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Lichtspur

Lichtspur

Titel: Lichtspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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war.
    Das war Sharifis Lebensversicherung: ihre Rohdaten in die am wenigsten regulierte und chaotischste See des Stromraum-Ozeans zu übertragen. Damit erreichte sie wenig mehr, als ihre Entdeckungen auf einem elektronischen Marktplatz auszurufen. Bella und Cohen und alle anderen, die Sharifi kannten, hatten sie die ganze Zeit richtig eingeschätzt. Sharifi hatte nicht versucht, ihre Informationen zu verkaufen. Sie hatte versucht, sie zu verschenken, an alle, die etwas damit anfangen konnten. Und sie hatte sich darauf verlassen, dass sich irgendwer – genug Irgendwers, damit es ins Gewicht fiel – sich um Compsons Planet kümmern würde.

    Doch die Medusa war langsam. Ihre Bordsysteme waren hoffnungslos veraltet und nicht vernünftig gewartet. Li wirbelte durch den Schiffscomputer, drehte hier etwas, korrigierte dort etwas, beschleunigte die Systeme, wo immer sie konnte; aber dennoch waren kaum die ersten Dateien übertragen, da spürte Li schon die Erschütterung und die Druckverschiebung, als der Enterschlauch der Fregatte sich an die empfindliche Außenhaut der Medusa heftete.
    Mein Gott! Nach all dem, was sie durchmachte, sollte sie jetzt alles verlieren, nur weil ein Schiffscomputer zu langsam war? Sie machte Druck wie verrückt, aber immer noch sickerten die Zahlen so widerwillig wie kalter Dieseltreibstoff durch die Schiffssysteme. Und inzwischen war es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Techniker der Fregatte auf die Systeme der Medusa zugriffen und die Datenübertragung abbrachen.
    Aber sie schafften es nicht. Sie führten eine stichprobenartige Suche durch, die nichts zutage förderte – sie schienen gar nicht darauf aus, etwas zu finden. Danach schlossen sie die Luftschleuse, zogen sich zurück und hinterließen eine Woge von erleichterten, wenn auch verwirrten internen Nachrichten zwischen der Besatzung und den Passagieren des Frachters.
    Li seufzte erleichtert, und ihre Anspannung löste sich. Die Fregatte zündete ihre Navigationstriebwerke und entfernte sich. Die Medusa trieb mit radikal abgebremster Geschwindigkeit auf Freetown zu.
    Dann verstand Li alles. Es war so atemberaubend, erschreckend klar wie Sonnenlicht in hartem Vakuum. Die Mannschaft der Fregatte war nicht an Bord des Frachters gekommen, um Sharifis Daten mitzunehmen, sondern um etwas anderes zurückzulassen. Etwas, das in einer der Frachtbuchten hocken und auf ein Signal von der Brücke der Fregatte warten würde.

    Nguyen brauchte die Dateien auf der Medusa nicht mehr. Sie hatte die Feld-KI erst beschossen, als sie wusste, dass Li und Cohen alles beschafft hatten, was sie brauchte. Und die Mannschaft der Fregatte hatte die Medusa erst betreten, als Haas bereits Lis Hand gepackt hatte und die wertvollen Daten aus ihrem Festspeicher entfernte. Nguyen hatte die Daten jetzt. Warum also sollte sie das Risiko eingehen, dass jemand anderer auf die Dateien der Medusa zugreifen konnte, dass Sharifis Botschaft doch noch Empfänger finden würde? Warum sollte sie den Rest der Menschheit in TechComms am eifersüchtigsten gehütetes Geheimnis einweihen?
    Die anderen waren bei ihr, bevor sie den Gedanken auch nur in Worte gefasst hatte. Sie nahmen jede Navigationsboje in Sendereichweite der Medusa in Beschlag. Sie brachten die NowNet-Kanäle unter Kontrolle, die über die Achse Ring-Freetown und hinaus in die Peripherie verliefen. Dann fingen sie damit an, Sharifis Dateien über jede offene Verbindung zu senden, die sie finden konnten.
    Deine Dateien auch, sagte die Kommunikations-KI – und bevor Li etwas einwenden konnte, sendete sie die ungeschnittenen Spinvideo-Auszeichnungen der vielen Stunden, die sie unten im Bergwerk verbracht hatte, sendete alles, was Li und Cohen gesehen und empfunden hatten, seit der Weltgeist sie erstmals umschlungen hatte.
    Durch die Navigationssysteme der Medusa sah sie, dass die Fregatte abbremste und wendete. Kam sie zu spät? War alles umsonst gewesen?
    Aber nein. Sie hatten die Übertragungen nach draußen bemerkt. Li sah einen kurzen, überlichtschnellen Austausch verschlüsselter Daten zwischen der Fregatte und dem Hauptquartier der Friedenstruppen auf Alba. Dann drehte die Fregatte ab, zündete ihre Bussard-Triebwerke und verschwand in die Slowtime.

    Die Medusa kroch weiter auf Freetown zu, und die Mannschaft war sich ihrer tödlichen Fracht zum Glück nicht bewusst. Inzwischen erreichte Sharifis Nachricht FreeNet und über ein Dutzend Bose-Einstein-Relais auch ein Dutzend planetarer Netzwerke auf ganzer

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