Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Licht

Titel: Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. John Harrison
Vom Netzwerk:
Ei.
     
    In dem Tank war Folgendes im Gange:
    Chinese Ed wachte auf, und nichts in seinem Haus funktionierte. Der Wecker am Bett wollte nicht verstummen, der Fernseher rauschte, und der Kühlschrank wollte nicht antworten. Es kam noch schlimmer: Nachdem er die erste Tasse Kaffee getrunken hatte, pochten zwei Burschen aus dem Büro des Staatsanwalts an die Tür. Sie trugen zweireihige Sharkskinanzüge (* Sharkskin (Haihaut) = glatter, leicht glänzender Stoff.) mit offenen Jacketts, sodass man sehen konnte, dass sie bewaffnet waren. Er kannte sie aus der Zeit, als er selbst noch im Büro des Staatsanwalts gearbeitet hatte. Es waren Idioten. Sie hießen Hanson und Rank. Hanson war dick und ging die Dinge ruhig an, doch Otto Rank war wie Rost. Er schlief nicht. Er hatte den Ehrgeiz, hieß es, selbst Staatsanwalt zu werden. Diese beiden saßen auf hochbeinigen Hockern an der Frühstücksbar in Eds Küche und Ed machte Kaffee.
    »He«, sagte Hanson. »Chinese Ed.«
    »Hanson«, sagte Ed.
    »Also was weißt du, Ed?«, sagte Rank. »Es heißt, du wärst am Brady-Fall interessiert.« Er lächelte. Er lehnte sich vor, bis sein Gesicht nah an Eds Gesicht war. »Wir sind auch daran interessiert.«
    Hanson schien nervös. »Wir wissen, dass du in der Szene warst, Ed«, sagte er.
    »Halt die Klappe«, fuhr Rank ihn an. »Wir diskutieren nicht mit ihm.« Er grinste Ed an. »Warum hast du ihn umgelegt, Ed?«
    »Wen soll ich umgelegt haben?«
    Rank schüttelte den Kopf in Richtung Hanson, als wolle er sagen: ›Was hältst du von dem Scheißkerl?‹
    »Leck mich, Rank. Willst du noch Kaffee?«, erwiderte Ed.
    »He«, sagte Rank. »Leck du mich.« Er nahm eine Hand voll Messinghülsen heraus und kippte sie über die Frühstücksbar. »45er Colt«, sagte er. »Militärmunition. Dumdumgeschosse. Zwei verschiedene Kanonen.« Die Messinghülsen tanzten und kullerten. »Zeigst du mir deine Kanonen, Ed? Die zwei verdammten Colts, die du herumschleppst wie ein TV-Detektiv? Wetten, dass wenigstens eine passt?«
    Ed fletschte die Zähne.
    »Da musst du sie erst mal haben. Du willst sie mir also abnehmen, jetzt und hier? Traust du dir das zu, Otto?«
    Hanson schien besorgt. »So war das nicht gemeint, Ed«, sagte er.
    »Wir können gehen und uns den verdammten Wisch holen, Ed, und dann kommen wir zurück und beschlagnahmen die Kanonen«, erwiderte Rank. Er zuckte die Achseln. »Wir können dich verhaften, dein Haus versiegeln.
    Wir könnten deine Frau mitnehmen, wenn du noch eine hättest, und ihr mal zeigen, wo’s langgeht bis Samstag. Willst du die harte Tour, Ed, oder die sanfte?«
    »Macht doch, was ihr wollt«, sagte Ed.
    »Können wir aber nicht, Ed«, sagte Otto Rank. »Diesmal nicht. Erstaunlich, dass du das nicht weißt.« Er zuckte die Achseln. »He«, fuhr er fort, »das weißt du ganz genau.« Er hob den Finger vor Eds Gesicht, zielte wie mit einer Pistole. »Bis später.«
    »Rutsch mir den Buckel runter, Rank«, sagte Ed.
    Er wusste, dass etwas nicht stimmte, als Rank lediglich lachte und ging.
    »Scheiße, Ed«, entgegnete Hanson. Er zuckte die Achseln. Dann ging er auch.
    Nachdem Ed sich vergewissert hatte, dass sie fort waren, ging er hinaus zu seinem Wagen, einem 47er Dodge, in den jemand die 409 eines 52er Caddy gepfercht hatte. Er zündete und saß einen Moment lang am Steuer und hörte zu, wie der Doppelvergaser Luft ansaugte. Er besah sich seine Hände.
    »Wir können es so oder so machen, ihr Vollidioten«, flüsterte er. Dann ließ er die Kupplung los und fuhr in die Stadt.
    Er musste herausfinden, was Sache war. Er kannte ein Weibsbild aus dem Büro des Staatsanwalts, Robinson hieß sie. Er überredete sie zum Lunch in Sullivans Imbissstube. Sie war eine große Frau mit einem breiten Lächeln, guten Titten und einer Art, sich die Mayo aus dem Mundwinkel zu lecken, die darauf schließen ließ, dass sie es genauso gut verstand, das auch bei dir zu tun. Ja, das konnte er herausfinden, wenn er wollte. Ja klar, aber der Brady-Fall interessierte ihn mehr und was Rank und Hanson wussten.
    »He«, sagte er. »Rita.«
    »Lass das Gesülze, Chinese Ed«, sagte Rita. Sie trommelte mit den Fingern und sah zum Fenster hinaus auf die stark befahrene Straße. Sie war aus Detroit hierher gekommen, um sich zu verändern. Doch das hier war bloß eine andere Schwefeldioxydstadt, eine Stadt ohne Hoffnung und voll rußiger Abgase. »Lass doch das Süßholzraspeln«, sagte sie.
    Chinese Ed zuckte die Achseln. Er war halbwegs aus der Tür

Weitere Kostenlose Bücher