Lichtzeit - Gibson, G: Lichtzeit - Nova War
Hives verkauft oder ausgetauscht, und die Tatsache, dass er im Begriff stand, eine Crew zu ermorden, die aus seinen Halbbrüdern bestand, hätte er nicht als eine überraschende Enthüllung aufgefasst.
Der Sieger änderte seine Haltung in dem Gel-Sessel und beobachtete die darum angebrachten Displays, als das Impulsschiff aufhörte sich zu drehen, in Schräglage ging und sich einem Horizont zuneigte, der sich aus seinem Blickwinkel zunehmend krümmte.
Das Impulsschiff fegte mitten durch das Zentrum der Orbitalplattform und zertrümmerte sie. Ein nukleares Bombardement aus den Antriebsdüsen erledigte den Rest; ein Schauer aus Atomblitzen erfasste die Wohnquartiere und Kommandomodule, brachte sie im Nu zum Weißglühen und ließ alles, was sich darin befand, verdampfen.
Mit nur minimalen Schäden setzte das Impulsschiff seinen Weg fort. Fluglage-Richtsysteme brachten es schnell auf seine
ursprüngliche Flugbahn zurück. Kurz nach Vollendung dieses Manövers entfernte es sich mit Höchstgeschwindigkeit von Ironbloom, ohne dass ein einziges Crewmitglied zu Schaden gekommen wäre.
Wein und Rosen liebte seine Königin auf mehr als eine Weise, trotzdem kam er nicht umhin sich zu fragen, ob es klug war, diesen seit undenklichen Zeiten schwelenden Konflikt neu aufleben zu lassen – einen Krieg, der in Welten überall im Night’s-End-System tiefe Wunden geschlagen hatte, die bis auf den jetzigen Tag nicht verheilt waren.
Vor einigen Tausend Jahren hatten die Schönen Schwestern – die Königinnen der Hives Immerwährendes Licht und Schummrige Himmel – eine gemeinsame Erforschung von Night’s End finanziert, um herauszufinden, welche Welten sich für die Gründung einer neuen Bandati-Kolonie eigneten. Ein solches Unterfangen führte zwangsläufig dazu, dass man sich mit den Shoal und ihren abscheulichen Kolonialverträgen befassen musste.
Dass sich das Verhältnis zwischen den beiden Schwestern zu diesem Zeitpunkt bereits verschlechtert hatte, war historisch belegt, aber der Grund für diese Spannungen war niemals bekanntgeworden, und die Aufzeichnungen aus dieser Epoche sorgten bei jedem interessierten Geschichtswissenschaftler für erhebliche Frustration. Noch bis vor kurzem hatte Tage voller Wein und Rosen über die Wurzeln dieses blutigen Konflikts genauso wenig gewusst wie jeder andere Bandati.
Doch dann hatte man ihn eingeweiht, warum der Krieg damals überhaupt entbrannt war, und seit er die Ursache kannte, beschlich ihn eine böse Vorahnung.
Ein paar Hundert Jahre nachdem laut Vertrag die Erlaubnis erteilt worden war, Night’s End gemeinschaftlich zu bewirtschaften und zu besiedeln, hatten die Schwestern etwas höchst Bemerkenswertes entdeckt, das obendrein aus grauer Vorzeit zu stammen
schien. Sie hatten sich darüber entzweit, wie sie mit dieser Entdeckung verfahren sollten, und aus dieser Meinungsverschiedenheit erwuchs schließlich ein Konflikt, an den man sich auf sämtlichen Bandati-Welten auch nach Jahrtausenden noch erinnerte – ein Konflikt, aus dem Schummrige Himmel als Verlierer hervorging.
Und dann war dieses alte Sternenschiff aus dem Nichts am Rande des Night’s End-Systems aufgetaucht, zusammen mit zwei Menschen, die immerhin bedeutend genug waren, um diesen überlieferten Hader wieder aufflackern zu lassen – und dieser Umstand war eng mit jener vor langer Zeit erfolgten Entdeckung verknüpft.
Wein und Rosen musste notgedrungen zugeben, dass man mitunter auch zu viel wissen konnte.
Dakota litt in ihrem Gel-Sessel, die Augen geschlossen und sich kaum der genauso gemarterten Bandati-Soldaten in ihrer Nähe bewusst, die allerdings die jähen Beschleunigungen von mehreren g und die heftigen Rüttelbewegungen klaglos ertrugen und nur gelegentlich ein paar Klickgeräusche von sich gaben. Zwanzig Minuten nach dem Start hatte sich Dakotas Iso-Anzug wieder aktiviert, ohne dass Tage voller Wein und Rosen einen Einwand erhoben oder versucht hätte, ihn per Fernbedienung zu blockieren.
Sie flüchtete sich aus ihren Qualen, indem sie mit dem Wrack kommunizierte, das sich mittlerweile in Dutzende von aktiven visuellen Informationstransfers aus Ortungssystemen eingeloggt hatte, die sowohl am Boden als auch im Orbit stationiert waren. Eine Flut aus Bildern stürmte auf sie ein, die das Impulsschiff aus den unterschiedlichsten Perspektiven zeigten, während es von der kleinen, blau-rot gefleckten Welt wegdüste.
Und endlich fand sie die Zeit, um gründlicher über ein paar Dinge
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