Lichthaus Kaltgestellt
nicht der Dumme. Andernfalls konnte er sich schon jetzt seinen Kollegen Breit vorstellen, wie er, den roten Kopf halb im Bierglas versunken, kehlig lachte und ihn wegen seines falschen Alarms aufzog.
Kurz entschlossen fertigte er ein knappes Anschreiben an Hansen und sandte ihm das Protokoll zwecks Überprüfung und Weitergabe zu.
*
Im Präsidium ging Lichthaus als Erstes zu Müller und erläuterte ihm den Stand der Dinge. Marx hatte bereits einen Bericht abgegeben, so dass der Chef über die Entwicklungen im Bilde war. Sie besprachen die Gründung der Sonderkommission. Es waren bereits fünfzehn Kollegen ausgewählt, die Lichthaus’ Team unterstützen würden. Außerdem genehmigte Müller ihm, einen Fallanalytiker hinzuzuziehen. Der Polizeidirektor stand unter Druck, denn die beiden Fälle zogen bereits Kreise. Für den kommenden Morgen war ein Termin beim Polizeipräsidenten angesetzt, an dem auch der Oberstaatsanwalt teilnehmen würde. Zur Vorbereitung vereinbarten sie eine Sitzung des Teams für den Nachmittag.
In seinem Büro angekommen, hatte sich Lichthaus noch nicht hinter den Schreibtisch gesetzt, als Steinrausch hereinkam. Er nahm wie immer ungefragt Platz.
»Es gibt etwas Neues. Die Befragung im Hochwald läuft noch, aber wir haben die ersten Ergebnisse. Ein Bauer kann sich erinnern, dass er am Freitag, bevor wir die Tote gefunden haben, oben bei Hinzert einen dunkelblauen Mitsubishi Pajero gesehen hat. Er war sich mit dem Typ ziemlich sicher, denn sein Schwager fährt auch so einen. Hinzert ist …«
»Bei Reinsfeld, ich war mal da. Konnte er den Fahrer erkennen oder die Nummer?«
»Moment«, Steinrausch räusperte sich. »Ein Mann mittleren Alters saß in dem Auto. Eine Nummer hat der Zeuge nicht gesehen, wohl aber, dass der Geländewagen unter der Autobahnbrücke durch in den Wald gefahren ist. Von dort aus kommt man zum Fundort. Ich habe das mit Marx geprüft. Außerdem«, er schaute triumphierend, »hatte er einen geschlossenen Hänger dabei.«
»Gut.« Lichthaus schöpfte etwas Hoffnung. »Wir lassen das Ganze durch die Kfz-Datenbank laufen. Das sollen die Neuen machen. Die fangen ja heute an.«
»Okay, ich geb’s weiter«, versprach Steinrausch, als er den Raum verließ.
Lichthaus’ Magen verabschiedete Steinrausch mit einem lauten Knurren und erinnerte ihn daran, dass er seit dem Frühstück nichts mehr gegessen hatte. Er beschloss, in die Kantine zu gehen, als Spleeth hereinkam. Der Mann sah aus wie sein eigener Schatten, dunkle Ringe unter blutunterlaufenen Augen, dazu kam seine gebeugte Haltung. Hatte Lichthaus gestern gedacht, dass Spleeth bereits am Ende sei, so musste er sich jetzt überzeugen lassen, dass es noch schlimmer ging. Hoffentlich sah er selbst nicht genauso aus.
»Ich habe hier den Bericht über das Brandopfer. Der Brandbeschleuniger war ein Gemisch aus mehreren Komponenten, die frei verkäuflich zu haben sind. Die Kleiderreste des Toten waren so verbrannt, dass wir hierzu keine Aussagen machen können.« Er blätterte müde in der dünnen Tatortmappe, die er mitgebracht hatte.
»Sonst nichts?« Lichthaus sah Spleeth erstaunt an, doch der schüttelte nur den Kopf. »Es hängt also alles an der Autopsie. Ich werde Güttler gleich anrufen.«
»Da wäre noch etwas.« Spleeth druckste herum. »Der Knopf aus dem Hosenaufschlag von Eva Schneider.« Er zog ein Foto und ein Fax aus seiner Mappe. »Ich habe gestern das Bild an besagtes Museum für Knöpfe in Thüringen gemailt.« Lichthaus schaute sich das Foto, eine starke Vergrößerung, genauer an, während Spleeth weitersprach. »Das Muster und die Machart des Knopfs sind eindeutig eine Kopie mittelalterlichen Handwerks. Der Leiter des Museums meinte, der Hersteller würde sich nicht besonders mit der Materie auskennen. Eine solche Form hätte er im Original noch nie zu Gesicht bekommen. Es fehlen auch epochentypische Stilmerkmale. Allerdings hätte er kürzlich auf einem Mittelaltermarkt ähnliche Knöpfe gesehen. Er rät uns, lokale Vereine anzusprechen, die öfter auf solchen Veranstaltungen auftreten und ihre Ausrüstung meistens selbst herstellen.«
»Ich gebe die Sache an Steinrausch weiter, der kennt sich mit so etwas am besten aus.«
Spleeth gab ihm die Unterlagen und stand auf, doch Lichthaus hielt ihn auf.
»Haben Sie im Fall Schneider noch andere Ergebnisse?«
»Winkelmann sitzt am Bericht. Es ist aber nicht mehr viel rausgekommen. Die Mikrospuren sind in der Auswertung, doch auch das wird nicht viel
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