Lesebuch für Katzenfreunde
abgeschrieben hatte. Höflich wie immer bot ich ihr also meinen Arm, und wir kehrten an den gedeckten Tisch zurück. Angeregt von Essen und Wein, unterhielten wir uns lebhaft über alte Zeiten. Die Allergie war vergessen, meine Freundin zeigte sich von ihrer bezauberndsten Seite, und von ihrem Charme und vom Wein ermutigt, schlug ich schließlich vor, auf den Balkon hinauszugehen.
Es war ein herrlicher Sommerabend, mild und lauschig, und gerade wollte ich sie zärtlich in die Arme nehmen, als sie von neuem zu niesen und zu schniefen, zu husten und zu prusten anfing.
Wenn Sie mein Balkonarrangement im Kopf haben, werden Sie sofort wissen, was geschehen war. Eisbär war genau in dem Moment, als ich meinen Annäherungsversuch wagte, mit einem Riesensatz durch das Schlafzimmerfenster auf seinen Balkonteil hinausgesprungen. Nicht nur hatte sie ihn über meine Schulter hinweg gesehen, sie hatte zudem keine Ahnung, daß er wegen des Gitters gar nicht zu ihr herüberkommen konnte.
Ein Kleinmütigerer als ich hätte an dieser Stelle das Handtuch geworfen. Aber kleinmütig war ich noch nie. Vielmehr faßte ich auf der Stelle einen Plan, der zwei Ziele hatte. Einmal wollte ich dieser Frau mit einer scheinbar schweren Katzenallergie beweisen, daß es gegen dieses Leiden noch andere Kuren gab als die Verbannung der Katze. Und zweitens wollte ich mich unter keinen Umständen um meine wohlverdiente Romanze bringen lassen. Wenn ich ein gutes Werk tun und zur gleichen Zeit bekommen kann, was ich will, fühle ich mich erst so richtig in meinem Element.
Wie immer, wenn ich einen Schlachtplan entworfen habe, handelte ich rasch. Als wir nach ihrem Anfall auf dem Weg hinaus waren, sagte ich, ich wüßte, daß sie vorhätte, drei Tage in New York zu bleiben. Wenn sie mir vor ihrer Abreise noch einmal die Freude ihres Besuchs machen würde – ich schlug ihren letzten Abend vor, um Zeit zu gewinnen –, würde ich nicht nur die ganze Wohnung allergiefrei machen, sondern auch Eisbär. Überrascht, daß so etwas überhaupt möglich sein sollte, sagte sie zu. Als nächstes schlug ich, da ich ein unverbesserlicher Spieler bin, eine Wette vor. Sie wollte natürlich zuerst wissen, worum es dabei gehen sollte. Falls sie an diesem zweiten Abend auch nur einen einzigen allergischen Anfall bekäme, erklärte ich, würde sie die Wette gewinnen, und ich würde ihr – sie war in der Werbebranche – nach ihren Wünschen eine ganzseitige Anzeige oder sonst einen vollständigen Text ausarbeiten. Sollte sie hingegen keinen Anfall bekommen, so würde ich gewinnen.
»Und was?« fragte sie, als ich die Tür öffnete.
»Dreimal darfst du raten«, antwortete ich und klappte die Tür hinter ihr zu.
Sobald sie gegangen war, ließ ich Eisbär aus dem Schlafzimmer und sah mich dabei aufmerksam um. Mir war klar, daß es ein Mammutunternehmen werden würde, das Wohnzimmer allergiesicher zu machen; das Schlafzimmer, Bett hin oder her, konnte ich mir nicht auch noch vornehmen. Allein die gründliche Reinigung des Bettes hätte bestimmt zwei Tage in Anspruch genommen und mich vielleicht am Ende doch nur davon überzeugt, daß ein nagelneues Bett her mußte. Nur wegen eines Bettes wollte ich die Wette auf keinen Fall verlieren. Ich würde mich auf das Wohnzimmer beschränken, und basta.
Ich muß gestehen, ich hatte keine Ahnung, was ich mir da aufgeladen hatte; aber wenn ich mir einmal etwas vorgenommen habe, lasse ich so leicht nicht locker. Immerhin sagte ich mir gleich zu Beginn, daß es keinen Sinn hatte, ganz allein loszuwursteln. Schließlich mußte ich die ganze Operation leiten; dazu brauchte ich einen klaren Kopf und durfte mich nicht in Details verlieren. Darum rief ich am nächsten Morgen in aller Frühe zwei Schachfreunde von mir an und bat sie, sofort zu mir in die Wohnung zu kommen. Ganz beiläufig erwähnte ich, daß neben dem Schachspiel eventuell einige Räumungsarbeiten anfallen würden, und empfahl ihnen, alte Kleider anzuziehen.
Während ich auf sie wartete, beschloß ich, ein paar Recherchen zum Thema anzustellen. Obwohl ich überzeugt war, praktisch alles zu wissen, was es über Allergien zu wissen gab, fand ich, es könne nicht schaden, meine Kenntnisse ein wenig aufzufrischen. Nach einiger Zeit entdeckte ich in der Zeitschrift Cats einen ausgezeichneten Artikel von Barbara Kolenda, der den Titel trug: Was tun bei Katzenallergie? Das war genau das, was ich gesucht hatte.
Mrs. Kolenda schlug ein Vier-Schritte-Programm vor, aber »Schritt
Weitere Kostenlose Bücher