Liaden 3: Gestrandet auf Vandar
lächeln.
»Hast du dich gut amüsiert, Cha’trez?«
»Und wie! Es war herrlich. Der Jahrmarkt dauert noch eine volle Woche? Danach bin ich für alles verdorben, was annähernd nach Arbeit aussieht.«
Er lachte. Sie schnippte mit den Fingern, richtete sich wieder auf und stöberte in der tiefen Tasche ihres Rockes.
»Beinahe hätte ich es vergessen, Boss. Ich habe …« Sie zögerte, in einer Anwandlung von Scheu. »Ich habe ein Geschenk für dich.«
»Ein Geschenk? Kann es explodieren, wenn ich es aufmache? Sitzt du deshalb so weit von mir weg?«
Sie lächelte und rutschte näher an ihn heran, bis ihre Hüfte die seine berührte; dann reichte sie ihm ein mit blauem Samt überzogenes Kästchen.
Er nahm es und machte es auf. Miri, die ihn voller Spannung beobachtete, sah, wie überrascht und entzückt er war.
»Ein Jiliata«, freute er sich und bewunderte den silbernen Drachen an der schwarzen Kordel. Mit strahlenden Augen blickte er Miri an. »Lisamia keshoc, Cha’trez.«
Sie lächelte, und antwortete langsam in Niederliaden. »Gern geschehen, Val Con, mein Gemahl. Ich bin glücklich, wenn du glücklich bist.«
Lachend zog er sie in die Arme. »Du sprichst mit dem Akzent von Solcintra.« Er hielt ihr das Kästchen hin. »Möchtest du mir die Kette umlegen?«
Sie nahm die Kette, ließ die weiche Kordel durch ihre Finger gleiten, legte sie ihm um den Hals und schraubte den komplizierten Verschluss zu. »Bitte sehr.«
Er hob den Kopf, lächelte, dann zog er eine Augenbraue hoch, als er ihren Gesichtsausdruck sah. »Stimmt was nicht?«
»Im Gegenteil, alles ist bestens.« Sie streichelte seine Wange, zog mit dem Finger die Form seiner Augenbraue nach und berührte zum Schluss seine Lippen. »Ich bin nur ein bisschen berauscht, vom Punsch und von dem Jahrmarkt. Bei den Göttern!«
Ein Weilchen schwiegen beide; sie senkte ihre Hand, und dann fiel ihr wieder ein, dass sie ihm eine Frage stellen wollte. »Sag mal, Boss, sind wir jetzt reich?«
Er lachte leise. »Wir beide, du und ich, sind schon seit geraumer Zeit reich. Heute gab man uns nur ein bisschen Geld.«
Nun war sie an der Reihe zu lachen; sie drückte fest seine Hand. »Übrigens, hat man dir von diesem Radiosender erzählt?«
»Ich verstehe nicht, was du meinst.«
»Nun, es gibt da einen landesweiten Sender, der ›Stimme des Königs‹ genannt wird.«
Er kniff leicht die Augen zusammen. »Ah! Das ist es also. Gehört habe ich davon, aber ich wusste nicht, dass es sich dabei um einen Radiosender handelt. Ich dachte, die ›Stimme des Königs‹ sei so etwas wie sein persönlicher Sprecher, sein Repräsentant.«
Sie schüttelte den Kopf. »Nee. Es ist ein mobiler Sender, dessen Funkmast mit einem Zug transportiert wird – überallhin, wo was los ist. Den Strom erzeugt ein Generator, der in den Zug eingebaut ist.«
»Das muss ich sehen.« Sie spürte sein brennendes Verlangen, sich selbst von der Existenz dieses Senders zu überzeugen.
Sie nickte und kramte abermals in ihrer Rocktasche. »Das dachte ich mir. Da haben wir’s ja: vier Pässe, und das nur, weil wir Helden sind. Aber es hat mich einiges an Überredungskunst gekostet, diese Dinger zu bekommen. Kem war bei mir. Ich hatte schon Angst, sie kündigt mir ihre Freundschaft auf.«
Val Con zog sie an seine Brust und drückte sie fest an sich. »Miri, endlich tut sich was! Bald brechen wir nach Laxaco auf, wo Flugmaschinen keine Seltenheit sind und es Fabriken gibt, die Funkgeräte herstellen. Vielleicht dauert es nicht mehr lange, und wir sind unterwegs nach Hause … oder haben zumindest Kontakt aufgenommen.«
»Du musst mir etwas versprechen«, sagte sie ernst.
Er schob sie ein Stück von sich weg. »Was denn?«
»Versprich mir, dass du mich erst in diesen Großstadtsmog bringst, wenn dieser Winterjahrmarkt zu Ende ist.«
Er schmunzelte. »Natürlich. Wir machen bis zum Schluss mit!«
Danach erwiderte sie seine Umarmung, als wollte sie ihn nie wieder loslassen.
Vandar
Winterjahrmarkt
D ie eisigen grauen Wolken quollen durch Fornems Tor, gnadenlos vorangepeitscht von der steifen Brise, die vom nahen Ozean her wehte. Miri betrachtete gleichgültig das Spektakel am Himmel, während Val Con neben ihr am Geländer der vorderen Veranda lehnte und zusah, wie sechs Mitglieder der königlichen Ehrengarde ihr provisorisches Camp verließen und auf dem Rasen vor dem Haus Posten bezogen. Leise seufzend bemerkte er zwei Fahrzeuge, die ein Stück weit weg auf der Straße parkten:
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