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Lewis, Michael

Lewis, Michael

Titel: Lewis, Michael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: The Big Short
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unschuldig.
    Schließlich
war es tatsächlich unwahrscheinlich, dass erstklassige Unternehmen aus
verschiedenen Ländern und Branchen gleichzeitig zahlungsunfähig werden könnten.
Die von AIG FP verkauften Credit Default Swaps, mit denen Pools solcher
Anleihen versichert wurden, erwiesen sich als gutes Geschäft. 2001 durfte man
von AIG FP, an dessen Spitze inzwischen ein Mann namens Joe Cassano stand, 300
Millionen US-Dollar Jahresgewinn erwarten -15 Prozent des Gesamtertrags von
AIG.
    Doch
Anfang des 21. Jahrhunderts gingen die Finanzmärkte dann in zwei Schritten zu
ihrer unglaublichen Lockvogeltaktik über. In der ersten Phase wurde eine
Formel, die entwickelt worden war, um der Risiken von Unternehmensanleihen Herr
zur werden, auf Verbraucherkreditrisiken umgemünzt. Die Banken, die AIG FP
zuvor in Anspruch genommen hatten, um Darlehen an IBM und GE zu versichern,
kamen nun mit viel heikleren Kreditpaketen an, darunter Kreditkartenforderungen,
Ausbildungsdarlehen, Autokredite, Ersthypotheken, Flugzeug-Leasing und sonst
noch allem, was Zahlungsströme generierte. Da es sich dabei um viele
verschiedene Arten von Krediten für ganz unterschiedliche Empfänger handelte,
schien die Logik, die man für Unternehmensanleihen herangezogen hatte, auch auf
sie anwendbar: Sie waren so breit gestreut, dass sie kaum alle gleichzeitig in
Verzug geraten würden.
    In
der zweiten Phase, die Ende 2004 begann, wurden Ausbildungsdarlehen,
Autokredite und Sonstiges durch größere Pakete verdrängt, die ausschließlich
aus minderwertigen US-Hypotheken bestanden. »Das Problem«, wie es ein Trader
von AIG FP formulierte, »ist, dass wir es plötzlich mit etwas ganz anderem zu
tun hatten, fälschlicherweise jedoch davon ausgingen, es sei dasselbe, was wir
die ganze Zeit über schon gemacht hatten.« Die Bündel von
»Verbraucherkrediten«, die Wall-Street-Firmen unter Führung von Goldman Sachs
bei AIG FP versichern wollten, bestanden anfangs zu 2 Prozent und am Ende zu 95
Prozent aus Subprime-Hypotheken. Innerhalb von Monaten kaufte AIG FP effektiv
mit BBB bewertete Subprime-Hypothekenanleihen im Wert von über 50 Milliarden
US-Dollar, indem es sie gegen Ausfall versicherte. Und immer noch erhob niemand
Einwände - nicht AIG-CEO Martin Sullivan, nicht AIG-FP-Chef Joe Cassano und
auch nicht der im AIG-FP-Büro in Connecticut stationierte Mitarbeiter, der
dafür zuständig war, die Kreditausfallversicherungsdienste des Unternehmens an
die großen Wall-Street-Firmen zu verkaufen - AI Frost. Nach allem, was man
hört, wurden die Deals bei AIG FP intern und dann nochmals in der Chefetage von
AIG unbesehen abgenickt. Alle Beteiligten gingen offenbar davon aus, dass sie
Versicherungsprämien für die Übernahme von Risiken einnahmen, die mehr oder
minder den Risiken glichen, die man schon seit fast zehn Jahren hereinnahm.
Doch dem war nicht so. De facto war AIG mittlerweile weltweit der größte
Inhaber von Subprime-Hypothekenanleihen.
    Gregg
Lippmann beobachtete, wie seine Kollegen bei Goldman Sachs jemanden aufspürten
und ausnutzten, der bereit war, in rauen Mengen günstige Versicherungen für
minderwertige Hypothekenpapiere zu verkaufen, und erriet auf Anhieb, wer das
war. In der kleinen Welt der Verbriefer und Händler von zweitklassigen
Hypothekenanleihen verbreitete sich die Kunde schnell: AIG FP verkaufte inzwischen
Credit Default Swaps für mit AAA benotete Subprime-Anleihen für nur 0,12
Prozent pro Jahr. Zwölf Basispunkte! Lippmann wusste nicht genau, wie es
Goldman Sachs gelungen war, AIG FP dazu zu überreden, auf dem florierenden
Markt für minderwertige Hypotheken die gleichen Dienste anzubieten wie auf dem
Markt für Unternehmensanleihen. Er wusste nur, dass Goldman Sachs in rascher
Folge Transaktionen über mehrere Milliarden US-Dollar auf die Beine stellte,
die die Verantwortung für sämtliche künftigen Verluste aus mit BBB bewerteten
Subprime-Hypothekenanleihen über 20 Milliarden US-Dollar auf AIG übertrugen. Es
war unglaublich: Im Austausch gegen ein paar Millionen US-Dollar pro Jahr
übernahm diese Versicherungsgesellschaft die ausgesprochen realen Risiken, dass
sich 20 Milliarden US-Dollar in Schall und Rauch auflösten. Die Transaktionen
mit Goldman gingen innerhalb von Monaten über die Bühne. Es waren nur ein paar
Typen in der Rentenhandelsabteilung von Goldman und ein Goldman-Vertriebsmann
namens Andrew Davilman nötig, der für seine Leistungen bald auf einen
Geschäftsführerposten befördert werden

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