Lewis, Michael
gemacht wurde, die die
Unternehmen nicht auf geradem Wege an den Mann bringen konnten. Niemand wollte
einen CDO-Manager, der zu viele peinliche Fragen stellte.
Der
Rentenmarkt hatte einen, wie sich im Nachhinein herausstellen sollte,
Doppelagenten geschaffen - eine Persönlichkeit, die die Interessen der Investoren
zu vertreten schien, obschon sie sich in Wirklichkeit eher für die Interessen
der Rentenhandelsabteilungen der Wall Street engagierte. Die sogenannten »Eigenkapital-«
oder »Erstverlusttranche« des CDO verblieb beim CDO-Manager, um die großen
Investoren, die ihm ihre Milliarden anvertraut hatten, in der Sicherheit zu
wiegen, dass ihr Geld bei ihm in guten Händen war. Er hielt also den Teil, der
als Erster seinen Wert verlor, wenn die Subprime-Darlehen, aus denen am Ende
die Zahlungsströme eines CDO stammten, in Verzug gerieten. Der CDO-Manager
schöpfte dafür eine Gebühr von 0,01 Prozent ab, und zwar, bevor seine
Investoren auch nur einen Cent sahen, und eine weitere Gebühr in ähnlicher Höhe
dann am Ende, wenn die Investoren ihr Geld zurückerhielten. Das klingt zunächst
nicht nach viel, aber wenn man zig Milliarden US-Dollar mit geringem Aufwand
und ohne jegliche Gemeinkosten verwaltet, dann kommt auf diese Weise schon
eine erkleckliche Summe zusammen. Ein paar Jahre zuvor hatte Wing Chau noch
140000 US-Dollar im Jahr als Portfolio-Manager einer New Yorker Lebensversicherungsgesellschaft
verdient. Im ersten Jahr als CDO-Manager verdiente er 26 Millionen US-Dollar -
dafür hätte er knapp 200 Jahre für die New Yorker
Lebensversicherungsgesellschaft arbeiten müssen.
Chau
erklärte Eisman leichtfertig, dass er ganz einfach alle Risiken, dass die
entsprechenden Eigenheimdarlehen nicht mehr bedient würden, auf die großen
Investoren übertragen habe, die ihn mit der Prüfung der Papiere betraut hatten.
Sein Job war der eines CDO-»Experten«, aber er verwendete nicht viel Zeit
darauf, sich damit zu befassen, woraus sich CDOs zusammensetzten. Sein Ziel,
erklärte er, war die Vermehrung des ihm anvertrauten Kapitals. Und darin war er
mittlerweile so gut, dass Harding Advisory ab Januar 2007 bis zum Zusammenbruch
des Marktes im September der weltweit größte Subprime-CDO-Manager war. Neben
anderen Errungenschaften hatte sich Harding einen Namen als Topkäufer für
Merrill Lynchs ehrfurchteinflößende CDO-Maschinerie gemacht, die nicht nur für
ihren hohen Ausstoß bekannt war (Merrill produzierte doppelt so viel wie die
anderen großen Fische der Wall Street), sondern auch für ihre Abfallprodukte
(ihre CDOs waren, wie sich später herausstellen sollte, mit Abstand die
schlechtesten). »Er >managte< die CDOs«, meinte Eisman, »aber bitte, was
heißt hier schon managen? Ich konnte es einfach nicht fassen, dass der Markt
für strukturierte Finanzprodukte so krank sein konnte und es zuließ, dass
jemand ein CDO-Portfolio managte, ohne selbst in CDOs engagiert zu sein. Die
Leute zahlten teures Geld dafür, dass jemand ihre CDOs >managte< - als ob
dieser Idiot sie in irgendeiner Weise unterstützte. Ich dachte mir: Du Arsch, dich interessieren
die Investoren doch einen Scheißdreck.« Chaus eigentlicher Job war es, als eine Art neuer
Frontmann für die Wall-Street-Firmen, die er »angeworben« hatte, tätig zu
werden. Die Investoren hatten einfach ein besseres Gefühl beim Kauf eines
Merrill-Lynch-CDOs, wenn dieses scheinbar nicht von Merrill Lynch verwaltet
wurde.
Es
gab natürlich einen Grund, weshalb Greg Lippmann Wing Chau neben Steve Eisman
platziert hatte. Wenn diesem Eismans Missbilligung aufgefallen war, ließ er
sich das nicht anmerken. Stattdessen sprach er in herablassendem Ton mit
Eisman. Ich
weiß das besser. »Dann sagte er etwas zu mir, dass mich beinahe umgehauen hätte«,
schilderte Eisman das Gespräch. »Er sagte nämlich: >Ich liebe Jungs wie Sie,
die sich auf meinem Markt auf Short-Seite engagieren. Ohne euch könnte ich gar
nichts kaufen.<«
Sagen
Sie das noch mal!
»Sagt
der doch glatt zu mir: >Je sicherer ihr euch seid, desto mehr Trades führt
ihr durch. Und je mehr Trades ihr durchführt, desto mehr kann ich kaufen.<«
In
diesem Augenblick erfasste Eisman den ganzen Wahnsinn dieser Maschinerie. Er,
Vinny und Danny hatten bei Goldman Sachs und der Deutschen Bank nebenbei auf
das Schicksal der mit BBB bewerteten Tranche von Subprime-Hypothekenpapieren
spekuliert, ohne dass ihnen in vollem Umfang bewusst gewesen wäre, weshalb
diese Unternehmen so heiß darauf waren. Nun
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