Lewis, Michael
Sand marschierte, sich den
Ball schnappte und aus dem Bunker warf. Die anderen taten sich schwer, ihm
diese Mogeleien vorzuwerfen, da er nicht den leisesten Versuch unternahm zu
verbergen, dass er seinem Spielerglück gegen alle Regeln nachhalf. Außerdem
erweckte er nicht den Eindruck, als halte er seine Spielweise für ungewöhnlich.
Auch als Eisman zum neunten Mal den Ball aus dem Sand holte oder so tat, als
wäre sein Ball nicht mitten im Wasser gelandet, gab er sich genauso unschuldig
wie beim ersten Mal. »Sein Gedächtnis ist dermaßen selektiv, dass bei ihm keine
Narben von früheren Erfahrungen festzustellen sind«, erzählte Vinny. Er spielte
Golf wie ein kleines Kind oder jemand, der sich einen Riesenspaß daraus machte,
ein heiliges Ritual zu verhöhnen, was im Grunde auf das Gleiche hinauslief.
»Das Komische daran ist«, sagte Danny, »er meint es bestimmt nicht böse, und er
ist kein schlechter Mensch.«
Nach
einer Runde Golf brachen sie zum Essen ins Hotel Wynn auf, zu dem die Deutsche
Bank geladen hatte. Es war das erste Mal für Eisman, dass er an einer Tagung
mit lauter Rentenmarktspezialisten teilnahm, und da er nicht wusste, was er
sonst hätte tun können, hatte er sich Greg Lippmann angeschlossen. Lippmann
hatte in einem Restaurant ein Nebenzimmer reserviert, und er hatte Eisman und
seinen Partner bestimmt noch mehr zu bieten als ein kostenloses Mittagessen.
»Selbst wenn es eine Tagesordnung gab, war immer noch etwas anderes geplant,
was nicht auf der Tagesordnung stand«, meinte Vinny. Lippman war dafür bekannt,
dass er die Leute nicht einfach so zum Essen einlud, sondern immer einen guten
Grund dafür hatte - die Frage war nur, welchen?
Wie
sich herausstellte, hatte Lippmann mit einem neuen Problem zu kämpfen: Die
Immobilienpreise in Amerika befanden sich im Sturzflug nach unten, die
Ausfallquoten bei Subprime-Krediten stiegen nach oben, doch die Kurse von mit
minderwertigen Hypotheken unterlegten Anleihen blieben fest - ebenso wie der
Preis für ihre Versicherungen. Lippmann saß de facto auf einer Short-Position
in Subprime-Hypothekenanleihen über 10 Milliarden US-Dollar, und die
Versicherungsprämien dafür summierten sich zu 100 Millionen US-Dollar im Jahr -
und ein Ende dieses Dilemmas war nicht in Sicht. »Sie hatten ihn an seinen
Eiern gepackt«, beschrieb Danny Lippmanns missliche Lage. Bislang war Lippmanns
gigantische Spekulation von Investoren wie Steve Eisman subventioniert worden,
da Lippmann eine Provision kassierte, wenn Credit Default Swaps gekauft und verkauft
wurden. Doch Investoren wie Steve Eisman verloren den Mut. Einige der
ehemaligen Mitstreiter von Lippmann vermuteten, dass der Markt für
Subprime-Hypothekenpapiere von der Wall Street manipuliert wurde, um
sicherzustellen, dass sich Credit Default Swaps nie auszahlen würden. Andere
fragten sich, ob die Investoren, die sich konträr engagiert hatten, vielleicht
mehr wussten als sie selbst, und wieder andere hatten einfach keine Lust mehr,
Versicherungsprämien zu zahlen, um gegen Anleihen zu spekulieren, die sich
kein Stück bewegten. Schließlich war es Lippmann, der dieses gigantische
Tauziehen inszeniert und ein Team dafür zusammengetrommelt hatte. Doch sein
Team befand sich Hals über Kopf auf der Flucht. Lippmann befürchtete, dass
auch Eisman aussteigen wollte.
Im
Teppan-Yaki-Raum im Restaurant Okada gab es vier Kochinseln, jede von ihnen mit
einem großen, gusseisernen Hibachi (einer Art Drehspieß) und einem
passionierten Koch. Lippmann sorgte dafür, dass jeweils ein Hedgefondsmanager,
den er zu Leerverkäufen von Subprime-Anleihen überredet hatte, mit Investoren
an einem Tisch neben so einer Kochinsel zusammensaß, die long engagiert waren.
Was er damit bezweckte? Er wollte, dass die Hedgefondsmanager sich selbst ein
Bild darüber machen konnten, wie dämlich die Investoren, die dagegen spekuliert
hatten, in Wirklichkeit doch waren. Er hoffte, dass sie endlich aufhören
würden, sich dauernd zu fragen, ob diese mehr wussten als sie selbst. Welch
hinterlistiger Plan: Danny und Vinny fragten sich die ganze Zeit, ob nicht sie
die Idioten an Lippmanns Tisch waren. »Wir hatten zwar eine Ahnung vom
Subprime-Kreditmarkt, und wir wussten auch, dass die Kredite kurz vor dem
Ausfall standen«, berichtete Vinny. »Doch wir hatten einfach kein Vertrauen in
die Rentenmarktmaschinerie. Der einzige Grund, weshalb wir in Vegas waren,
war, weil wir herausfinden wollten, wie man uns übers Ohr haut, wenn man
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