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Leitstrahl für Aldebaran

Leitstrahl für Aldebaran

Titel: Leitstrahl für Aldebaran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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nicht mehr möglich. Das Licht wird in dieser Anomalie offenbar beschleunigt, was sich in höherer Energie der Quanten, also in Violettverschiebung ausdrückt.«
    »Moment«, unterbrach ihn Mira. »Ich glaube, nicht nur beschleunigt. Anscheinend hat die Automatik das Licht der Richtsterne ganz unverändert empfangen bis zu dem Zeitpunkt, als das Schiff direkt in die Anomalie einflog. Also muß das Licht die Anomalie genau so wieder verlassen, wie es in sie einstrahlt, mit der gleichen Energie. Jetzt erinnere dich: Nach den Seiten war die Violettverschiebung zunächst geringer, nach hinten noch kleiner. Also müßten wir als Denkmodell annehmen, daß das Licht zur Mitte der Anomalie hin beschleunigt und von der Mitte weg gebremst wird. Sterne, deren Licht durch die Peripherie der Anomalie empfangen wird, müßten also mit örtlicher Verschiebung zu sehen sein. Darauf habe ich Gemma orientiert, danach wird sie suchen. Aber ich fürchte, dieses Denkmodell ist viel zu simpel.«
    »Na gut, so oder so«, sagte Toliman. »Jedenfalls würde ich an dieser Stelle wissen wollen, wie die Anomalie auf die Bewegung mechanischer Körper einwirkt, also auch auf die des Raumschiffs. Dazu brauche ich einen Bezugspunkt. Den schafft eine Boje. Und nun sieh mal ab x plus vierzig nach, was der Kapitän an der Boje gemessen hat. Ein benachbarter Körper muß ja auf jeden Fall im Protokoll stehen. Auch wenn der Kapitän es nicht direkt eingeschaltet hat.«
    Aber der Kapitän hatte ein direktes Protokoll aufgenommen. Eine freie Spur nahm die Bewegung der Boje auf. Sie wurde mit kleiner Geschwindigkeit aus dem antriebslosen Schiff ausgestoßen. Nach den Gesetzen der Mechanik hätte nun der Abstand zwischen Schiff und Boje gleichmäßig anwachsen müssen. Er wuchs zuerst auch, aber zunehmend langsamer, bis er schließlich auf dem gleichen Wert stehenblieb. Die Relativgeschwindigkeit zwischen Schiff und Boje war gleich Null.
    »Zeit?« fragte Toliman.
    »x plus vierzig Minuten vierunddreißig Sekunden.«
    Einige Minuten verstrichen, ohne daß einer von beiden etwas sagte.
    »So schnell wie der Kapitän kann ich nicht denken«, gestand Toliman. »Innerhalb von sechzehn Sekunden hat er die einzig richtige Schlußfolgerung gezogen.«
    Mira nickte. »Ist mir inzwischen auch klargeworden. Er mußte jetzt sehen, wohin das gleiche Experiment unter Beschleunigung führt. Also schaltet er die Antriebe ein und setzt dann eine Minute später eine neue Boje aus.«
    »Und jetzt laß uns sehen, was dabei herausgekommen ist«,
    forderte Toliman.
    Die zweite Boje entfernte sich zunächst, wie es sich gehörte, mit wachsender Geschwindigkeit, dann aber, während die Antriebe das Schiff immer noch beschleunigten, wurde die Geschwindigkeit konstant, die Relativgeschwindigkeit zur zweiten Boje also. Als die Antriebe ausgeschaltet und die Beschleunigung infolgedessen gleich Null wurde, verschwand auch die Relativgeschwindigkeit der Boje, sie blieb in konstantem Abstand stehen.
    »Merkwürdig«, grübelte Toliman. »Jede Bewegungsgröße verhält sich hier wie ihre erste Ableitung, mathematisch gesehen. Der Weg wie die Geschwindigkeit, die Geschwindigkeit wie die Beschleunigung.« Plötzlich wurde er lebhaft. »Aber darin steckt die Möglichkeit, wieder herauszukommen, und die hat der Kapitän gesehen. Wenn ich dem Schiff Beschleunigung erteile, erreiche ich eine konstante Geschwindigkeit, und damit kann das Schiff entkommen!«
    »Ganz schön voreilig«, kommentierte Mira. »Sieh mal da!«
    Das Protokoll wies aus, daß der Abstand zu den beiden Bojen zwar gleich blieb, solange kein Antrieb einwirkte, aber es wies auch noch etwas anderes aus: Die Bojen lagen nicht mehr geradlinig hintereinander, vom Schiff aus gesehen; die drei Körper - erste Boje, zweite Boje, Schiff - bildeten vielmehr einen flachen Kreisbogen.
    »Es sieht so aus«, sagte Mira, »als ob deine Kinetik nur auf einer Kreisbahn innerhalb der Anomalie gilt. Zum Verlassen der Anomalie wird wohl mehr nötig sein.«
    »Warte, laß uns denken!« sagte Toliman. »Wenn das so ist, wie du vermutest, dann müßte also zum Verlassen nicht eine einfache Beschleunigung, sondern eine wachsende gebraucht werden. Gleichmäßige Beschleunigung entsteht, wenn die Antriebe gleichmäßig laufen, wachsende, wenn die Kraft der Antriebe zunimmt. Ja, so wird es sein. Wollen sehen.«
    »Weißt du, was mich viel mehr verblüfft?« fragte Mira, und sie gab auch gleich die Antwort. »Daß der Zeitraum, bis die Eigenschaften der

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