Lesereise - Inseln des Nordens
des Färöischen Tourismusverbandes. Inzwischen über sechzig Jahre alt, blickt auch er auf eine Karriere als Fußballnationalspieler zurück.
R. K.
Alle Wetter auf den Färöern
Die Sonne scheint auf den Färöern seltener als anderswo, aber wenn sie scheint, dann schafft sie Einmaliges
Wer sich den Dörfern der Färöer vom Meer her nähert, dem fallen als Erstes die Kirchen auf. Es brauchte früher schon viel Gottvertrauen, um auf diesen wilden Inseln zu siedeln. Das hatten die irischen Mönche, die sich im 7. Jahrhundert als erste Menschen hier niederließen, um sich in aller Abgeschiedenheit ihrem Glauben zu widmen. Wirklich bevölkert wurden die Färöer aber erst hundert Jahre später. Dann kamen die Wikinger, vertrieben die Mönche und beanspruchten die Inseln für sich. Vom Christentum waren die Wikinger noch weit entfernt; das setzte sich erst um die Jahrtausendwende durch – und auch nicht ganz ohne Gewalt. Als einer der letzten wurde der mächtige Wikingerkönig Tróndur bekehrt – mit einem Messer an der Kehle und der Frage, ob er den Tod oder das Christentum wählen wolle.
Ich bin in Kirkjubøur, dem Ort, an dem sich die ersten Mönche niedergelassen hatten. Der äußerste Südzipfel von Streymoy, der größten färöischen Insel, war der ideale Siedlungsplatz, denn in der Bucht sammelte sich häufig Treibholz. Das war auf den baumlosen Inseln zum Überleben ebenso wichtig wie das tägliche Brot. Kirkjubøur, wo heute nur noch ein Dutzend weit verstreuter Häuser steht, war einst Bischofssitz. Daran erinnern die Ruinen der Magnus-Kathedrale, die Bischof Erland im 12. Jahrhundert bauen ließ. Schon damals bestimmte Geld den Lauf der Dinge, und weil dem Bischof während des Baus eben das ausging, konnte die stattliche Kathedrale nie fertiggestellt werden. Anders die nur wenige Meter entfernt liegende Olafs-Kirche, die einzige Mittelalterkirche der Insel, in der noch heute Gottesdienste abgehalten werden: Sie ist weit weniger protzig gestaltet – und wohl auch deswegen konnte sie fertig gebaut werden.
Von Kirkjubøur führt ein Wanderweg über die Berge in die heutige Hauptstadt Tórshavn. Er diente früher als Verbindungspfad zwischen den Dörfern, riesige Steinmarker kennzeichnen seinen Verlauf. Wege wie dieser durchziehen die ganze Inselgruppe. Sie bilden ein hervorragendes Wegenetz für den heutigen Wanderer.
Lang ist die Wanderung nicht, nach knapp zwei Stunden habe ich Tórshavn erreicht. Das ist typisch für Wanderungen über die Insel: Länger als zwei, drei oder allenfalls vier Stunden ist man selten unterwegs. Nur das launische Wetter behindert manchmal das Vorwärtskommen. Oder der Blick auf die grandiose Landschaft. Denn der Wanderer wird leicht von ihr gefangen genommen und bleibt dann immer wieder stehen, um die Aussicht auf eine der vielen Inseln oder das Lichtspiel der Sonne auf einem Berg zu genießen. Oder er rastet an einem Bachlauf, beobachtet Möwen, Austernfischer oder Gänse. Ohne Weiteres wird so eine kurze Wanderung zum Tagesausflug.
In Tórshavn holt mich John Eysturoy ab. Der zweiundsechzigjährige ehemalige Fußballnationalspieler arbeitet heute bei Samvit, der örtlichen Tourismusbehörde. Klein und etwas stämmig wirkt er, und auf den ersten Blick auch eigenbrötlerisch. Doch was so wirkt, ist eher Zurückhaltung, die sich aber schnell auflöst. Diesbezüglich ist John ein typischer Färinger. Sobald man sie näher kennenlernt, entpuppen sie sich als hilfsbereit, gelassen und entspannt – und voller herzlicher Gastfreundschaft.
John führt mich durch Tórshavn, der mit fünfzehntausend Einwohnern größten Stadt der Insel. Hier hat auch die Regierung der autonomen, zu Dänemark gehörenden Inseln ihren Sitz. Das Regierungsviertel liegt in der historischen Altstadt mit ihren roten Holzhäusern, und die wiederum befindet sich malerisch auf einer Landspitze, die wie ein Finger in den Hafen hineinragt. John erzählt, dass hier schon zu Wikingerzeiten das Alþing , die Versammlung der Männer, stattfand. Damit sei die Landspitze der älteste Parlamentsplatz der Welt. Zum Beweis zeigt er mir in den Fels geritzte Runenzeichen. Die Isländer, die dieselbe historische Wahrheit für ihr Þingvellir beanspruchen, sehen die Sache vermutlich anders. Doch da Isländer und Färinger freundschaftliche Beziehungen pflegen, wird darüber nicht gestritten.
John Eysturoy kennt jeden – entsprechend lange dauert der Rundgang mit ihm durch die Straßen der kleinen Stadt. Überall wird
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