Lesebuch für Katzenfreunde
Stelle erfüllt wurden und er nicht erst lange betteln mußte.
Den ganzen Nachmittag verträumte er unter dem Schlafrock und wurde erst am Abend munter, wenn er Mama in der Küche hantieren hörte.
Der Haferflockenbrei war nach den ersten vier Wochen vom Speisezettel verschwunden, weil Bartl sich plötzlich weigerte, ihn anzurühren, und laut nach einer kräftigeren Kost verlangte. Es folgte eine Zeit, in der er nur Fisch mochte. Er fraß so lange Fisch, bis er selber wie ein Seefisch roch und alle froh waren, als er eines Tages genug hatte und keinen Fisch mehr sehen konnte. Nachdem Mama ihm hintereinander Rindfleisch, Lunge, Leber und Pferdefleisch vorgesetzt hatte, entschied Bartl sich endgültig für Leber. Dabei blieb er, und nur wenn keine frische Leber zu bekommen war, begnügte er sich mit Rindfleisch, zeigte aber deutlich seinen Unwillen beim Fressen. Er wurde von Tag zu Tag größer und stärker, und sein Fell glänzte vor Gesundheit. Jeden Tag bearbeitete Mama ihn mit Bürste und Staubkamm, wobei er zufrieden brummte, und so wurden die letzten Flöhe, die er noch von Tschitschi hatte, allmählich ausgerottet.
Es war ein wahres Glück, daß seine Flöhe sich nichts aus Menschen machten, sonst hätte Bartl bestimmt nicht bei Papa unter der Decke schlafen dürfen, wo es so schön warm und gemütlich war. Auf den Augenblick des Zubettgehens freute er sich jeden Tag. Ehe es aber soweit war, mußte er noch eine Stunde lang durch die Wohnung toben. Er sprang auf den Vorhang, schaukelte dort hin und her, kroch unter alle Teppiche und jagte in weiten Sprüngen über alle Sessel und Tische. Dann ließ er sich noch mit den Buben und Papa in eine lustige Rauferei ein, ehe er endlich erschöpft und sehr zufrieden unter Papas Decke kroch und sofort einschlief. Wenn Papa ihn im Schlaf mit den Füßen anstieß, brummte er empört, rückte aber nicht zur Seite, sondern streckte sich erst recht quer über das ganze Bett aus, so daß Papa mit angezogenen Beinen schlafen mußte. Je größer Bartl wurde, desto heftigere Auseinandersetzungen gab es nachts mit Papa, der sich einfach nicht daran gewöhnen konnte, die Beine nicht ausstrecken zu dürfen. Andererseits brachte er es aber auch nicht fertig, den drolligen kleinen Kerl einfach aus seinem Bett zu verstoßen.
Wie man sieht, war Bartl ein sehr verwöhnter kleiner Kater und hatte es viel besser getroffen als die meisten kleinen Katzen auf der ganzen Welt. Er aber konnte sich gar nicht vorstellen, daß es ganz anders hätte sein können, wenn er zu anderen Menschen gekommen wäre.
Inzwischen war es Februar geworden, und Mama fand, Bartl müsse endlich an die Luft kommen. Sie trug ihn in den Hof, setzte ihn dort aufs Pflaster und befahl ihm, ein bißchen in der Sonne zu spielen. Bartl war sehr unglücklich darüber und wollte sofort wieder zurücklaufen, aber die Tür war zu, und so zog er sich gekränkt in eine Ecke zurück und kauerte dort sehr unbehaglich, bis Mama ihn wieder holte. Sein erster Ausgang war ein Mißerfolg gewesen. Mama schimpfte ein bißchen mit ihm, aber er brummte glückselig, rieb seinen runden Kopf an ihren Beinen und war froh, wieder in der vertrauten Wohnung zu sein. Aber Mama gab nicht nach und setzte ihn jeden Tag, wenn die Sonne schien, in den Hof, bis Bartl endlich seine Furcht überwand und daranging, den Hof zu untersuchen. Die Sonne schien auf seinen dichten Winterpelz, und er stolzierte mit aufgestelltem Schwanz herum, beschnüffelte jeden Winkel und untersuchte genau das Holz, das an der Mauer aufgestapelt lag.
Plötzlich sprang etwas schwarzes, fauchendes vom Holzstoß, und Bartls Herz machte vor Schreck einen kleinen Sprung. Eine Katze, eine riesige schwarze Katze war es, die ihn anknurrte, die Zähne fletschte und ihn aus grünen Augenschlitzen anfunkelte. So klein Bartl auch war, tat er doch, was jede Katze, auch die winzigste, in einem solchen Fall tut, er machte einen Buckel, fauchte zurück und zeigte seine spitzen Milchzähne. Das schwarze Ungeheuer sah, daß es ein Katzenkind vor sich hatte, fauchte noch einmal zum Spaß und stieg dann gelassen durch das Kellerfenster. Nachdem Bartl sich ein bißchen beruhigt hatte, wurde seine Neugierde größer als seine Angst. Lautlos schlich er an der Wand entlang zum Kellerfenster, durch das der Riese verschwunden war, streckte vorsichtig den Kopf, und – patsch – langte eine schwarze Pfote herauf und fuhr ihm über die Nase, daß er auf sein kleines Hinterteil zurückfiel und vor
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