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Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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Es gab keine rechten Winkel, die Fenster glichen Schießscharten und lagen so tief in der Steinwand, dass die Sonne nicht von ihnen reflektiert wurde.
    »Das nenn ich mal eine ordentliche Hütte«, sagte Bjørn Holm, schnallte die Skier ab und versank sofort bis zu den Knien im Schnee.
    Harry erklärte Jens, dass sie seine Dienste nicht mehr benötigten, und bat ihn, gemeinsam mit dem Piloten am Helikopter zu warten.
    Vor der Tür lag der Schnee nicht ganz so hoch.
    »Hier hat vor kurzem noch einer Schnee geschaufelt«, sagte Harry.
    Die Tür war mit einem einfachen Vorhängeschloss gesichert, das Bjørns Brecheisen nur wenig Widerstand leistete.
    Bevor sie sie öffneten, zogen sie ihre Fäustlinge aus, streiften Latexhandschuhe über und wickelten blaue Plastiktüten um ihre Skistiefel.
    »Uih«, sagte Bjørn leise.
    Die ganze Hütte bestand aus einem einfachen, etwa fünf mal drei Meter großen Raum und erinnerte am ehesten an eine alte Kapitänskajüte mit bullaugenartigen Fenstern und kompakten, platzsparenden Einrichtungslösungen. Boden, Wände und Decke waren mit grobem, unbehandeltem Holz verkleidet, das weiß gestrichen worden war, um das wenige Licht zu nutzen, das in die Hütte fiel. An der rechten Hüttenseite war eine schmale Arbeitsplatte mit einem Spülbecken und einem Unterschrank befestigt worden. Der Diwan daneben diente allem Anschein nach auch als Bett. In der Mitte des Raumes stand ein Esstisch mit nur einem mit Farbflecken übersäten Holzstuhl. Vor einem Fenster befand sich ein abgenutzter hölzerner Schreibtisch, in dessen Tischplatte Initialen und Sprüche geritzt worden waren. Linker Hand erkannte man den blanken Fels, davor stand ein Ofen. Um die Wärme besser zu nutzen, führte das Ofenrohr erst am Stein entlang, bevor es nach oben durch das Dach abknickte. Der Holzkasten war gut gefüllt mit Birkenholz und Zeitungen zum Anfeuern. An den Wänden hing neben den Karten der Umgebung auch eine Afrikakarte.
    Bjørn blickte aus dem Fenster über dem Schreibtisch.
    »Und das nenne ich eine ordentliche Aussicht. Mann, von hier aus kann man halb Norwegen sehen.«
    »Lass uns anfangen«, sagte Harry. »Der Pilot hat uns zwei Stunden gegeben, von der Küste aus soll sich eine Schlechtwetterfront nähern.«
     
    Mikael Bellman war wie gewohnt um sechs Uhr aufgestanden und hatte sich in der Tretmühle im Keller wach gejoggt. Er hatte schon wieder von Kaja geträumt. Sie hatte auf dem Sozius eines Motorrads gesessen und die Arme um einen Mann gelegt, der nur aus Helm und Visier bestand. Sie hatte glücklich gelächelt, ihre spitzen Zähne gezeigt und ihm beim Vorbeifahren zugewinkt. Aber war die Maschine nicht gestohlen? War das nicht seine? Er konnte es nicht mit Sicherheit sagen, denn ihre langen Haare verdeckten das Nummernschild.
    Nach dem Laufen hatte Mikael geduscht und war zum Frühstück nach oben gegangen.
    Er war auf alles vorbereitet, als er die Morgenzeitung umdrehte, die Ulla – auch wie gewohnt – neben seinen Teller gelegt hatte.
    In Ermangelung eines Fotos von Sigurd Altman alias der Kavalier hatten sie ein Bild des Polizisten aus Ytre Enebakk abgedruckt. Skai. Er stand mit verschränkten Armen vor seiner Dienststelle, trug eine grüne Kappe mit langem Schirm und sah wie ein Bärenjäger aus. Überschrift: »Kavalier verhaftet?«
    Daneben prangte das Bild eines gelben, verbeulten Scooters unter der Überschrift: »Neuer Leichenfund in Ustaoset«.
    Bellman hatte den Text nur rasch überflogen und nach dem Wort »Kriminalamt« oder – noch schlimmer – seinem Namen Ausschau gehalten, war auf der Titelseite aber nicht fündig geworden. Gut.
     
    Dann hatte er die Seite aufgeschlagen, auf die verwiesen worden war, und dort fand sich alles, mit Bild und Namen:
     
    Der Leiter der Ermittlungen, Mikael Bellman vom Kriminalamt, betonte in einer kurzen Stellungnahme, sich vor dem Verhör des Kavaliers nicht äußern zu wollen. Auch die Frage, warum der Verdächtige ausgerechnet von der Dorfpolizei von Ytre Enebakk verhaftet worden sei, wollte er nicht kommentieren, sagte aber: »Generell möchte ich nur zu bedenken geben, dass Polizeiarbeit immer Teamarbeit ist. Im Kriminalamt legen wir kein Gewicht auf das Prestige.«
     
    Das Letzte hätte er sich sparen können. Es war eine Lüge, würde als solche erkannt werden und stank förmlich nach schlechtem Verlierer.
    Andererseits war es so schlimm auch wieder nicht. Denn wenn stimmte, was der Strafverteidiger des Kavaliers, Johan Krohn, ihm tags

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