Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet
dass es unhöflich ist, einen Hut in geschlossenen Räumen zu tragen«, sagte Frau Müller und ihre große Frisur wackelte ein bisschen.
Ich hätte sagen können, dass meine Mütze kein Hut war. Und dass es außerdem ganz schön stickig war und wir die Fenster öffnen sollten und dass wir dann auch nicht mehr in einem geschlossenen Raum sitzen würden. Aber das sagte ich natürlich nicht. Mir wären auch gar nicht so viele Worte eingefallen.
»Es ist wegen der Prinzessin«, sagte ich stattdessen. »Weil meine Haare heute doch länger sind als sonst immer montags.«
Ich war mir sicher, dass Frau Müller sich ärgern oder lachen oder erstaunt sein würde. Aber Frau Müller lächelte. »Das ist sehr nett von dir, Kurt. Setze deine Mütze ruhig auf.«
Ich setzte also die Mütze auf und die Prinzessin schaute kein einziges Mal mehr zu mir herüber. Da wünschte ich, ich hätte die Mütze doch nicht aufgesetzt.
Am Abend bat ich Papa per E-Mail, meine Haare zu schneiden. Er ging dann auch gleich mit mir ins Bad und kramte das Scherdingsbums aus dem Schrank. Als ich sah, dass er nicht vergessen hatte, seinen eigenen Kopf zu scheren, da wunderte ich mich doch etwas.
Dann passierte die Sache mit meinem Hemd. Oma bügelt furchtbar gerne. Jeden Dienstag stellt sie mit viel Tamtam ein riesiges Bügelbrett mitten ins Wohnzimmer. Dann schaltet sie das Radio ein und bügelt. Dabei pfeift sie laut die Volkslieder mit, die aus dem Radio dudeln. Oma kann super pfeifen. Das ist sehr gut, denn sonst würde mir ihr Gepfeife bestimmt auf die Nerven gehen. Oma bügelt nämlich stundenlang. Darum pfeift sie auch stundenlang. Ich besitze genau sieben Hemden, für jeden Tag der Woche ein ganz bestimmtes.
An jenem Mittwoch vor fünf Wochen saß ich gerade mit Max zusammen. Ich erklärte ihm eine Rechenaufgabe: Wie viel Saft kann man aus sechs Orangen pressen, wenn eine Orange so viel Saft hat, dass man ein Glas von 150 Milliliter Größe damit füllen kann? Max stand irgendwie auf dem Schlauch und ich überlegte gerade, wo ich auf die Schnelle sechs Orangen herbekam, als die Prinzessin an meinen Tisch trat.
»Du hast dein Dienstagshemd an. Dabei ist heute Mittwoch«, unterbrach sie uns und blitzte mich mit ihren Sternenaugen an.
Natürlich wusste ich das. Am Morgen hatte ich in meinem Kleiderschrank nämlich nur sieben leere Kleiderbügel gefunden. Sonst hängen da eigentlich jeden Mittwoch sieben frisch gebügelte Hemden. Darum war ich einfach noch einmal in das Hemd vom Dienstag geschlüpft. Ich erklärte das der Prinzessin. Doch sie drehte sich wortlos um. Sie schaute nach rechts und links und als der Weg frei war, ging sie zu ihrem Platz zurück. Max schaute zwischen uns hin und her und schüttelte verwundert den Kopf.
»Irgendwie seid ihr zwei seltsam«, sagte er.
Aber das war ja nichts Neues.
Ich war nicht der Einzige, bei dem der Prinzessin ungewöhnliche Dinge auffielen. In der Pause hörte ich sie Johannes fragen, warum er nicht wie sonst ein Siebenkörnerbrot mit Gurken und Möhrenraspeln zum Frühstück aß. Johannes’ Eltern sind nämlich Vegetarier und sehr gesundheitsbewusst. Darum muss Johannes auch Vegetarier sein. Manchmal tauscht er mit mir das Frühstück, weil er es nicht immer toll findet, Vegetarier zu sein. Mir schmeckt das Brot, das ihm seine Mutter macht. Aber an jenem Mittwoch brauchte Johannes nicht zu tauschen, denn er hatte Kuchen dabei. Er erklärte der Prinzessin, dass seine Mutter ihm keine Frühstücksdose hingelegt hatte. Und darum hatte er einen Euro aus seinem Sparschwein genommen und war vor der Schule noch schnell zum Bäcker gelaufen.
Dann fragte die Prinzessin Sandro, warum er seine langen Haare nicht wie sonst gekämmt hatte. Als sie Sandros Antwortzettel las, runzelte sie die Stirn. Ich wollte gerne wissen, was Sandro geschrieben hatte. Darum fischte ich nach der Schule den Zettel aus dem Papierkorb. Das dauerte ganz schön lange, denn es lagen bestimmt 20 Stück davon drin.
Ein Dreiviertelliter
stand auf einem und
Nur wenn die Sonne scheint
auf einem anderen. Auf einem Zettel las ich:
Das macht meine Mutter. Sie hat heute nicht daran gedacht.
Das war bestimmt die Antwort auf die Frage der Prinzessin.
Wahrscheinlich hätte ich die ganze Sache schnell wieder vergessen. Aber am nächsten Tag wartete die Prinzessin nach der Schule auf mich. Erst lief sie eine Weile neben mir her ohne ein Wort zu sagen. Das war mir sehr recht, denn ich war ganz durcheinander, dass sie auf mich gewartet
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