auch hatten sie keinen Beweis gefunden, dass er Zugang zu Amphetaminen oder Morphin besaß. Die genaue Untersuchung des genetischen Materials unter Königs Fingernägeln hatte ergeben, dass es wahrscheinlich von einer Frau stammte. Auch in der Hinsicht war Selling sauber.
    Henne weigerte sich, schon jetzt davon auszugehen, dass König tatsächlich von einer Frau getötet worden war. Dennoch glaubte er an Sellings Unschuld. Blieben noch Pat und Patachon von der Baustelle und die schöne Alexa. Und Miriam, denn wie es den Anschein hatte, war sie die Letzte gewesen, die König lebend gesehen hatte. Das hatte sie zugegeben, aber mehr nicht.
    Wie durch ein Wunder stand Henne erneut vor dem Bratwurststand. Wieder kaufte er eine Thüringer, diesmal mit einer Extra-Portion Bautz'ner Senf. Als er in die Wurst biss, tropfte der Senf auf seine Jacke. Er würde Leonhardt Miriams Vernehmung überlassen und selbst im Hintergrund bleiben. Sollte sie von ihm denken, was sie wollte. Er war noch immer Polizist. Irgendwie fühlte er sich traurig, aber vielleicht war auch bloß der Senf schuld, der auf seiner Jacke einen schmutzig gelben Fleck hinterlassen hatte. Er wischte daran herum, und wieder fiel ihm Willys köstliches Eisbein mit Sauerkraut ein. Die Bratwurst hatte geschmeckt, doch satt war er nicht. Seufzend warf er die zerknüllte Serviette in einen Papierkorb am Straßenrand.
    Auf der Treppe der Polizeidirektion traf Henne auf Leonhardt.
    »Hast du schon gegessen?«, fragte er.
    »Ich wollte gerade zum Asiaten.«
    Henne nickte widerstrebend. Reis und Soße süßsauer waren weniger sein Ding.

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