Lesebuch für Katzenfreunde
eins« war gleich eine Enttäuschung. »Als erstes«, schrieb sie da, »müssen Sie Ihre Katze aus dem Schlafzimmer verbannen.« Genau das ist meiner Meinung nach doch das Problem, das man lösen möchte, wenn man eine Katze hat, gegen die man allergisch ist. Man möchte erreichen, daß sie zu einem Bett kriechen kann. Dahin gehört die Katze schließlich. Dennoch verstand ich, worauf Mrs. Kolenda hinauswollte – eben darum hatte ich das Schlafzimmer von meiner Großoffensive ausgenommen.
Als ich zu »Schritt zwei« kam, war ich überzeugt, den Stein des Weisen gefunden zu haben. Mrs. Kolenda empfahl mit allem Nachdruck, sich einen sogenannten HEPA-Filter anzuschaffen.
»Diese Filter«, schrieb sie, »wurden ursprünglich zur Verwendung in der Raumfahrt entwickelt. Sie reinigen die Luft von den winzigsten Partikeln einschließlich Staub und Pollen.«
Die Vorstellung, daß ich, ein Mann, der es all seinen Gaben zum Trotz bis dato nicht geschafft hatte, mit einem Computer umzugehen, nunmehr tatsächlich in High-Tech-Sphären aufsteigen sollte – Raumfahrt, wohlgemerkt! –, war berauschend, und ich beschloß, mir umgehend einen HEPA zu besorgen. Zumal Mrs. Kolenda noch mehr Erfreuliches über dieses Wundergerät zu berichten hatte:
»Ein guter HEPA kann die Luft in einem Zimmer durchschnittlicher Größe mehrmals innerhalb einer Stunde austauschen, und bei jedem Austausch werden mehr und mehr Allergene entfernt. Diese Apparate haben im allgemeinen einen oder mehrere Vorfilter zur Entfernung solcher Substanzen wie Pelz…«
Das war nun wirklich toll! Auf der Stelle mußte so ein Otto her, am besten gleich der größte auf dem Markt! Im Geiste sah ich mich schon eine Party geben und so eine gewissenlose Person im Nerz hereinrauschen und wusch!, mein Riesen-HEPA zog ihn ihr vom Leib und verschlang ihn! Und während die Frau schrie und tobte, erklärte ich in aller Ruhe, es täte mir herzlich leid, aber auf Pelzmäntel reagiere ich nun mal allergisch.
Kurz und gut, als meine Schachfreunde ankamen und wir im Wohnzimmer ans Werk gingen, war ich bester Stimmung. Die Arbeit war schweißtreibend, und ich muß sagen, ich war stolz auf meine Freunde, die sich unter meiner Anleitung mächtig anstrengten. Nichts ließen sie aus – weder Sofa noch Sessel, Vorhänge oder Teppiche. Sogar die Bücher nahmen sie sich vor. Und was wir mit mehrmaligem Staubsaugen nicht absolut allergenfrei machen konnten, brachten wir einfach aus der Wohnung. Wir – oder besser, sie – gingen nach nebenan und überredeten eine Freundin von mir, »ein paar Sachen« bei sich unterzustellen. Als aus den »paar Sachen« ein Haufen Sachen wurden, zeigte sie allerdings eine gewisse Besorgnis, und als schließlich auch noch das Sofa anrückte und sie den Bauch einziehen mußte, um zu ihrer Wohnungstür vordringen zu können, fragte sie ziemlich entrüstet, was das eigentlich solle. Nur ein kleiner Frühjahrsputz, erklärte ich freundlich.
»Frühjahrsputz!« rief sie. »Im August?«
Ach was, meinte ich. August haben wir schon? Wirklich, wie die Zeit vergeht!
Aber selbst nach all diesen Mühen und nachdem ich einen meiner Freunde losgeschickt hatte, einen HEPA aufzutreiben – zur Miete natürlich nur –, blieben noch zwei Schritte, die ich allein bewältigen mußte. Und »Schritt drei« war mir nun wirklich zuwider. Er verlangte nämlich, daß ich Eisbär selbst allergenfrei machte. Die Verfahrensanleitung entnahm ich einem Prospekt der »Associated Humane Society«. Sie empfahl, die Katze zunächst gründlich zu bürsten und zu kämmen, dann mit einem Qualitätsshampoo für Haustiere zu baden – zweimal gleich –, und das Fell nach gründlichem Spülen gut abzutrocknen. Danach kam der Knüller: »Reiben Sie das Fell dann überall mit einer Mischung aus vier Teilen Wasser und einem Teil Weichspüler ein. Massieren Sie das Mittel gründlich ein und spülen Sie hinterher nicht .«
Wer diese Anweisung geschrieben hatte, kannte Eisbär nicht. Das letztemal hatte ich ihn, wie Sie sich vielleicht erinnern werden, am Tag nach seiner Rettung gebadet, dann nie wieder, auch wenn er sich in den Jahren, die seither vergangen sind, ein paarmal zähneknirschend von der Tierärztin in die Wanne tauchen ließ. Kurz, Eisbär war ein gebranntes Kind, und hinzu kommt, daß er ein phänomenales Gedächtnis hat. Kaum drehte ich den Wasserhahn der Badewanne auf, war er spurlos verschwunden. Woher er wußte, daß ich diesmal für ihn und nicht wie gewöhnlich für
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