Letzte Worte

Titel: Letzte Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter

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ein Papierstreifen heraus.
    Will schlug die entsprechende Seite auf. Es war eine Hälfte eines linierten Blatts. Auf der einen Seite sah man, dass es aus einem Spiralbuch herausgerissen worden war, auf der anderen standen zwei Zeilen Text. Nur Großbuchstaben. Mit Kugelschreiber. Will starrte das erste Wort an, versuchte, die Buchstaben zu erkennen. Wenn er müde war, las er immer am schlechtesten. Seine Augen wollten nicht fokussieren. Er hielt das Blatt vor die Kamera und sagte: » Würdest du mir die Ehre erweisen? «
    Zum Glück fand Charlie diese Bitte nicht merkwürdig. Mit seiner Kamerastimme sagte er: » Dies ist ein Blatt, das in der pinkfarbenen Tasche gefunden wurde, die angeblich dem Opfer gehörte. Darauf steht: ›Ich muss mit dir reden. Wir treffen uns am gewohnten Ort.‹ «
    Will schaute sich die Zeilen noch einmal an. Jetzt, da er wusste, was dort stand, konnte er den Text besser entziffern. Zu Charlie sagte er: » Das ›Ich‹ kommt mir bekannt vor. Es sieht ganz ähnlich aus wie das auf dem falschen Abschiedsbrief. « Er deutete für die Kamera auf die Reißspuren am unteren Rand des Blatts. » Die am See gefundene Notiz wurde auf die untere Hälfte eines in zwei Teile gerissenen Blatts geschrieben. « Will wiederholte, was Charlie eben vorgelesen hatte. » ›Ich muss mit dir reden. Wir treffen uns am gewohnten Ort.‹ Und dann muss man hinzufügen, was auf dem falschen Abschiedsbrief steht, nämlich: ›Ich will es vorbei haben.‹ «
    » Ergibt durchaus einen Sinn. « Charlies Stimme veränderte sich wieder, als er ankündigte, dass er die Aufnahme beenden werde. Er war so klug, ihre Spekulationen nicht aufzunehmen, denn ansonsten könnte ein künftiger Strafverteidiger sie vor Gericht verwenden.
    Will starrte die Buchstaben auf der Seite an. » Was meinst du: Hat das ein Mann oder eine Frau geschrieben? «
    » Ich habe keine Ahnung, aber es passt nicht zu Allisons Handschrift. « Will vermutete, dass er die Zeilen mit Allisons Notizen in dem Spiralbuch verglich. Charlie fuhr fort: » Ich habe in Jasons Zimmer einige seiner Notizen gesehen. Er schrieb alles nur in Großbuchstaben, wie das da. «
    » Warum sollte Allison von Jason so eine Nachricht bekommen? «
    » Er hätte ein Komplize bei ihrem Mord sein können «, vermutete Charlie.
    » Möglich. «
    » Und dann beschloss der Mörder, keine Zeugen zu hinterlassen. «
    Allmählich bekam Will Kopfschmerzen. Irgendwie stimmte diese Theorie nicht.
    Charlie fuhr fort: » Ich bin kein Profi, aber ich würde sagen, die Schrift in Allisons Tagebuch passt zu der Schrift auf dem Pillenfläschchen. «
    » Ihr Tagebuch? «
    » Das blaue Notizbuch. Es ist offensichtlich eine Art Tagebuch. «
    Will blätterte es durch. Knapp die Hälfte der Seiten war beschrieben. Der Rest war leer. Er schaute auf die Beschriftung vorn auf dem Plastikdeckblatt. Fett gedruckt stand dort die Zahl250 in einem Kreis. Er nahm an, dass es die Gesamtzahl der Seiten war. » Ist das nicht eine komische Wahl für ein Tagebuch? «
    » Sie war einundzwanzig Jahre alt. Hast du vielleicht so ein Kleinmädchending mit Ledereinband und Schloss mit Schlüsselchen erwartet? «
    » Eher nicht. « Will blätterte noch einmal durch die Seiten. Allisons Handschrift war grässlich, aber ihre Zahlen waren lesbar. Über jedem Eintrag stand ein Datum. Einige Einträge waren bis zwei Absätze lang, manchmal waren es nur eine Zeile oder zwei. Er blätterte zum letzten Eintrag. » Dreizehnter November. Das war vor zwei Wochen. Bis zu diesem Tag schrieb sie ziemlich regelmäßig. « Er blätterte zur ersten Seite. » Der erste Eintrag stammt vom ersten August. Das ist ein ziemlich neues Tagebuch. «
    » Vielleicht fängt sie jedes Jahr an ihrem Geburtstag ein Neues an. «
    Will erinnerte sich an Saras Notizen auf der Weißwandtafel im Bestattungsinstitut. Allison hatte zwei Tage vor Angie Geburtstag. » Sie wurde im April geboren. «
    » Wollte ja nur mal spekulieren. « Charlie nahm die Kamera wieder zur Hand. » Schätze, wir sollten ein bisschen was davon auf Band bekommen. Sticht dir sonst noch irgendwas ins Auge? «
    Will starrte das aufgeschlagene Tagebuch an. Allisons Handschrift sah aus wie eine Ansammlung von Schleifen und Krakeln. Er klopfte sich auf die Tasche. » Ich habe meine Brille im Handschuhfach gelassen. «
    » Pech. « Charlie schaltete die Kamera ab. » Ich fahr dich zu deinem Auto, damit du anfangen kannst. Mit dem hier und dann noch mit dem Braham-Haus muss ich mich wohl auch