Letzte Nacht in Twisted River
geben.«
»Gott im Himmel«, sagte Dominic Baciagalupo kopfschüttelnd.
»Stimmt das?«, wollte der kleine Dan von Ketchum wissen.
»Was ist denn Vingt Dumas für ein Name?«, fragte Ketchum den Jungen zurück.
»Roland und Joanne Dumas haben keine zwanzig Kinder!«, rief der Koch.
»Vielleicht nicht gemeinsam«, erwiderte Ketchum. »Was war dann der kleine Vingt? Ein Versprecher?«
Dominic schüttelte wieder den Kopf. »Was ist denn?«, fragte Ketchum.
»Ich habe seiner Mutter versprochen, dass Daniel eine anständige Bildung bekommt«, sagte der Koch.
»Nun, ich mache gerade den Versuch, Dannys Bildung zu
vervollständigen«,
argumentierte Ketchum.
»Zu vervollständigen«,
wiederholte Dominic immer noch kopfschüttelnd. »Deine Wortwahl, Ketchum«, begann der Koch, verstummte aber wieder; er sagte nichts mehr.
Weder ein Geschichtenerzähler noch ein Dynamitfan, dachte Danny Baciagalupo. Der Junge liebte seinen Vater heiß und innig, doch der Koch hatte eine bestimmte Angewohnheit, die seinem Sohn schon aufgefallen war. Oft führte Dominic seine Gedanken nicht zu Ende (nicht laut, jedenfalls).
Von der indianischen Tellerwäscherin abgesehen - und der Handvoll Sägewerksarbeiter-Ehefrauen, die dem Koch in der Küche halfen -, aßen nur selten Frauen im Kochhaus, außer an den Wochenenden, wenn einige der Männer mit ihren Familien zum Essen kamen. Der Koch hatte ein striktes Alkoholverbot durchgesetzt. Das Abendessen (oder »Abendbrot«, wie es die alten Flößer nannten, die noch die Wanigans gewohnt waren) wurde bei Einbruch der Dunkelheit aufgetragen, und die meisten Holzfäller und Arbeiter aus dem Sägewerk waren nüchtern bei ihrer Abendmahlzeit, die sie rasch und fast stumm verspeisten - selbst an den Wochenenden oder wenn gerade keine Trift im Gange war.
Da die Männer meist direkt von der Arbeit ins Kochhaus kamen, war ihre Kleidung dreckig und sie rochen nach Pech und Fichtenharz, nasser Rinde und Sägespänen, aber ihre Hände und Gesichter waren sauber und dufteten nach der Kieferteerseife im riesigen Bad des Kochhauses. (Vor dem Essen die Hände zu waschen war auch eine der von Dominic durchgesetzten Regeln.) Außerdem waren die Handtücher im Waschraum immer sauber; die Handtücher waren ein Grund, weshalb die indianische Tellerwäscherin im Allgemeinen länger blieb. Während die Küchenhilfe das letzte Geschirr vom Abendessen abwusch, steckte die Tellerwäscherin ihrerseits in der Waschküche des Kochhauses die Handtücher in die Waschmaschinen. Sie ging erst nach Hause, wenn der Waschgang beendet war und sämtliche Handtücher in die Trockner gepackt waren.
Die Tellerwäscherin wurde Indianer-Jane genannt, auch wenn natürlich niemand sie so rief. Danny Baciagalupo mochte sie, und sie schien an dem Jungen einen Narren gefressen zu haben. Sie war über zehn Jahre älter als sein Dad (sie war sogar älter als Ketchum), und sie hatte einen Sohn verloren - offenbar war er im Pemigewasset ertrunken, falls Danny die Geschichte richtig verstanden hatte. Vielleicht aber waren Jane und ihr toter Sohn auch aus der Gegend namens Pemigewasset Wilderness, New Hampshire, nordwestlich der Sägewerke in Conway, und der Sohn war anderswo ertrunken. Nördlich von Milan, wo das Fichtensägewerk stand, begann eine noch größere, ungezähmte Wildnis, und dort oben gab es weitere Holzfällerlager und jede Menge Stellen, an denen ein junger Holzfäller ertrinken konnte. (Jane hatte Danny erzählt, Pemigewasset bedeute »Gasse der schiefen Kiefern«, und für den Jungen mit seiner lebhaften Phantasie klang das nach einem Ort, an dem man leicht ertrinken konnte.)
Eigentlich erinnerte sich Dan nur noch daran, dass es ein Triftunfall in der Wildnis gewesen war, und so zärtlich, wie die Tellerwäscherin den Sohn des Kochs ansah, musste ihr Sohn wohl ungefähr zwölf gewesen sein, als er ertrank. Danny wusste es nicht, und er fragte auch nicht. Alles, was er über Indianer-Jane wusste, hatte er beobachtet oder sich zusammengereimt.
»Man hört keine Gespräche mit, die für anderer Leute Ohren bestimmt sind, Daniel«, hatte sein Vater ihm eingeschärft. Damit meinte der Koch, Danny solle nicht den Gesprächsfetzen oder unzusammenhängenden Bemerkungen der Männer beim Essen lauschen.
An den meisten Abenden tranken die Holzfäller und Sägewerksarbeiter nach dem Essen - aber nicht so hemmungslos wie zur Zeit der Wanigans und in der Regel nicht, wenn am nächsten Morgen eine Trift anstand. Die wenigen, die
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