Lensmen 08 - Drachen-Lensmen
blaue chemische Meer. Sein Schiff wurde festgehalten wie ein schlanker Tiefseefisch, der an eine schwere Angel gegangen war. Und er mußte erkennen, daß er wie ein Fisch eingeholt wurde.
Worsel besaß nicht mehr Informationen als 24v6, aber er konnte nichts anderes tun, als in Erfahrung zu bringen, was sich am anderen Ende befand. Der Velantier schickte einen kurzen Taststrahl durch die elektrischen Turbulenzen, womit er sich der Gefahr aussetzte, geortet zu werden; er entdeckte eine riesige Kugel, worüber er sofort Kallatra und 24v6 Bericht erstattete. Das Gebilde schien den schwebenden Städten zu gleichen, die 24v6 gemeldet hatte. Und es schien von Seesternen bedeckt zu sein. Um die Kommunikation zu vereinfachen, gab Worsel den Seesternen sofort den Namen ›Asterias‹ und nannte die Kuppel ›Cheenus‹, nach dem alten griechischen Wort echinus. »Städte mögen die Cheeni ja sein, aber sie sind auf jeden Fall auch Waffen«, übermittelte Worsel den anderen hastig. »Die Cheeni sind Energieerzeuger, und die Asteri die Terminals, die über Kabel versorgt werden. In dieser Kombination dürfte ein enormes Energiepotential liegen. Lösen Sie sich gewaltsam, Deuce, ehe sich andere bei Ihnen anklammern.« 24v6 jedoch brauchte solche drängenden Worte nicht; er versuchte bereits jeden möglichen Trick. Für niemanden bestand ein Zweifel, daß sich 24v6' Schiff, war es erst einmal mit Asteri bedeckt oder zum Cheenus hinabgezogen, in seine Atome auflösen würde.
Worsel vermochte einen emotionalen Ausdruck der Sorge nicht zu unterdrücken. »Ein Dutzend dieser Wesen fliegt auf Sie zu, Deuce! Lösen Sie sich, lösen Sie sich!« Kallatra war noch viele Minuten entfernt.
Was dann geschah, konnte niemals zur Zufriedenheit geklärt werden; nur Vveryl hätte das vermocht. Der Chickladorier öffnete seine seltsamen Augen weit, die Iris füllte das große dreieckige Gebiet zwischen den drei Lidern voll aus, die dreiteilige blau-grün-rote Pupille zog sich zu einem schwarzen Punkt zusammen, so daß er riesige rosa Eulenaugen zu haben schien – klar, hell, ruhig. Er starrte auf den Metallkopf 24v6' und die glühenden Augenhöhlungen. Seine Stimme klang zwar leise, paßte aber zu seinen Augen – sie klang sehr vital: »Ich sterbe, Lens-Träger. Wenn ich sterbe, stirbt meine Lens mit mir. Aber ich will sie nicht einfach verblassen lassen. Ich werde ihr befehlen, sich abrupt aufzulösen, in dem Augenblick meines Dahinscheidens. In einem Mikro-Moment werde ich aus der angespannten Instabilität sämtliche schlummernden Kräfte der Lens freigeben. Und Sie werden mit mir befreit.«
Die Botschaft empfing 24v6 auf geistigem Wege, noch während sie gesprochen wurde, und er konnte nichts tun, um Vveryls Opfer zu verhindern. Er und Worsel und Kallatra spürten, wie die letzte große Woge der Lebenskraft telepathisch in die Lens strömte, die noch immer ein Teil von ihm war, die Lens, die ruhig im Kopfkörper des Asterias lebte.
So starb Vveryl, der Chickladorier, der junge Lens-Träger auf seinem ersten Abenteuer. Und mit seinem Tod überkam Worsel und Kallatra die traurige Erkenntnis der Last, die der Lens-Träger zu erdulden hat. Selbst der ferne Kinnison empfand den schrecklichen Verlust – den Tod eines Lens-Trägers.
Und die Lens, die mit Vveryl identisch war, explodierte mit ihrem gesamten unerfüllten Potential, das Vveryl als Lebendiger der Zivilisation hatte schenken wollen.
Die überdimensionale Explosion beulte das Luk ein, und der Asterias wurde in Stücke gesprengt. Losgelöst von dem Geschöpf, sprang das Raumschiff förmlich zwischen den hungrigen Armen seiner Artgenossen hindurch, hinauf, hinauf, von dem Planeten fort, unkontrolliert; 24v6 war wieder bewußtlos geworden.
Kaum eine Stunde später wurde 24v6' Schiff von den Traktorstrahlen eines feindlichen Kriegsschiffes aufgefangen, rund vierhunderttausend Kilometer von Worsel und seiner Flamme entfernt.
Doch ganz in der Nähe, noch immer unsichtbar, weil es so klein war, bewegte sich das Rettungsboot mit Kallatra, der lautlos seinem prothetischen Freund folgte.
Der Tod Vveryls brachte eine melancholische Anwandlung über Kinnison, der sich heftige Vorwürfe machte, so etwas zugelassen zu haben. Der Hinterhalt auf Dyaddub war eine dumme Sache gewesen, sie hatten sich nicht in acht genommen. Aber Kinnison hatte keine Zeit, sich über Ereignisse Sorgen zu machen, die bereits eingetreten waren; vielmehr mußte er sich um die unmittelbare Zukunft kümmern.
»Wie
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