Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet
ist einfach ein ganz normaler Mann.« Ich verstand nicht, warum wir nebeneinander im Gebüsch hocken mussten.
»Ist er eben nicht«, flüsterte Sandro. Obwohl er sehr aufgeregt war, stotterte er seltsamerweise nicht. »Er ist der neue Freund meiner Mutter. Und, wie findest du ihn?«
Für mich sah der Mann genauso aus wie jeder andere auch. Aber ich wollte Sandro nicht enttäuschen. Obwohl ich mich sehr wunderte, warum er ausgerechnet mich fragte. Aber vielleicht tat er das nur, weil ich gerade vorbeigekommen war.
»Sieht nett aus«, sagte ich.
»Nett?«, schimpfte Sandro leise neben mir. »Die Bä… Bä… Bäckersfrau ist nett und der Po… Po… Postmann. Leute, die mir e… e… egal sind, die si… sind nett. Aber der neue Freund meiner Mu… Mu… Mutter kann doch nicht einfach nur nett sein.«
»Er ist bestimmt ganz toll, ehrlich. Er liebt deine Mutter sicher sehr, kann man ja sehen. Und er mag bestimmt auch Kinder. Ganz besonders zehnjährige Jungs«, beeilte ich mich zu sagen.
»Meinst du wirklich?«, fragte Sandro zweifelnd. Er machte ein Gesicht wie Oma, als Mama ihr einmal eine Portion Sushi zum Abendessen vor die Nase gesetzt hatte.
»Klar«, sagte ich und schaute dem Paar hinterher, das Arm in Arm davonschlenderte.
Oma hatte das Sushi nicht gegessen.
Ich krabbelte aus dem Gebüsch.
Sushi ist übrigens roher Fisch mit Reis.
»Tschüss«, sagte ich und Sandro sagte auch Tschüss.
In der Nacht erwischte mich Papa, als ich heimlich unter meiner Bettdecke fernsah. Eigentlich lief gar nichts Interessantes. Nur so eine langweilige Gesprächsrunde über irgendwelche weltbekannten Bücher. Ein geheimnisvoller Professor hatte darüber geschrieben, wie man seine Kinder richtig erzieht. Geheimnisvoll war er deswegen, weil ihn noch nie ein Mensch gesehen hatte und angeblich wusste auch niemand, wo er lebte. Das sagte jedenfalls der Moderator, als er sich dafür entschuldigte, dass der geheimnisvolle Professor nicht in die Sendung gekommen war. Der Professor und seine Bücher waren mir aber ziemlich egal. Schließlich wollte ich nur mal schauen, ob der Empfang auf dem alten DS funktionierte.
Als Papa das Gerät erkannte, schimpfte er gar nicht. Er fuhr durch meine Stoppeln, genau wie Oma. Dann sagte er: »Der Apfel fällt nicht weit vom Stammm«, und ging einfach in sein Zimmer zurück. Dass er am Abend ganz vergessen hatte, meine Haare mit dem Scherdingsbums zu schneiden, war ihm gar nicht aufgefallen.
Aber die Prinzessin bemerkte es. Am Montag vor fünf Wochen stand sie nach der ersten Stunde vor meinem Tisch. Ich war gerade damit beschäftigt an meinem Plan für den besten Computer der Welt zu zeichnen.
»Was ist denn mit deinen Haaren los?«, fragte die Prinzessin in meine Gedanken hinein. Ich war ganz überrascht, denn die Prinzessin hatte noch nie ein Wort mit mir gesprochen. Sie hatte die Stirn gerunzelt.
»Wieso?«, fragte ich.
»Heute ist Montag. Am Montag hast du immer den Kopf frisch geschoren. Heute nicht.«
Ich hatte schon gar nicht mehr daran gedacht. Aber der Blick der Prinzessin traf mich wie ein Blitz. Es schien sogar ein bisschen in der Luft zu knistern. Da verstand ich plötzlich, dass es sie nervös machte, dass mein Kopf nicht geschoren war. So wie es sie nervös machte, wenn ihre Stifte nicht die gleiche Länge hatten.
»Mein Vater hat es vergessen«, erklärte ich ihr schnell, damit sie sich nicht länger aufregen musste.
»Aha. Sehr seltsam«, murmelte sie und wollte an ihren Platz zurückgehen. Doch sie stieß mit Sandro zusammen, der gerade durch den Klassenraum rannte. Es gab einen wilden Tumult und die beiden lagen in die Haare von Sandro und die Bänder und Röcke der Prinzessin verwickelt am Boden. Es sah aus wie eine lustige Theatervorführung. Darum mussten auch alle lachen.
»Angebranntes Bügelbrett!«, schimpfte die Prinzessin und Sandro hielt sein »Es tut mir leid«-Schild hoch.
Es dauerte eine ganze Weile, bis alle Haare wieder bei Sandro und alle Bänder bei der Prinzessin waren und jeder auf seinen Platz gehen konnte. Nur eines der rosa Bänder war abgerissen und blieb am Boden liegen. Die ganze nächste Stunde sah die Prinzessin immer wieder mit gerunzelter Stirn zwischen mir und dem rosa Band hin und her. Sie tat mir auf einmal leid. Darum meldete ich mich.
»Ja, bitte Kurt, was gibt es?«, fragte Frau Müller und war ganz erstaunt, dass ich mich meldete.
»Darf ich bitte meine Mütze aufsetzen?«
Die anderen kicherten.
»Aber Kurt, du weißt doch,
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