Letzte Worte

Nobelviertel. Reiche können ihre Süchte viel besser verstecken. « Sie bremste vor der roten Ampel an der Main Street. » Avondale ist okay, ungefähr das, was man erwarten würde, vorwiegend Mittelklasse, berufstätige Mütter, die ein bisschen Meth rauchen, nachdem sie die Kinder zu Bett gebracht haben. Madison ist der Problemfall. Sehr arm, hohe Arbeitslosigkeit, staatliche Mittagessenszuschüsse für hundert Prozent der Kinder. Wir haben ein paar kleine Gangs, die Meth verhökern, aber die bringen sich eher gegenseitig um und nicht die normalen Bürger. Im Polizeibudget gibt’s nicht viel Geld für verdeckte Operationen. Wir fangen sie ein, so gut wir können, aber sie sind wie Schaben. Mach eine weg, und zehn andere kommen, um ihren Platz einzunehmen. «
    » Können Sie sich vorstellen, dass Tommy gedealt hat? «
    Ihr Lachen war echt. » Soll das ein Witz sein? «
    » Nein. «
    » Absolut nicht. « Sie schüttelte entschieden den Kopf. » Wenn er es getan hätte, dann hätte Mrs Barnes es noch vor Darla zum Telefon geschafft. Es gab zu viele Menschen in seinem Leben, die ihn zu genau beobachteten. «
    » Was ist mit Allison? Könnte sie was genommen haben? «
    Lena dachte ernsthaft darüber nach. » Wir haben bei ihr rein gar nichts entdeckt, das nach Drogen schreit. Sie kam kaum über die Runden, lebte in einem Loch von einem Haus. Ihre Noten waren gut. Sie hat keinen einzigen Tag im College gefehlt. Falls sie dealte, machte sie es schlecht, und falls sie Drogen nahm, hielt sie sich ziemlich gut. «
    » Alles gute Argumente. « Er wechselte das Thema. » Es ist wirklich sehr günstig, dass Jason Howell starb, bevor wir ihn befragen konnten. «
    Sie starrte die Ampel an, überlegte sich, ob sie sie einfach ignorieren sollte. » Ich schätze, der Mörder hatte Angst, dass er reden könnte. «
    » Vielleicht. «
    » Hat Sara irgendetwas gefunden? «
    » Nichts Bemerkenswertes. «
    Lena warf Will einen Blick zu. Dinge auslassen konnte er sehr gut.
    Er zuckte die Achseln. » Mal sehen, was sie bei den Autopsien findet. «
    Endlich sprang die Ampel um. Lena riss das Lenkrad zur Seite. Die Hinterräder drehten durch, als sie aufs Gaspedal stieg. » Hören Sie, ich weiß, dass Sie mit ihr schlafen. «
    Will lachte überrascht auf. » Okay. «
    » Ist ja nichts Schlechtes « , sagte sie, obwohl sie das Eingeständnis schmerzte. » Ich kannte Jeffrey. Ich habe fast meine ganze Laufbahn mit ihm verbracht. Er war nicht der Typ, der sein Herz auf der Zunge trug, aber bei Sara, da wusste jeder, was Sache war. Er würde wollen, dass sie wieder jemand en fi ndet. Sie ist nicht der Mensch, der gut allein sein kann. «
    Einige Sekunden lang sagte er nichts. » Ich finde es nett von Ihnen, dass Sie das gesagt haben. «
    » Na ja, ich warte nicht gerade mit angehaltenem Atem darauf, dass sie was Nettes über mich sagt. « Lena schaltete die Scheibenwischer auf die höchste Stufe, als heftiger Regen gegen das Auto klatschte. » Ich bin mir sicher, sie hat Ihnen viele Geschichten erzählt. «
    » Was hätte Sie mir erzählen können? «
    » Nichts Gutes. «
    » Hat sie recht? «
    Jetzt war es Lena, die lachte. » Sie stellen gerne Fragen, auf die Sie die Antwort bereits kennen. « Ihr Handy klingelte, die ersten Takte von Hearts » Barracuda « plärrten durchs Auto. Sie schaute auf die Anruferkennung. Frank. Lena schickte den Anruf an die Voice-Mail.
    » Warum hat das College Ihre Durchwahlnummer, wenn es ein Problem melden will? «, fragte er.
    » Ich kenne die Jungs vom Sicherheitsdienst. «
    » Aus der Zeit, als Sie dort gearbeitet haben? «
    Sie wollte ihn schon fragen, wie er das herausgefunden hatte, aber sie wusste, sie würde keine vernünftige Antwort bekommen. » Nein, ich kenne sie aus meiner Zeit als Verbindungsbeamtin. Die Jungs, die dort waren, als ich dort arbeitete, sind alle schon weg. «
    » Frank halst Ihnen wohl einen Großteil der Arbeit auf. «
    » Ich schaffe das « , sagte sie, merkte aber schnell, dass das nicht mehr wichtig war. Von jetzt an würden die einzigen Anrufe, die frühmorgens in ihr Haus kamen, von Leuten stammen, die sich verwählt hatten.
    » Wie sieht die Sicherheitsstrategie auf dem Campus aus? Immer noch so wie zu Ihrer Zeit? «
    » Nach Virginia Tech hat sich vieles verändert. «
    Will wusste natürlich über das Collegemassaker Bescheid, das schlimmste in der amerikanischen Geschichte.
    » Sie wissen doch, wie Institutionen funktionieren– sie arbeiten reaktiv, nicht präventiv. Der