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Lichtjahreweit

Lichtjahreweit

Titel: Lichtjahreweit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziegler
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mich doch«, murmelte Andy. Mit pochendem Herzen und verklebten Gedanken stand er mitten im Zimmer und grübelte darüber nach, wo er gestern Nacht die halbvolle Wodkaflasche versteckt hatte. Unterm Bett? In der Kommode? Im Wandschrank?
    Teufel, Teufel! dachte Andy wieder, und er war ganz erstaunt, wie treffend dieser spartanische Ausdruck seine Lage umschrieb. Aber natürlich nahm Eugen F. Langedanz keine Rücksicht darauf und klopfte ungeduldig weiter, und jetzt hörte er auch das zahnlose Gebrabbel des Greises, der wie jeden zweiten Tag seine Platinprothese verlegt hatte. Senil, senil …
    In der Ecke, unter dem Plüschsofa, der kostbaren Antiquität, die er dem schicken Eugen nach einer besonders gelungenen Sensi-Schöpfung abgeschwatzt hatte, entdeckte Andy Beh ein Stück Flaschenhals, von einem vergoldeten Aluminiumverschluß gekrönt, und verständlicherweise gewann dadurch dieser Morgen unverzüglich an Qualität und veränderte sein graues, totes Sommergesicht.
    Ob es Regen geben würde? Schwefelsauren Regen – natürlich …
    Andy Beh gestattete sich ein höhnisches Lächeln, als er zum Plüschsofa schlurfte, sich bückte und die Flasche hervorzog. Eugen würde wieder Zeter und Mordio schreien und eimerweise Kalk in den Forellenteich kippen müssen, um die Säure zu neutralisieren und seine blaublütigen Fische vor einer verhängnisvollen Vergiftung zu retten. Aber natürlich war das nicht Andys Problem. Er hielt die Wodkaflasche wie eine Keule in der Hand, hob sie hoch und sah, daß er sich geirrt hatte und sie nur noch zu einem Viertel gefüllt war. Nachdenklich starrte er sie an und fragte sich, wohin das zweite, fehlende Viertel verschwunden war, denn er erinnerte sich nicht, es getrunken zu haben. Und wenn er sich nicht erinnerte, hatte er es auch nicht getrunken, denn auf sein Gedächtnis, das wußte Andy Beh, konnte er sich verlassen. Schließlich war er Sensi-Schöpfer. Ein berühmter Sensi-Schöpfer … Das heißt, er war einer gewesen, aber änderte dies etwas an seinen Qualitäten? Nur weil ihn JumpTV entlassen, weil ihn die gesamte Branche auf die Schwarze Liste gesetzt hatte?
    Immerhin war er Künstler.
    Tatsächlich.
    »Sie widerlicher Schmarotzer«, drang fistelnd Eugen Friedrich Langedanz’ Stimme aus dem Lautsprecher über dem Bett. »Sie gottverdammter Säufer. Sie kommen jetzt runter, hören Sie? Sie kommen jetzt sofort runter, Bylla! Dies ist ein Befehl, und wenn Sie nicht kommen – wenn Sie jetzt nicht augenblicklich kommen – dann können Sie gehen. Ich schmeiße Sie raus, begreifen Sie? Ich werfe Sie dem Sozialen Arbeitsdienst zum Fraße vor, und man wird Sie in eine Entziehungsanstalt schaffen, und man wird Ihnen jeden Tropfen Alkohol aus dem Leib pressen, und dann können Sie Steine klopfen oder Bäume pflanzen, und dann ist es aus und vorbei mit dem schönen Leben, das ich Ihnen biete …«
    Natürlich sagte Eugen noch mehr, und obwohl Andy wußte, daß der schicke Eugen, der milliardenschwere Friedrich, in dieser Stimmung seinen Drohung zweifelsohne wahrmachen würde, öffnete er zunächst die Wodkaflasche. Er trank einen großen Schluck, um die Blockade seiner Gedanken zu überwinden und die Maschinerie seines Körpers vom Rost zu befreien.
    »… gebe ich Ihnen noch genau zwei Minuten, Bylla, und wenn Sie mir dann nicht von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen, lasse ich Sie aus meinem Haus entfernen, ich werfe Sie hinaus …«
    »Halt’s Maul«, brummte Andy. Er verschloß die Flasche sorgfältig, schob sie unter das Plüschsofa, knöpfte sein Hemd zu, das allmählich Auflösungserscheinungen zeigte und nach Deo, Schweiß, Schnaps und einigen anderen, undefinierbaren Dingen roch, und plötzlich als hätte jemand einen Hebel umgelegt, war er wieder vollkommen klar, und die Betäubung in seinem Kopf machte einer schöpferischen Leichtigkeit Platz.
    Andy war jetzt wieder ganz der Alte, Andreas Bylla, genannt Andy Beh, der begnadetste Sensi-Schöpfer der ganzen Republik, das Idol von Millionen Videonarren, das Aushängeschild von JumpTV und einem halben Dutzend anderer privater TV-Stationen, die Sensi-Filme produzierten und Licht in den grauen Alltag der Knopfdruckangestellten, Computertippsen und Mikroverfilmer brachten; der Mann, der ganze Welten mit seinen Gedanken erschuf, ein Gott in Multicolor und Supersensitivität …
    Allerdings war das einige Jahre her.
    »Künstler wird man nicht, Künstler ist man«, erklärte Andy, als er auf die Tür zusteuerte.
    »Reden Sie

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