Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lewis, Michael

Lewis, Michael

Titel: Lewis, Michael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: The Big Short
Vom Netzwerk:
was ich über
Ihre Risikomodelle gesagt habe? Ich schätze, ich hatte Recht, was?« Aber sofort
bereute er erstaunlicherweise, dass er es laut ausgesprochen hatte. »Ich hatte
ein schlechtes Gefühl deswegen«, erzählte Eisman. »Es war widerlich. Er war
ein netter Kerl. Er hatte nur Unrecht. Ich war kein Underdog mehr. Und ich
musste mich anders benehmen.«
    Valerie
Feigen beobachtete nahezu fassungslos, wie ihr Mann nach und nach zögernd eine
Eigenschaft entwickelte, die an Takt erinnerte. »Nachdem alles eingetroffen
war, herrschte eine Leere«, erklärte sie. »Sobald sich herausstellte, dass er
Recht hatte, verschwanden die ganze Anspannung, Wut und Energie und
hinterließen eine große Leere. Er machte noch eine Weile sein Ego-Ding weiter.
Er war wirklich vollkommen mit sich beschäftigt.« Eisman hatte den unausweichlichen
Untergang so lautstark vorhergesagt, dass nun alle erdenklichen Leute, von
denen man es am wenigsten erwartet hätte, hören wollten, was er zu sagen hatte.
Nach der Tagung in Las Vegas hatte er wegen eines Parasitenbefalls einen Arzt
aufsuchen müssen. Dem behandelnden Arzt hatte er erklärt, dass die Finanzwelt
in ihrer gegenwärtig bekannten Form vor ihrem Ende stünde. Als er ein Jahr
später bei demselben Arzt eine Darmspiegelung machen ließ und ausgestreckt auf
der Liege lag, hörte er den Arzt hinter ihm sagen: »Das ist der Mann, der die
Krise vorhergesagt hat! Kommen Sie alle rein und hören Sie sich das an.« Und so
erzählten sich Ärzte und Krankenschwestern während Eismans Darmspiegelung die
Geschichte seiner Genialität.
    Für
Eismans Frau nutzte sich die Geschichte seiner Genialität bald ab. Seit Langem
hatte sie mit dem Therapeuten ihres Mannes eine Art sozialen Nottrupp gebildet.
»Wir rüttelten ihn auf und sagten: >Du musst diesen Mist einfach
abschütteln<. Und er kapierte es. Er fing an, nett zu sein. Und es gefiel
ihm, nett zu sein! Es war für ihn eine neue Erfahrung«. Sie und andere
entdeckten rundum greifbare Belege, dass er sich veränderte, beispielsweise bei
der Weihnachtsparty im Nachbarhaus. Sie hatte nicht vorgehabt, Eisman auch nur
davon zu erzählen, da sie nie wusste, was er tun oder sagen würde. »Ich versuchte
einfach, mich aus der Wohnung zu schleichen«, erzählte sie. »Aber er hielt mich
auf und sagte: >Wie sieht das denn aus, wenn ich nicht mitgehe?<« Seine
aufrichtige Sorge schockierte sie so, dass sie ihm eine Chance gab. »Du kannst
mitkommen, aber du musst dich benehmen«, erwiderte sie. Darauf antwortete
Eisman: »Mittlerweile kann ich mich benehmen.« Also nahm sie ihn mit auf die
Weihnachtsparty, und er war so liebenswürdig, wie er nur konnte. »Er ist
umgänglich geworden, das muss man sich mal vorstellen«, sagte Valerie.
    Am
Nachmittag des 18. September 2008 schlenderte dieser neue, sich bessernde Eisman
auf seine Kollegen zu, die auf den Stufen der St. Patrick's Cathedral saßen.
Für Fußwege brauchte er immer sehr lang. »Steve geht so verdammt langsam«,
verriet Danny. »Er geht wie ein Elefant, der nur so große Schritte machen kann
wie ein Mensch«. Es war herrliches Wetter, einer jener seltenen Tage, an denen
der blaue Himmel durch den Wolkenkratzerwald drang und die Seele wärmte. »Wir
saßen nur da und schauten uns die Leute an, die vorbeigingen«, erzählte Danny.
    Gut
eine Stunde saßen sie gemeinsam auf den Stufen der Kathedrale. »Als wir da so
saßen, waren wir seltsam ruhig«, berichtete Danny. »Wir fühlten uns wie
abgeschirmt gegen die ganze Marktrealität. Wir saßen einfach da, sahen die
Leute vorbeigehen und redeten darüber, was als Nächstes passieren könnte. Wie
viele dieser Leute würden ihren Job verlieren? Wer würde diese Gebäude mieten,
wenn sämtliche Wall-Street-Firmen pleitegemacht hätten?«
    Porter
Collins fand: »Es war, als ob die Welt stehen geblieben wäre. Wir schauten alle
diese Leute an und sagten: >Sie sind entweder schon ruiniert oder stehen
kurz vor dem Ruin.<« Davon abgesehen gab es bei FrontPoint kein sonderliches
Händeringen. Es war genau das eingetreten, worauf sie gewartet hatten: der
völlige Zusammenbruch.
    Schon
sechs Wochen zuvor hatte Eisman erklärt: »Die Investmentbankenbranche ist am
Ende. Diese Burschen fangen gerade erst an zu kapieren, wie geliefert sie sind.
Das ist, als ob man ein Scholastiker vor Newton wäre. Newton kommt daher, und
eines Morgens wachst du auf: >Heilige Scheiße, ich liege falsch!<« Lehman
Brothers war verschwunden, Merrill Lynch hatte

Weitere Kostenlose Bücher