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Lesebuch für Katzenfreunde

Lesebuch für Katzenfreunde

Titel: Lesebuch für Katzenfreunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: diverse Autoren
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nicht nur ein menschliches Wort, eine menschliche Vorstellung? Ich mußte es unbewußt mitbekommen haben, möglicherweise bei den Schwestern oder vielleicht durch blödes Geschwätz anderer Katzen in der Kommune. Nur weil eine Katze eine andere schön fand, hieß das noch nicht, daß sie sich ›liebten‹. Was für eine lächerliche Vorstellung! Wir hatten uns gut miteinander amüsiert, meine Liebste und ich. Und jetzt war sie meiner müde und hatte es mir auf die einzig mögliche Art zu verstehen gegeben, indem sie nicht zum Treffpunkt kam. Ich war ein Narr gewesen zu glauben, daß Katzen jemals Paare bilden und gemeinsam die Welt durchstreifen könnten, eine katzenhafte Parodie auf Jim und June. Katzen waren eben anders. So redete ich mir ein. Nein, ich war allein auf der Welt, wie alle Katzen, und mußte wieder einmal die Straße wählen. Ich mußte die kleine Straße verlassen mit ihren trügerisch freundlichen Menschenwesen und ihren netten Tellerchen mit Essen, die auf Nr. 12 vor die Küche gestellt wurden, und ihren Blumenbeet-Toiletten und ihren Vogeltränken. Ich mußte neue Welten suchen, neue Länder, und die Erde durchstreifen, unterwegs zu dem Geschick, das unsere Große Mutter-der-Nacht mir bestimmt hatte.
    Unsere Große Mutter schien aus dem kalten Himmel auf mich herunter. Sie war allein wie ich und würde mich führen. Hinter ihr erhellte sich der Himmel zu einem bleichen, winterlichen Grau. Ich würde, so nahm ich mir vor, sofort aufbrechen.
    Nun ja, vielleicht nicht sofort. Ich rutschte die Mauer hinab in den Garten von Nr. 18 und blickte zu den Fenstern des Zimmers meiner Liebsten hinauf.
    »Adieu!« rief ich.
    Keine Antwort.
    Nun wollte ich gehen.
    Aber ich ging nicht. Ich blieb dort sitzen und starrte hinauf. Das war ganz töricht. Jetzt würde ich wirklich gehen.
    »Adieu!« rief ich noch einmal.
    »Rufst du nach Tammy?« fragte eine liebenswürdige Katzenstimme.
    Ich erkannte das schwarzweiße Weibchen, das man Bündle rief.
    Eine Antwort lohnte sich nicht.
    »Natürlich nicht!« entgegnete ich. »Ich trainiere meine Lungen. Ich warte noch, bis die Vögel aufwachen, dann zieh ich auf und davon.«
    »Sie wird heute nacht nicht kommen«, sagte Bündle. »Wie könnte sie.«
    »Wer? Tammy?« Ich tat so, als bedeute mir der Name nichts. »Großer Gott, nein. Ich geh weg, um genau zu sein. Wie gesagt – sobald ich gefrühstückt habe.«
    »Weg?«
    »Ja, ich hab genug von dieser Straße. Ich ziehe weiter.«
    Bündle glaubte mir sichtlich nicht.
    »Sie hat einen Zugang zum Wärmschrank gefunden«, sagte sie. »Von ihren Leuten weiß es noch keiner. Sie hat mich gebeten, rauszulaufen und dir Bescheid zu sagen. Es ist bald so weit bei ihr.«
    »Wieweit?«
    »Hast du noch nie davon gehört, daß eine Katze jungt?« fragte Bündle. »Da mußt du ja ein sehr abgeschirmtes Leben geführt haben.«
    Da überkam mich eine große Freude, und ich wußte, warum sie nicht zum Treffpunkt gekommen war. All meine Zweifel und Ängste schwanden.
    »Du kommst sie jetzt besser nicht besuchen«, sagte Bündle. »Die Leute könnten dich sehen, und dann gehen sie dir nach und stören die Jungen.«
    »Sind sie – sind sie denn schon geboren?« fragte ich aufgeregt.
    »Das wissen wir alle nicht. In solchen Augenblicken ist man als Frau lieber allein«, sagte die erfahrene Bündle. »Aber sie hat mich gebeten, es dir zu sagen, und das hab ich getan.«
    Damit hastete sie zurück durch die Katzenklappe ins Haus.
    Patricia Highsmith
    Leer ist das Vogelhaus
    Als Edith es zum erstenmal sah, mußte sie lachen. Einen Augenblick glaubte sie, sich geirrt zu haben; aber als sie zur Seite trat und noch einmal hinsah, war es immer noch da, nur etwas weniger deutlich. Ein Gesicht wie das eines Eichhörnchens, mit dämonisch-intensiven Augen, starrte sie aus dem runden Loch des Vogelhäuschens an. Es konnte natürlich nur eine Täuschung sein – wahrscheinlich lag es an den Schatten oder an einem Astknoten in der hölzernen Rückwand des Häuschens. Die Sonne schien hell auf den kleinen Kasten, der in der Ecke zwischen Geräteschuppen und Hauswand aufgehängt und etwa 20 mal 25 Zentimeter groß war. Edith trat näher heran und stand jetzt etwa drei Meter entfernt. Das Gesicht verschwand.
    Komisch, dachte sie, als sie ins Haus ging. Das muß ich heute abend Charles erzählen.
    Aber sie vergaß es und sagte Charles nichts davon, und drei Tage später war das Gesicht wieder da. Diesmal sah sie es, als sie eben zwei leere Milchflaschen an

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