Leipziger Affären - Kriminalroman
davon. Er spart Fahrtkosten und Unterkunft, wenn sie nicht reisen müssen.«
»Ihr nehmt mir jede Hoffnung, dass wir noch mal eine heiße Spur in diesem Fall finden.«
»Es besteht immer Hoffnung«, erwiderte Frank und klopfte Henne auf die Schulter. »›Herr der Ringe‹.«
Henne verschluckte sich und hustete. »Noch so ein blöder Spruch und ich sorge dafür, dass du die nächsten fünf Jahre keine Zeit hast, um ins Kino zu gehen.«
Frank grinste und verschwand.
Henne musterte Leonhardt, der sich in die Akte vertieft hatte. Ob er ihm von dem Desaster mit Miriam erzählen sollte? Nur für den Fall, dass Mayerwill es nicht auf sich beruhen ließ. Vielleicht war es besser, wenn Leonhardt dann schon Bescheid wusste. Henne räusperte sich und legte los.
»Du hast dich mit einer Verdächtigen eingelassen?« Leonhardt schüttelte den Kopf.
Henne konnte es ihm nicht verdenken. Er hätte vermutlich ebenso gehandelt, wenn sich sein Assistent so verhalten hätte. Allerdings war das bei Leonhardt und seinem Vorschriftenfimmel kaum zu erwarten. »Mea culpa.«
»Natürlich deine Schuld, wessen sonst? Was hast du dir bloß dabei gedacht?«
»Keine Ahnung.«
»Keine Ahnung.« Leonhardt verdrehte die Augen. »Weißt du, was das bedeutet? Mayerwill hat dich schon lange auf dem Kieker. Für den ist das ein gefundenes Fressen: Oberkommissar Heinrich Heine bumst eine Mörderin.«
»Wir hatten gar keinen Sex. Vermutlich sollte ich Mayerwill dafür dankbar sein, dass er zur rechten Zeit reingeplatzt ist.«
»Drangehalten ist so gut wie reingesteckt, hat mein Opa immer gesagt.«
»Lass deinen Opa aus dem Spiel. Und übrigens ist Miriam Jakob keine Mörderin.«
»Da bist du dir sicher, was?«
»Ziemlich.«
»Wenn du dich da mal nicht täuschst.«
»Der erfahrene Kriminalist in mir …«
Das Telefon schellte. Henne nahm den Hörer ab. Schuster brüllte so laut, dass es im ganzen Raum zu hören war. »Heine, zu mir, sofort.«
Henne stiefelte in Schusters Büro. Er konnte sich unschwer ausrechnen, was ihn erwartete.
Schuster empfing ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen. Offenbar war er schlecht gelaunt. »Stellen Sie sich vor, Heine, ich sitze beim Frühstück, nichts ahnend und einigermaßen glücklich, da bekomme ich einen Anruf. Nun raten Sie mal, wer dran war.«
»Mayerwill?«, sagte Henne.
»Dann stimmt es also?« Schuster riss die Augen auf.
»Kommt darauf an, was er erzählt hat.«
»Ich bin gespannt, Ihre Version zu hören.«
»Es war eine dumme Idee, das gebe ich zu. Ich hatte gehofft, dass Königs Freundin irgendetwas in der Wohnung entdecken würde, das wir übersehen haben. Nur deshalb habe ich sie mitgenommen. Dann ist auf einmal Mayerwill dazwischengeplatzt.«
»Die Frau soll nackt gewesen sein.«
Henne brummte etwas, das alles oder nichts bedeuten konnte.
»Ich habe entschieden, Sie von dem Fall zu entbinden.«
Henne brauchte eine Weile, ehe er kapierte. »Mayerwill wird sich freuen.« Mehr fiel ihm als Antwort nicht ein.
»Keine Widerrede, Heine. Sie sind bis auf Weiteres suspendiert.«
Henne machte wortlos kehrt und marschierte hinaus. Ziellos lief er treppauf, treppab. Das hatte ihm noch immer beim Denken geholfen. Auf der Toilette im ersten Stock wusch er sich das Gesicht. Das kalte Wasser beruhigte ihn ein wenig. Er stemmte die Hände auf den Beckenrand und starrte in den Abfluss. Wenn bloß der blöde Vorfall in Königs Wohnung spurlos verschwinden würde. Wie das Wasser im Abflussrohr. Aber das war wohl zu viel verlangt. Als ein Kollege vom Erkennungsdienst den Toilettenraum betrat, wischte Henne sich die Hände ab und ging.
Die Neuigkeit sprach sich schnell herum. Wohin Henne kam, trafen ihn mitleidige Blicke, sodass er sich beeilte, sein Büro zu erreichen.
»Kaffee?«, fragte Leonhardt. Seine Stimme schwankte verdächtig, bestimmt wusste auch er schon Bescheid.
»Sieh dich vor, du sprichst mit einem Verfemten.«
»Nun lass mal die Kirche im Dorf. Schuster will dir nichts Böses.«
»Klar, deshalb wirft er mich raus.«
»Unsinn, er nimmt dich aus der Schusslinie. Mayerwill hat bekommen, was er will, und hält die Klappe. Das ist der einzige Weg, um einen Skandal zu vermeiden.«
»Schuster ist mir so was von egal. Ich mache auch so weiter.« Niemand konnte ihm verbieten, sich weiter mit dem Fall zu beschäftigen. Miriam war keine Mörderin, und er würde es beweisen.
»Heinrich, überleg, was du tust«, sagte Leonhardt. »Wenn du dich widersetzt, riskierst du deinen
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