Liebe am Don
Viehmagd zuruft: »Miste den Stall aus, aber schnell, du Trampel!«
Kolzow und Evtimia sahen sich schnell an. Dann geleiteten sie Bodmar in Njuschas Zimmer, bedankten sich, daß er ihr Gast sein wollte und gingen hinüber in ihr Schlafzimmer.
Dort sank Evtimia ohne Umweg sofort vor dem Bild des heiligen Dimitri auf die Knie und begann zu beten. Kolzow sah verdrossen auf seinen Namenspatron und drückte sich zwischen Schrank und Bett herum. Er wußte nicht, was er tun sollte. Auch ihm war hundeelend zumute.
»Er kann auch nicht helfen«, knurrte er, als Evtimia Luft holte und sich bekreuzigte. »Ich weiß, daß der Deutsche auf Njuscha Eindruck macht und Granja Wände einschlagen möchte … aber kann ich's ändern? Kann es der da, der schiefäugige Heilige?«
»Versündige dich nur«, sagte Evtimia und machte vor der alten Ikone einen tiefen Knicks. »Wenn wir nur ein paar Wochen weiter wären. Wenn es doch Juni wäre, und sie hätten geheiratet …«
»Es ist aber Mai!« sagte Dimitri Grigorjewitsch düster. »Und bis zum Juni kann noch mancher Hengst springen …«
Das war ein Sprichwort, und es paßt immer.
Als Njuscha aus dem Anbau zurückkam, lagen Kolzow und seine Frau schon im Bett. Evtimia rückte zur Seite und klopfte auf die Matratze.
»Leg dich hin, mein Liebling«, sagte sie. »Ist die Genossin mit dem Bett zufrieden?«
»Ja, Mamuschka.« Njuscha zog das blaue Kosakenkleid mit den bunten Borden über den Kopf, und Kolzow begeisterte sich heimlich an dem schönen Körper seiner Tochter. So etwas Herrliches habe ich gezeugt, dachte er stolz. Welch ein toller Kerl war ich doch damals, hol's der Teufel! Es gibt kein hübscheres Weibchen in Perjekopsskaja als Njuscha. Verdammt, es gibt kein schöneres am ganzen Don. In ganz Rußland nicht!
Er seufzte glücklich, schaltete das Licht aus, als Njuscha neben ihrer Mutter lag, und fiel kurz darauf in einen gesunden Schlaf. Er schnarchte so intensiv, daß die Nachtmücken das Zimmer mieden und wegsurrten in die Küche.
Njuscha aber blieb wach. Sie lauschte auf die ruhigen Atemzüge der Mutter und das schnorchelnde Pusten des Alten. Dabei dachte sie an Jelena Antonowna und an die wenigen Worte zwischen ihnen vor dem Schlafengehen. Jelena hatte den Kampf begonnen mit einer leichthin gestellten Frage.
»Du liebst Granja nicht?«
»Wie können Sie das behaupten?« hatte Njuscha geantwortet.
»Ich habe Augen im Kopf, nicht Knöpfe. Gute Augen! Als er dich anfaßte, hast du dich geekelt.«
»Ich habe mich geschämt vor Ihnen. Granja ist ein Klotz.«
»Ein verliebtes Bräutchen schmust, ob jemand dabei ist oder nicht. Du hast dich gewehrt.«
»Ich bin anders als andere Mädchen, Genossin. Das ist es. Auch jeder Kieselstein am Don ist anders als der nächste Stein.«
»Du bist klug.« Jelena hatte sie lange angesehen, mit Augen, die Njuscha kalt musterten. »Zu klug, mein Täubchen. Verstehst du das?«
»Ich verstehe alles.« Njuscha hatte ihr Haar gelöst und ließ es bei einer Kopfbewegung über das Gesicht Jelenas wehen. Wie ein Schlag war es. Eine Mißhandlung mit goldener Seide. »Gute Nacht –«
Jelena hatte die Fäuste geballt. Als die Tür zuschlug, hielt es sie nicht mehr auf ihrem Platz. Sie stürzte vor, und mit einer grenzenlosen Wildheit spuckte sie aus, als stände Njuscha noch vor ihr.
Dann warf sie sich aufs Bett und hieb mit beiden Fäusten in die Kissen.
*
Bodmar konnte keinen Schlaf finden – wen wundert das? Unruhig warf er sich hin und her, setzte sich ab und zu hoch, lauschte in die Dunkelheit, vernahm nur die Laute der Nacht, ein Knacken im Gebälk, ein Rascheln der Mäuse, die irgendwo im Haus rumorten, ein fernes Hundebellen, das Rauschen des Windes und das Brausen des Don.
Der vergangene Tag lebte in ihm weiter, als gäbe es keine Nacht, die mit ihrer Stille alles ändert und Unebenheiten glättet.
Er lebte alles intensiv, körperlich und in sich aufsaugend: die Küsse Njuschas in der Scheune, während Granja brennend und heulend sich im Schlamm wälzte; die Tatsache, daß er jetzt in ihrem Bett lag, daß seine Haut die Dinge berührte, die ihre Haut umgeben, den Duft ihres Körpers aufgesogen hatten: das Betttuch, das Kissen, die Decke, die Kante des Bettes, auf der sie jeden Morgen und jeden Abend saß und ihr blondes Haar bürstete, nackt saß sie da, in ihrer atemberaubenden Schönheit, und das rauhe Holz des Bettes nahm den Hauch aus ihren Poren auf. Das war so ungeheuerlich, daß Bodmar das Gesicht in die Kissen und
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