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Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (E-Book zu Print) (German Edition)

Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (E-Book zu Print) (German Edition)

Titel: Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (E-Book zu Print) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Passig , Aleks Scholz
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Kaum taut das Eis, finden sie sich bereitwillig zu größerer Dichte zusammen. Nur darum schwimmt Eis auf Wasser, was dazu führt, dass Flüsse und Seen von oben zufrieren. Viele Fische sind froh darüber.
    Zahlreiche Besonderheiten des Wassers haben damit zu tun, dass sich heißes Wasser in mancher Hinsicht anders benimmt als kaltes. Eine der bisher ungeklärten Anomalien aus dieser Liste heißt Mpemba-Effekt, und es geht dabei um die Frage, warum heißes Wasser manchmal schneller gefriert als kaltes. Zum ersten Mal beschrieben wurde das Phänomen von Aristoteles. Offenbar war es zu seiner Zeit üblich, Wasser, das abgekühlt werden sollte, zunächst in die Sonne zu stellen, weil das Erhitzen den darauffolgenden Kühlvorgang beschleunigt. Da schon zu viele Dinge nach den alten Griechen benannt sind, aber nur sehr wenige nach Afrikanern, einigten sich alle Fachleute darauf, den Effekt eine Weile professionell zu vergessen, damit ihn im Jahr 1963 Erasto Mpemba in Tansania wiederentdecken konnte. Mpemba sollte im Physikunterricht Eiscreme aus kochender Milch herstellen, und weil er Zeit sparen wollte, stellte er seine Mischung einfach heiß in den Kühlschrank. Damit hatte er gleich doppelt Zeit gewonnen, denn sein heißes Milch-Zucker-Gemisch gefror schneller als das kalte seiner Mitschüler. Mpemba brauchte sechs Jahre, mehrere Physiklehrer und viel Beharrlichkeit, bis man ihm dieses Ergebnis offiziell glaubte.
    Hat man einige Vorkenntnisse über die Physik von warmen und kalten Substanzen, muss man den Mpemba-Effekt für eine Legende halten. Das Abkühlen von Flüssigkeiten funktioniert im Idealfall wie ein Dauerlauf mit gleich bleibender Geschwindigkeit, wobei der Gefrierpunkt die Ziellinie ist. Stellt man zwei Gefäße, eines mit heißem, eines mit kaltem Wasser, nebeneinander in den Kühlschrank, dann sollte das kalte Wasser schneller gefrieren, weil die Entfernung von der Ausgangstemperatur zum Ziel kürzer ist. Unter bestimmten Bedingungen verhält es sich aber genau umgekehrt. Warum ist Wasser so unzuverlässig in dieser Angelegenheit? Offenbar unterscheidet sich das eine Wasser vom anderen Wasser nicht nur in der Temperatur, sondern auch in anderer Hinsicht. Für den Mpemba-Effekt könnten etwa die Wassermenge, der Gas- und Mineralstoffgehalt des Wassers, die Form und Art des Gefäßes, die Art des Kühlschrankes und natürlich die Temperatur eine Rolle spielen. All diese Parameter muss man unter Kontrolle halten, um das Phänomen zu untersuchen.
    Es gibt viele konkurrierende Erklärungen für den Mpemba-Effekt: Zum Beispiel dampft heißes Wasser und verliert so Moleküle, weshalb am Ende weniger übrig bleiben, die abgekühlt werden müssen. Eine zweite Möglichkeit sind die im Wasser gelösten Gase wie Kohlendioxid, die beim Erhitzen des Wassers entweichen. Eventuell verändert dies die Anordnung der Wassermoleküle auf eine Weise, die schnelleres Gefrieren gestattet. (Flüssiges Wasser hat tatsächlich ein «Gedächtnis» in dem Sinn, dass sich die Konfiguration seiner Moleküle je nach Behandlung verändert und sich das Wasser so «merkt», was mit ihm geschehen ist; allerdings vergisst es alles wieder, wenn man gründlich umrührt.) Vor kurzem schließlich wurde eine überraschend einfache Variante vorgeschlagen: Heißes Wasser hat einen geringeren Gehalt an Mineralstoffen, weil diese sich beim Erhitzen an der Gefäßwand ablagern (man kennt das von Teekesseln), und gefriert daher schneller. Die Anwesenheit von Salzen nämlich erschwert das Gefrieren, weswegen man Schnee heutzutage nur in Kombination mit Salz auf die Straßen streut. Eins haben alle diese Erklärungen gemeinsam: Keine von ihnen wurde bisher von den Wasserexperten einstimmig akzeptiert.
    Während sich der Mpemba-Effekt mit einfachen Mitteln erforschen lässt, verlangen andere Rätsel des Wassers nach allen technischen Raffinessen, die die moderne Physik zu bieten hat. Zum Beispiel, wenn es darum geht, herauszufinden, warum Schlittschuhe auf Eis gleiten. Viele glauben, es läge einzig an dem hohen Druck, den die schmalen Kufen ausüben. Dadurch, so hört man oft, entstehe ein dünner flüssiger Film, auf dem der Eisläufer herumrutsche. Das funktioniert allerdings schon bei Eiskufen kaum, beim Skilaufen gar nicht und beim Herumrutschen mit normalen Schuhen erst recht nicht. Eine mögliche Alternative ist die gute alte Reibung. Nach einer erstmals in den 1930er Jahren erdachten Hypothese erzeugt die Reibung von Kufen und Schuhen auf dem Eis

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