Leitfaden Homöopathie (German Edition)
chronische Polyarthritis, cP, pcP.
Chronisch-entzündliche, oft in Schüben verlaufende Erkrankung des Binde-, Stütz- und Muskelgewebes mit Manifestation v.a. an der Gelenkinnenhaut (Synovialis) und an gelenknahen Strukturen (z.B. Schleimbeuteln); häufigste (ca. 1 % der Bevölkerung) und bekannteste der entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, betrifft Frauen dreimal häufiger als Männer, Altersgipfel 40. Lj.
Ursachen: Unbekannte Auslöser (Virusinfekte?) führen zu einer Autoimmunreaktion. Familiär gehäuftes Auftreten der Erkrankung weist auf eine genetische Komponente hin. Die Gelenkinnenhaut reagiert mit Ergussbildung und wuchert tumorähnlich in das Gelenk hinein. Diese Entzündung zerstört und deformiert langfristig die Gelenke und bringt eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung mit sich. Im Endstadium versteifen die Gelenke oft völlig. Die Autoimmunreaktion kann sich auch an anderen Organen abspielen und dort entsprechende Symptome hervorrufen.
Symptome: Typischerweise Morgensteifigkeit der betroffenen Gelenke über mind. 1 h. Die Gelenke sind geschwollen, überwärmt, druckschmerzhaft (Händedruck bei der Begrüßung) und schmerzhaft bewegungseingeschränkt. Die Gelenkkonturen sind durch Erguss und Weichteilschwellung verstrichen. Den Gelenksymptomen können uncharakteristische Vorboten wie Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme, Abgeschlagenheit und vegetative Symptome (starkes Schwitzen) vorangehen.
Lokalisationen: Zunächst sind meist die Handgelenke sowie die Fingergrund- und Fingermittelgelenke betroffen. Später treten größere Gelenke und evtl. auch die Wirbelsäule hinzu. Charakteristisch ist ein symmetrischer Befall der Gelenke beider Körperhälften.
Therapeutische Strategie
Die rheumatoide Arthritis verläuft definitionsgemäß chronisch. Die subjektive und objektive Beeinträchtigung ist unter Umständen erheblich, auch ohne weitere Organkomplikationen. Der starke Leidensdruck kann bei den Patienten zur Einnahme nicht unerheblicher Mengen antiphlogistischer/antipyretischer Medikamente führen, nicht selten auch zur Langzeiteinnahme von Basistherapeutika (z.B. Goldpräparate), meist schon lange vor Beginn der homöopathischen Behandlung. Aus homöopathischer Sicht ergibt sich bei chronischer Polyarthritis prinzipiell nicht die Notwendigkeit einer adjuvanten allopathischen Therapie. Durch den hohen Leidensdruck der Krankheitssymptome und der ungünstigen Langzeitprognose gestaltet sich die optimale Therapieplanung (im Sinne eines Absetzens der Allopathika) aber oft schwierig. Zu Beginn der homöopathischen Behandlung muss die schulmedizinische Therapie – zumindest teilweise – häufig parallel fortgeführt werden.
Auch wegen der Gefahr einer möglichen Verschlechterung durch das Absetzen allopathischer Medikamente ist es auch im Sinne der homöopathischen Behandlung (schlechtere Beurteilbarkeit des Behandlungsverlaufs, Compliance des Patienten) manchmal notwendig, die schulmedizinische Therapie anfangs beizubehalten.
Homöopathische Behandlung
Die homöopathische Behandlung der chronischen Polyarthritis wird immer konstitutionell durchgeführt ( Kap. 4.3 ). Es muss eine sorgfältige Anamnese erfolgen, die sowohl die aktuellen Symptome als auch die gesamte Krankengeschichte des Patienten beinhaltet. Abhängig von der Schwere der Akutsymptomatik und vom bisherigen Krankheitsverlauf wird ein passendes Arzneimittel verabreicht. Welche Potenzstufe zum Einsatz kommt, wie häufig diese wiederholt wird und mit welchen Reaktionen zu rechnen ist, hängt von mehreren Faktoren ab:
bisherige Erkrankungsdauer,
bisheriger Erkrankungsverlauf (leicht, schwer),
Ausmaß der Gelenkzerstörung,
Reaktionsfähigkeit des Organismus,
Art, Dosis und Einnahmedauer allopathischer Medikamente.
Entscheidend für eine langfristig erfolgreiche Therapie der rheumatoiden Arthritis ist die Erkenntnis, dass bei subjektiver Beschwerdefreiheit und objektivem Abklingen der Entzündung (Lokalbefund, Blutparameter) häufig eine längere Phase der Nachbehandlung notwendig ist (u.U. mehrere Jahre), bevor von einer echten Ausheilung der Erkrankung ausgegangen werden kann.
Anmerkung: wegen der Überschneidungen in der Symptomatik gelten die im Folgenden geschilderten Überlegungen auch für die Arzneiwahl und Behandlung von anderen Arthritiden, unabhängig von deren Causa oder Dignität (z.B. Psoriasisarthritis, Gelenkentzündungen bei kindlichem Rheuma etc.).
Wahl der Symptome
Gerade bei der rheumatoiden Arthritis
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