Liebe bringt die höchsten Zinsen
ihm entgegen. „Ich habe leider keine Zeit fürs Essen. Darf ich dennoch kurz für kleine Tiger?"
„Sind wir 'ne öffentliche Toilette oder was?"
„Ich weiß, ich weiß. Das nächste Mal bestell' ich ein Menü!"
Die Kellnerin knallte ihm den Schlüssel auf die Theke: „Macht 50 Cent."
Giorgio drückte ihr eine Münze in die Hand und verschwand schnell auf der Herrentoilette. Als er zurück auf den Parkplatz kam, blieb er entsetzt stehen. Er sah nur noch die Rücklichter von Stefanies Wagen, der mit hoher Geschwindigkeit auf die Gebirgsstraße zurückkehrte und davonraste: Verfluchte Scheiße! Die Alte hat mich reingelegt. Und jetzt gibt sie auch noch Gas wie eine Irre!
Fluchend riss Giorgio die Tür seines Fahrzeugs auf und raste hinterher.
24. Was wäre, wenn? ...und ein gebrochenes Nasenbein
Zu Hause angekommen, gönnte sich Kathi einen Kaffee. Mit dem Pott in der Hand wanderte sie bewundernd durch die Villa. Vor einem Ölgemälde, das den Bankgründer zeigte, blieb sie nachdenklich stehen: Wie wäre wohl mein Leben verlaufen, wenn ich an Stefanies Stelle gewesen wäre? Wenn ich in diesem tollen Haus aufgewachsen wäre? Mit all dem Wohlstand und so wohl behütet?
Erinnerungen an ihre eigene Kindheit wurden wach: an den brutalen Freund ihrer Mutter! Wie er auf die weinende Frau eingeschlagen hatte, wenn er angetrunken nach Hause gekommen war und ihre Fragen ihm nicht gepasst hatten. Wie ihre Mutter sexuelle Gewalt über sich ergehen lassen musste.
Kathi dachte daran, wie sie selbst sich schlafend gestellt hatte, um nicht ebenfalls verprügelt zu werden. Wie sie heimlich einen Karate-Lehrgang besucht hatte, um sich bei eventuellen Angriffen gegen den großgewachsenen Kerl wehren zu können. Wie sie sich zu „Hausaufgaben bei einer Schulfreundin" abgemeldet und in Wirklichkeit Handkantenschläge geübt hatte.
Schließlich, wie sie ihre ersten Urkunden und Pokale erkämpft und diese unter ihrem Bett versteckt hatte – bis der Mann Kathis Mutter eines Tages sang- und klanglos verlassen hatte.
Beide waren vor Freude in das nächste italienische Restaurant gegangen und hatten mit Pizza-Salami, Coca Cola und Eiscreme gefeiert.
Kathi erinnerte sich an den nächsten Kerl, der ihre Mutter gezwungen hatte, ihr Häuschen für seine Schulden zu verpfänden. Und wie schnell er verschwunden war, als es nichts mehr zu holen gab.
Dann die Räumung des liebgewonnenen Hauses und die vergeblichen Versuche ihrer Mutter, eine vernünftige Arbeit als Hauswirtschafterin zu finden. Schließlich der Zwangsumzug in den Wohnwagen an der Ostsee.
Was für ein Szenenwechsel das damals war! Kathi hatte viel weniger Probleme, sich an die neue Umgebung zu gewöhnen als ihre Mutter: an die harmlosen Nackten, die sich nur frei fühlen wollten; an die Nudisten aus fanatischer Überzeugung und an die Verklemmten, die Voyeure.
Sie erinnerte sich an den Kerl, der versucht hatte, sie anzugrapschen. Kathi sah ihn vor sich, als wäre es erst gestern passiert: Der Mann war ihr auf dem Trampelpfad, der das Resort mit dem Strand verband, entgegengekommen. Er stellte sich ihr in den Weg und griff wortlos zwischen ihre Beine.
Kathi erstarrte. „Wag' das nicht noch einmal."
„Stell dich nicht so an. Du bist doch nicht aus Zucker."
Er grinste frech und griff erneut zu.
„Ich hab' dich gewarnt."
Was dann geschah, passierte im Bruchteil von Sekunden und kein Zeuge hätte später beschreiben können, in welcher Reihenfolge Kathis Verteidigung abgelaufen war: Sie drehte sich von dem Angreifer weg. Ihr Oberkörper bog sich gleichzeitig für den Bruchteil einer Sekunde seitlich nach unten und federte blitzschnell wieder zurück in seine Ausgangsposition. Kathi stand sicher auf ihrem linken Bein, ihr rechtes hatte sie in diesem Augenblick auf Höhe ihrer Schulter angewinkelt. In der anschließenden Drehung ihres Körpers schoss es wie der Kopf einer angreifenden Pythonschlange nach vorn und explodierte zu einer gewaltigen Streckung.
Sie traf den Mann voll ins Gesicht. Ihr rechter Fußballen landete auf seinem Nasenbein; sein Knochen knirschte, als er brach. Blut spritzte aus seiner Nase. Der Mann schrie auf und fiel zu Boden.
Wimmernd lag er zu ihren Füßen. Kathi holte zum zweiten Mal aus. Ihr rechter Fuß traf ihn in den Unterleib. Zufrieden stieg sie über den nackten Mann hinweg und joggte zum Wasser. Die Wellen
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