Leonardo und das Geheimnis der Villa Medici
Nacht noch einmal beobachten?“
Leonardo schüttelte den Kopf. „Nein, das hat keinen Sinn. Es
wäre in jedem Fall unmöglich, zu erkennen, was auf diesen großen Blättern zu sehen ist, die auf seinem Tisch liegen.“
Carlo grinste. „Es sei denn, er hält sie direkt vor den Spiegel!“, lachte er.
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„Gianna, wenn er Besuch bekommt, musst du mir Bescheid
geben.“
„Und was willst du dann tun?“
„Ihn verfolgen. Im Moment haben wir ein Pferd im Stall, mit dem ich das schaffen könnte. Wir müssen einfach wissen, wo diese Boten genau hin reiten und woher sie kommen. Vielleicht führen sie uns zu ihren Hintermännern. Dann könnte auch klar werden, was eigentlich dahinter steckt!“
„Das ist doch Wahnsinn!“, meinte Carlo.
„Traust du dich nicht? Ich hatte eigentlich gedacht, dich
mitzunehmen, wenn es soweit ist. Das Pferd trägt mit Leichtigkeit zwei von unserer Größe. Das ist gar kein Problem.“
„Was meinst du, was ich für einen Ärger bekomme, wenn ich
einfach mitten in der Nacht mit dir irgendwohin reite und einem geheimnisvollen Fremden folge…“
Leonardo hob die Augenbrauen. Eine Antwort in dieser Art hatte er von seinem Freund Carlo auch erwartet. Aber er hatte noch nicht aufgegeben. „Vielleicht überlegst du es dir ja noch“, meinte er.
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„Und was ist mit mir?“, fragte Gianna. „Hast du für mich
vielleicht auch irgendeine Aufgabe vorgesehen?“
„Die wichtigste“, behauptete Leonardo.
Sie runzelte die Stirn. „Du willst mich auf den Arm nehmen,
oder?“
„Nein, ganz im Ernst! Du musst mir Bescheid sagen, wenn einer
der Reiter auftaucht. Ganz egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit das sein sollte. Du wirst es auf jeden Fall mitbekommen, während ich nicht garantieren kann, dass ich dann gerade am Fenster sitze und dieser Kerl den Weg über den Dorfplatz nimmt. Also versprich, dass du mir Bescheid sagst! Ich kann dann das Pferd satteln und mich bereit machen.“
„Dauert das nicht viel zu lange, bis du mit dem Satteln des
Pferdes fertig bist?“, meinte Gianna. „Diese Reiter sind nie sehr lange geblieben.“
„Ich trainiere noch, damit ich etwas schneller werde!“, versprach Leonardo grinsend.
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Später ging Leonardo in den Stall, legte den Sattel auf das Pferd und schnallte ihn fest.
Dass man dabei sehr sorgfältig sein musste, war ihm durchaus
klar. Die Riemen durften nicht zu locker sitzen, sonst konnte alles herunterfallen.
Aber Leonardo stellte schnell fest, dass das Satteln nicht so ganz einfach war. Erstmal war der Sattel selbst sehr schwer und dann hatte es das Pferd auch nicht so besonders gern, wenn man ihm am Bauch herumzurrte, um die Schnallen der einzelnen Riemen festzuziehen.
„Was machst du da?“, hörte er plötzlich Großvaters Stimme
hinter sich.
Leonardo drehte sich um und fuhr dabei vor Schreck förmlich
zusammen. Er hatte Großvater nicht in den Stall kommen hören.
„Willst du heute noch ausreiten?“, fragte der alte Mann
überrascht. „Ist schon recht spät dafür.“
Leonardo schüttelte den Kopf.
„Eigentlich wollte ich nur üben, wie man ein Pferd sattelt.“
„Aber das weißt du doch.“
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„Ich möchte es etwas schneller können.“ Er atmete tief durch.
„Aber das klappt nicht so, wie ich mir das vorstelle.“
„Ich würde es dir ja gerne zeigen, aber ich rühre keinen Sattel mehr an. Ich hieve ihn weder auf einen Pferderücken hinauf, noch nehme ich ihn hinunter. Mein Rücken bringt mich sonst um und ich kann mehrere Tage nicht schlafen.“
„Beantwortest du mir eine Frage, Großvater?“
Großvater stemmte die Arme in die Hüften und kam einen Schritt näher. Er strich dem Pferd dann über den Hals. „Willst du denn Namen des Gauls wissen? Es ist eine Stute und sie heißt Marcella.
Hat mir jedenfalls dein Vater gesagt.“
„Ach so. Ich hatte aber eigentlich eine andere Frage.“
„Bitte!“ Großvater verdrehte schon die Augen, weil er wohl
befürchtete, sich Antworten auf Fragen aus den Fingern saugen zu müssen, über die er selbst nicht so recht Bescheid wusste.
„Was würdest du tun, wenn du ganz schnell weg reiten
müsstest?“, fragte der Junge.
„Ich reite nicht mehr“, erwiderte der Großvater.
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„Aber angenommen, dein Rücken würde dir nicht so wehtun und
du könntest noch gut reiten. Aber du müsstest im Handumdrehen
aufbrechen, weil das ganze Dorf brennt oder…“
„Du hast doch nicht wieder irgendetwas vor, was auch nur im
Entferntesten mit
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