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Leipziger Affären - Kriminalroman

Leipziger Affären - Kriminalroman

Titel: Leipziger Affären - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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Hauptstraße. »Ich weiß, dass sie unschuldig ist«, sagte er.
    »Was den Fall betrifft, vielleicht. Bleibt die Tatsache, dass sie versucht, dich zu beeinflussen.«
    »Mensch, wie oft soll ich dir noch sagen, dass das nicht stimmt? Ich bin das Schwein, nicht sie.«
    »Hast du Erika gebeichtet?«
    »Noch nicht.«
    »Meine Güte, wie hältst du das bloß aus?« Leonhardt schüttelte den Kopf.
    Leonhardt hätte Manuela sicher keine Minute ruhig in die Augen sehen können. Henne hob die Schultern. »Ausweichen und Lügen gehören zu meinen Pflichten. Jetzt weißt du, dass ich besorgniserregend gut darin bin«, sagte er.
    »Wenn das mal gut geht.«
    »Es ist praktisch.«
    »Praktisch? Ich nenne es reichlich unsentimental.«
    Vor Leonhardt wollte Henne auf keinen Fall zugeben, dass er sich die ganze Nacht herumgewälzt hatte. Am Morgen war er viel früher als sonst aus dem Haus gegangen, um Erika nicht zu begegnen. Ihm graute jetzt schon vor dem Abend. Noch weniger sollte Leonhardt wissen, wie sehr er ihn beneidete, weil es für den Jungen keine andere als seine Manuela gab.

VIERZEHN
    Vorsichtig lenkte Alexa König Dankwarts Sportwagen aus der Garage heraus. Sie wartete, bis sich das automatisch angetriebene Tor geschlossen hatte, dann legte sie den Vorwärtsgang ein und ließ den Wagen die Auffahrt hinabrollen.
    Die Auffahrt war eigentlich gar nicht sehr steil, doch es reichte, dass das Auto immer schneller wurde, auch ohne dass Alexa Gas gab. Sie trat leicht auf die Bremse, aber der Wagen reagierte nicht. Alexa stieg fester auf das Pedal, doch der Wagen rollte einfach weiter. Wieder und wieder trat sie auf das Bremspedal. Die Toreinfahrt führte direkt auf die Straße, ein Auto konnte entlangfahren, ein Kind vorbeiradeln. Sie musste halten, sonst geschah womöglich ein Unglück. Doch die Bremse reagierte einfach nicht. Als ihr bewusst wurde, dass sie es nicht schaffen würde, hielt sie auf den linken Pfosten zu. Sie konnte nur hoffen, dass die Büsche, die davorstanden, den Aufprall abfangen würden.
    Fleur kauerte zwischen einem überladenen Sessel und zwei aufeinandergestapelten Schubladen und brütete vor sich hin. Sie spielte mit einer Packung Papiertaschentücher, riss den Verschluss auf, klebte ihn wieder zu. Auf, zu, auf, zu.
    Alexas Autounfall hatte bei der Schwägerin keine Spuren hinterlassen. Sie war mopsfidel, auch wenn sie sich leidend gab. Theater für die Kripoleute, aber ihr konnte Alexa nichts vormachen.
    Einen Moment lang hatte Fleur erwogen, einen sauberen Schlussstrich zu ziehen. Der Tablettenvorrat in Alexas Badezimmerschrank reichte sicher aus.
    Doch die Idee hatte einen Haken: der Geliebte. Dem Mistkerl war ein plötzlicher Abgang seiner schönen Alexa mit Sicherheit verdächtig, und war die Polizei erst einmal hellhörig, setzten die sich am Ende noch im ganzen Haus fest. Es reichte schon, dass dieser Neger und sein Begleiter bei Alexa aufgekreuzt waren. Die beiden gingen Fleur gewaltig auf den Wecker, vor allem der Schwarze. Da war der Einfall mit der Bremsleitung viel besser gewesen. Der Schlitz in die Leitung hatte gewirkt. Mist, dass Alexa nicht schnell genug gefahren war.
    Mechanisch zerrte Fleur Taschentuch für Taschentuch aus der Packung und zerpflückte sie zu winzigen Schnipseln.
    Dieser Oberkommissar Schiller – nein, Heine – hatte einen Blick, der ihr Angst machte. Als ob er ihr in die Seele schauen könnte. Ein durchgeknallter Typ, sie wurde aus ihm nicht schlau. Dazu seine Größe! Wie ein Riese aus dem Märchen, das ihr das Kindermädchen vorm Schlafengehen immer vorgelesen hatte. Halb tot vor Angst hatte sie gelauscht und sich trotzdem jeden Abend dasselbe Märchen gewünscht. Der Riese hatte Fleur abgestoßen und gleichzeitig fasziniert.
    Doch an diesem Kommissar gab es nichts, das sie anzog. Er machte ihr nur Angst. Neben ihm kam sie sich klein und schutzlos vor. Dankwart hätte gewusst, wie man mit so einem umgeht. Aber Dankwart war nicht mehr da.
    Mit einem Mal vermisste Fleur den Bruder. Sie drückte die zwei letzten Papierschnipsel aufeinander, als könnten sie wieder zusammenwachsen. Als es nicht gelang, ließ sie sie auf den Boden fallen und zerrte das nächste Papiertaschentuch aus der Hülle. Sie war die Letzte eines mächtigen Geschlechts, die letzte noch lebende König aus Leipzig. Es war eine erdrückende Erkenntnis.
    Es gab niemanden, mit dem sie hätte über diese Bürde reden können. Sie hatte es einmal versucht, aber Alexa hatte sie ausgelacht. Eine

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