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Letzte Ausfahrt Ostfriesland

Letzte Ausfahrt Ostfriesland

Titel: Letzte Ausfahrt Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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den Kopf. Bisher hatte er nur da gesessen, als ginge ihn unser Gespräch und auch mein Besuch überhaupt nichts an.
    »Ihre Tochter fuhr mit einem Porsche über den Kurfürstendamm, da gibt es keine Zweifel«, sagte er. »Elisabeth hat ihr zugewinkt, aber Inga hat überhaupt nicht reagiert.«
    »Wann war das?«, fragte ich, bemüht, gelassen zu wirken.
    »Anfang voriger Woche«, antwortete Elisabeth und beschäftigte sich mit ihrer Tasse.
    Noch ist alles offen, dachte ich. Inga war hübsch. Dann hat sie sich einen reichen Kommilitonen geangelt.
    »Habt ihr für mich einen Tipp, wo ich sie finden kann?«, fragte ich, hob die Kaffeetasse an und ließ sie mir von Elisabeth wieder füllen. Ich spürte die Nachwirkungen der Strapazen. Meine Kräfte waren verbraucht.
    »Ich besuche für wenige Tage einen Lehrerfortbildungskurs«, log ich, um ihnen meine Anwesenheit zu erklären.
    »An Ihrer Stelle würde ich mich abends im Dallas Pa …«, sagte Harald trocken und sah mich seltsam an, während Elisabeth blitzschnell aufgesprungen war, um ihm die Hand auf den Mund zu legen.
    »Lass das! Du hast keine Beweise!«, fauchte sie ihn an.
    Elisabeths Worte trafen mich wie ein Messer. Ein Schmerz ging mir durch die Brust und endete im Magen. Entsetzt starrte ich beide an. Ich kannte keine Stätte in Berlin, kein Lokal, das den Namen Dallas Pa … trug, doch meine Gedanken gingen in die gemeinte Richtung.
    »Soll das heißen, Inga ginge …«, mir gelang es nicht, den Satz zu beenden.
    Elisabeth fing sich.
    »Onkel Klaus, Inga liebt die große Welt, und hier in Berlin ist viel los.«
    Ich erhob mich, kämpfte mit den Tränen, die meine Enttäuschung mir in die Augen trieben. Es entsprach nicht meiner Mentalität, das sympathische Pärchen schamlos weiter auszuhorchen. Meine Beine zitterten leicht.
    »Eine Frage bewegt mich noch, Elisabeth. Habe ich Inga zu wenig Geld gegeben, um ein normales Studentendasein zu führen?«
    Sie winkte ab.
    »Sie bekommt dreihundert Euro mehr im Monat als ich, Onkel Klaus. Aber so musst du nicht denken. Harald hat nur …«
    Ich verließ grußlos das Zimmer. Auch die beiden hatten begriffen, und sie verzichteten auf das übliche Theater, mich mit dramatischem Getue zum Bleiben zu bewegen, um mit nichtssagenden Reden zu vertuschen, was sie für die Wahrheit hielten.
    Die Sonne stand hoch und warf erbarmungslos die Hitze auf die Stadt. Mich interessierte keine Richtung. Ich ging, ohne zu wissen, wohin die Straßen führten.
    Ich konnte mein Hotelzimmer aufsuchen, mich aufs Bett legen, um Schlaf nachzuholen, den ich allerdings nicht vermisste.
    Die ungewohnten klotzigen Wohnbauten, der ameisenhafte Rhythmus der Menschen, zwischen denen ich mich befand, und die Straßen, die wie Fließbänder gefüllt mit Autos an meinen überreizten Augen vorbeiliefen, machten aus mir den einsamsten Menschen in Berlin. Zwei Millionen lebten hier, arbeiteten in dieser Stadt und rangen mit ihren Problemen. Eine Person von ihnen musste ich finden und sprechen, koste es, was es wolle.
    Die Hitze machte mir zu schaffen. Mein Blick begann sich auf Mädchen zu konzentrieren, die jung und schön waren und Inga glichen. Ich betete mit trockenen Lippen zum heiligen Antonius, den mir meine Mutter zu Lebzeiten immer als Schutzpatron empfohlen hatte, wenn ich als Kind den Schlüssel oder sonst etwas Wichtiges verloren hatte.
    Ich hoffte auf den Zufall, Inga zu begegnen.
    Menschen schoben mich durch Kaufhäuser und Supermärkte. In Cafés suchte ich vergeblich die Tische nach Inga ab.
    Müde und erschlagen landete ich gegen Abend in einer Bierpinte in der Nähe des Kurfürstendamms vor dem Rundtresen und trank gierig das Bier aus großen Krügen, kein Blick vom Fenster nehmend, an dem die Menschen vorbeiflanierten.
    Der geschäftstüchtige große Wirt mit dem ledernen Brauerschurz reichte mir die fünf Frikadellen, die ich zu seiner Verwunderung nacheinander verschlang, während seine Witze an mir vorbeiflogen.
    In nur wenigen Metern Entfernung saßen zwei junge Männer in Maßanzügen vor gefüllten Sektgläsern an einem kleinen Tisch. Mit affigen Bewegungen und beringten Händen schoben sie Karten, hoben sie auf und warfen sie ab, ein Spiel, hinter dessen Regeln ich nicht kommen konnte, weil mein Blick an ihnen vorbei auf das Fenster gerichtet war. Sie trugen ihre Haare künstlich gelockt und ein süßliches Parfüm stieg zu mir hoch.
    Zu meiner Verwunderung betraten hübsche, hervorragend gewachsene junge Frauen das Lokal, setzten

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