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Lesereise Malediven

Lesereise Malediven

Titel: Lesereise Malediven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Bisping
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Worten und einer Haltung, die jedem Staatsmann Ehre machen würde. Heute hat Mr. Hassan frei. Er zeigt uns sein Haus und erzählt aus seinem Leben – und mit seiner Biografie auch einen Teil der örtlichen Geschichte. »An einem Regentag« des Jahres 1937 wurde er geboren; so erzählten es ihm später seine Eltern. Geburten wurden damals nicht registriert, Tage durch klimatische Gegebenheiten und familiäre und dörfliche Ereignisse aus dem Jahreslauf hervorgehoben statt durch Daten. In den sechziger Jahren arbeitete er in Gan als Koch für die Briten. Als sie die Malediven 1976 verließen – unabhängig geworden waren die Inseln bereits 1965 –, ging er zunächst nach Mal é und arbeitete später auf einem Frachter. Nach zweiundzwanzig Jahren kehrte er 1997 nach Addu zurück, wo er als Sicherheitskraft auf Gan tätig war. Dann schließlich fand er den Job des Jetty Ambassador auf Villingili. Obwohl längst im Rentenalter, liebt er seine Arbeit. »Ich bin sehr glücklich, etwas zu tun zu haben. Hier lacht jeder, alle haben gute Laune, und ich sitze nicht zu Hause herum.«
    Wo man auch eincheckt auf den Resort-Inseln der Malediven, auf allen stößt man auf sprachgewandte Servicekräfte, die vom Addu-Atoll stammen. Das liegt daran, dass Kontakte mit der englischsprachigen Welt im südlichsten Atoll des Landes nichts Neues sind. Als die Briten das Atoll verließen, hinterließen sie bei den Bewohnern neben Erfahrung im Umgang mit den blassen, an der Hitze leidenden Europäern auch solide Englischkenntnisse. Es waren gute Voraussetzungen für Karrieren in der erblühenden Tourismusindustrie, und vor allem viele der Männer sollten für Jahre in den Hotels der nördlichen Atolle verschwinden.
    Seit die ersten Resorts im Addu-Atoll eröffneten, sind viele von ihnen in ihre Heimat zurückgekehrt. Nachdem sie jahrelang nur einmal im Jahr Urlaub zu Hause machen konnten, fahren sie nun morgens mit dem Speedboot zur Arbeit und sitzen abends wieder auf Feydhoo, Maradhoo oder Hithadhoo vor dem eigenen Haus. Es ist ein geradezu unerhörter Luxus.
    Auch den Flughafen auf Gan hinterließen die Engländer. Hier landen heute die Touristen aus Mal é – und womöglich demnächst auch aus anderen Teilen der Welt. Die Landebahn knapp unterhalb des Äquators, für die die englische Garnison die Ruinen einer buddhistischen Stupa aus vorislamischen Tagen abgetragen hatte, ist lang genug auch für größere Passagiermaschinen. Noch wagt sich niemand an das Ziel heran, da es im Atoll bis auf das 2009 eröffnete Shangri-La mit hundertzweiundvierzig Villen nur ein Hotel mit sechzig Zimmern auf Gan sowie das mit zweihundertdreiundsiebzig Villen recht große Resort Amari Addu Maldives gibt.
    Die Briten machten sich auf Gan so breit, dass die Bewohner nach Feydhoo ausweichen mussten. Dort wiederum wurde es so eng, dass viele Einheimische auf die nächste Insel, nach Maradhoo, weiterzogen. Deshalb wird diese dritte der vier miteinander verbundenen Inseln auch Maradhoo-Feydhoo genannt – der alte Name reiste mit den Bewohnern mit. Nach Abzug der Garnison kehrte niemand nach Gan zurück. Außer dem Flughafen gibt es hier nur das Hotel Equator Village in der einstigen Offiziersunterkunft, eine Bank und ein Souvenirgeschäft, in dem Touristen Teller mit der von orthografischen Zwängen unbelasteten Aufschrift »Shangrilla« kaufen können.
    Wir strampeln weiter. Ein Stück geht es die von Palmen gesäumte Schnellstraße entlang, dann liegen links von uns eine Mülltrennungsanlage, ein Kraftwerk, das die fünf Inseln mit Strom versorgt, schließlich ein Stadion und ein Fußballfeld. Kinder dribbeln, wo kürzlich die Nationalmannschaft der Malediven für ein Länderspiel trainierte. Ausgetragen wurde es in Mal é , die Gastgeber blieben siegreich: Drei zu zwei ging das Spiel gegen die Philippinen aus.
    Das Regierungsgebäude des Atolls ist kleiner als die Schule nebenan. Der Verwaltungsaufwand für die dreißigtausend Bewohner des Atolls scheint überschaubar zu sein – und der Glaube an die Bildung ist groß. Orchard Magu heißt die Hauptstraße von Hithadhoo, hier ist das Freiluftkino der Insel zu finden. Graffiti an Hauswänden mahnen Vorübergehende, sich an den Wahlen zu beteiligen: »Vote for Change« ist da zu lesen – ein Überbleibsel von den Wahlen im Herbst 2008. Hier wirkt die Inselwelt fast ein wenig urban. Doch die Kinder, die hier am Vormittag lernten, spielen jetzt am weißen Strand des Indischen Ozeans.
    Die Asphaltstraße endet,

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