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Lenas Tagebuch

Lenas Tagebuch

Titel: Lenas Tagebuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Muchina
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angezogen und sind bald darauf gegangen, nachdem sie sich von mir und Tamara, die auch vorhatte, nach Hause zu gehen, verabschiedet hatten. Sie und ich zogen uns an und beschlossen, nach oben zu gehen und zu sehen, ob die Tanzveranstaltung schon angefangen hatte und was unsere Mädchen planten. Wir trafen sie auf der Treppe. Wir verließen die Schule, blieben am Eingang stehen. Emma sagt: »Ach, Mädels, ich will einfach nicht nach Hause gehen. Ich will tanzen.« Bald darauf äußerten alle Mädchen, und das waren nicht wenige, Tamara, Beba, Emma, Rosa, Soja, Nadja, Dysja, dass sie wahnsinnig gerne tanzen wollen, und zwar nicht in der Schule und auch nicht allein, sondern vielmehr bei jemandem in der Wohnung, mit Jungs. Daraufhin wurde geschimpft: verdammte Schufte, Schurken, Lümmel, es ging alles gegen die Jungs, sie sind abgehauen, und wir müssen hier leiden. Eine äußerte den Gedanken, dass die Jungen, wenn man ihnen jetzt sagte, dass wir tanzen wollten, ohne Widerrede zustimmen würden. Daraufhin schlug eine andere vor: »Mädels, lasst uns ihnen eine ordentliche Lehre erteilen.« Und sofort reifte ein Plan heran. Jemand von uns ruft entweder Dimka, Mischka oder Grischka an und sagt, dass wir eine brillante Idee haben, dass sie in fünf Minuten zur Schule kommen sollen. Wir werden uns währenddessen im Eingang des Hauses gegenüber der Schule verstecken und uns über sie kaputtlachen. Wir beschlossen, unser Komplott ­sofort in die Tat umzu­setzen.
    Wir machten uns auf den Weg zur Post, um von dort aus anzurufen. Auf der Post war viel Betrieb. Nadja und Soja sollten anrufen, und wir anderen warteten im Schatten eines Baugerüsts auf sie. Bald kamen sie ­zurück. Grischka und Mischka waren nicht zu Hause, Dimka hatte keine Lust zu reden und hatte aufgelegt. Also endete unser Plan in einem Desaster.
    Wir standen lange herum und überlegten, was wir jetzt tun sollten. Da brauchten wir einmal unsere Jungs wie ein Durstender Wasser in der Wüste! Umsonst nahmen wir jeden vorbeilaufenden Burschen unter die Lupe, umsonst schauten wir uns um. Wir starben fast vor Enttäuschung, vor Wut, vor Kränkung, aber unsere Jungs dachten nicht einmal daran aufzutauchen. Wir fühlten uns wie die unglücklichsten Geschöpfe auf der Welt, und je länger wir schmachteten, umso mehr wuchs unser glühender Wunsch, sie zu sehen.
    Also beschlossen wir, immer der Nase nach zu gehen und so lange zu laufen, bis wir ihnen begegnen würden. Dass sie irgendwo draußen unterwegs waren, dessen waren wir uns sicher. Mit einem Wort, wir beschlossen, eher zu sterben als sie gerade heute nicht zu finden. Wir machten uns eben auf den Weg, da rief plötzlich eines der Mädchen: »Da sind sie!« Alle drehten sich in die Richtung, in die Nadja zeigte, und erblickten sie, unsere heiß ersehnten Jungs. Sie entdeckten uns auch, blieben stehen, klatschten in die Hände und überquerten gemeinsam die Straße. Wir begannen ein Gespräch, und ich merkte sofort, dass die, die sich vor Kurzem noch danach verzehrt hatten, die Jungs zu sehen, plötzlich kalt und gleichgültig wurden. So hatten unsere Mädels das Gefühl, dass sie ihre Würde bewahrten. Wir redeten nicht lange miteinander. Bald gingen wir in verschiedene Richtungen auseinander. Aber sobald die Jungs sich ein ganzes Stück von uns entfernt hatten, mussten wir einsehen, dass wir eine Dummheit begangen hatten.
    »Mädels, was machen wir nur? Warum sind wir auseinandergegangen? Wir wollen doch tanzen … mit ihnen.«
    »Los, kommt!«
    »Wohin?«
    »Ihnen hinterher.«
    »Los.«
    Wir drehten alle um und liefen den Jungs hinterher. Immer schneller, schneller, und irgendwann rannten wir einfach. Wir waren uns selbst nicht im Klaren darüber, was wir taten und was wir von den Jungen wollten. Wir wollten sie einfach nur einholen, sie nicht wieder aus den Augen verlieren.
    Die Entfernung zwischen ihnen und uns verringerte sich schnell. Wir kicherten hemmungslos. Die Entfernung wurde so klein, zehn Schritte vielleicht, dass die Jungs uns nicht überhören konnten, sie beschleunigten ihre Schritte, nachdem sie sich kurz umgedreht hatten. Da war die Post. Plötzlich bogen unsere Jungs in den Posteingang ein und verschwanden dort unter schallendem Gelächter. Wir liefen schnell an ihnen vorbei, bogen in die Rasjesschaja ein und gingen weiter, immer weiter. Wir erreichten Mischkas Haus, entschieden, dass wir endlich doch mal umdrehen müssen. »Mädels, wenn wir ihnen begegnen, tut so, als würden wir sie nicht

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