Liebe
die Entwicklung von Vollkommenheit orientiert sind. Sie müssen daher weiter an sich arbeiten.“
„Wissen Sie, ich spüre, dass für mich der geliebte Mensch bisher das höchste Glück ist“, sagt der Patient.
„Ich erkläre Ihnen, warum das so ist. Alle Werte werden aus Gefühlen der Liebe geboren. Im Bereich des ersten Chakras wird die Liebe als sexuelles Verlangen realisiert. Im Brustbereich als Freundschaft, gute Beziehungen, Gutmütigkeit. Im Kopfbereich als Vergeistigung, Kreativität und Schaffen. Über dem Kopf, im Energie- und Zeitkörper des Menschen, wird die Liebe als Kontakt zur Zukunft, Zukunftsträume, Annäherung an Gott in der Zukunft realisiert. Bei Ihnen sind die Orientierungen auf die zweite und dritte Ebene beseitigt, doch auf die erste und vierte blieben sie erhalten. Was bedeutet das? Das bedeutet, dass Sie bereit sind, das erste sexuelle Gefühl der Frau zu widmen, und Sie sind auch bereit, Ihre Träume von der Liebe ihr zu widmen. Sie müssen die einfache Wahrheit begreifen: Gott ist nicht nur Vater, Gott ist auch Mutter, Bruder, Schwester, Mann und Frau. Die höchsten Träume von der Liebe — das sind Träume von der Begegnung und Vereinigung mit Gott. Die Träume von der Begegnung mit dem liebsten Menschen — das ist das Mittel zur Verstärkung der Einheit mit Gott.“
„Und was sind meine größten wunden Punkte?“, interessiert sich der junge Mann.
„Sie müssen verstehen: Gott schafft das Universum, Gott leitet es und Gott nimmt es zu sich zurück. In der indischen Mythologie ist vom Einatmen und Ausatmen des Brahma die Rede. Das heißt, an erster Stelle der menschlichen Werte stehen Erschaffung der Welt, Schöpfung, Zeugung, Liebe zu den Menschen und zur Welt. Dann die Leitung der Welt, Fähigkeiten, Intellekt, Vollkommenheit und Schicksal. Und schließlich die Rückkehr zu Gott, die in der Zukunft erfolgen wird. Das sind die drei Punkte, an denen der Mensch ,verwundet’ wird, damit die Liebe, die mit der Umwelt verbunden ist, nicht mit der göttlichen Liebe verschmilzt.“
Im März bat man mich, im Blindenverband einen Vortrag zu halten. Im Saal befanden sich fünfzig bis sechzig Personen. Der Vortrag war für 16 Uhr geplant. Zuvor hatte ich noch Angelegenheiten in meiner Praxis zu erledigen. Am Tag zuvor hatte mich ein Bekannter angerufen. Ich kannte ihn seit fünfzehn Jahren, wir hatten uns lange nicht gesehen.
„Ich wende mich jetzt als Patient an dich“, sagte er. „Kannst du mir helfen?“
„Komm morgen in die Praxis, gegen 12 Uhr. Wir sprechen miteinander.“
Als er kam, habe ich ihn flüchtig diagnostiziert. Im Prinzip war er gesund. Nur das erste Chakra war aus irgendeinem Grund fast verschlossen. Das bedeutete Probleme mit der Nachkommenschaft. Die Seelen der Kinder waren sehr stark belastet.
„Bei dir ist eigentlich alles in Ordnung. Du hast nur eine starke Orientierung auf Kreativität und Zeugung. Daher rühren Gekränktsein, Eifersucht und Probleme im Privatleben.“
Er sah, dass ich nur oberflächlich diagnostiziert hatte, und bot mir entgegenkommend Hilfe an.
„In unserer Familie gab es achtzehn Kinder“, begann er zu erzählen. „Zwölf davon sind bisher gestorben, jetzt sind die Übrigen an der Reihe. Die Männer unserer Sippe sind kinderlos geblieben, mit Ausnahme eines Bruders, der Kinder hat.“
„Nenne die Namen der verstorbenen Brüder.“
Bei beiden gab es im Feld charakteristische Deformationen, die auf Tod hindeuteten, eine sehr starke Verabsolutierung von kreativem Schaffen, Zeugung, plus Verabsolutierung von Vollkommenheit. Liebe zum anderen Menschen, Selbstsucht. Ein bekanntes Thema.
„Aufgrund deiner Gutmütigkeit ist bei dir die Lage besser als bei den verstorbenen Brüdern. Es gibt keine Orientierung auf Vollkommenheit, nur Probleme mit der Liebe. Du musst verstehen: Gott schafft das Universum, Gott beherrscht und lenkt es, und Gott nimmt es zu sich zurück. Der Mensch tut dasselbe, nur im menschlichen Maßstab. Doch wenn er den menschlichen Maßstab verabsolutiert, dann versucht er, menschliche Werte mit Gott zu verbinden und ewig zu machen. Und dann kommt es zum Aussterben der Sippe, Krankheiten und Tod.“
Wir redeten noch eine Zeit lang miteinander, dann ging er.
Einige Zeit später saß ich in einem kleinen Saal des Blindenverbands. Vor Beginn des Vortrags hielten sich überwiegend Blinde im Saal auf. Ich diagnostizierte den Saal und sah eine sehr starke Verabsolutierung folgender Momente: Kreatives Schaffen,
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