Liebe bringt die höchsten Zinsen
der Bank. Ungeduldig mit sich selbst tankte sie eilig, trank einen starken Kaffee und fuhr weiter. Als der Abend nahte, hatte sie endlich Triest erreicht. Noch rund 400 Kilometer bis Sibenik. Von dort konnte es nicht mehr weit bis zum Baugrundstück sein.
Die Fahrt führte durch Slowenien nach Kroatien, einem Land mit 1246 Inseln, steil ansteigenden Bergen und langgezogenen Stränden, mit Grotten und tosenden Wasserfällen, mit romantischen Fischerdörfern und einsamen Buchten. Im glasklaren Wasser der Kvarner Bucht tummeln sich Delphine, in den Bergen des Landes sind Braunbären und Wölfe zu Hause, Luchse und Geier.
Stefanie bog kurz hinter Rijeka ab auf die kurvenreiche Küstenstraße hoch über der Adria. Ein atemberaubender Blick auf das Meer dankte es ihr. Nur nicht während der Fahrt hinunterschauen, sagte sie sich.
In Kraljevica entschied sie, auf einem Parkplatz mit Aussichtspunkt kurz Halt zu machen. Tief atmete sie die milde Luft über dem Meer ein, ließ den Blick schweifen über die Insel Krk, die sich nur wenige Kilometer entfernt aus dem Wasser erhob.
Ihr Verfolger hatte nicht mit diesem Stopp gerechnet: Was ist los mit der dummen Kuh? Hat sie mich gesehen? Will sie mich etwa abschütteln? Er brauste an ihrem Wagen vorbei.
50 Meter weiter fuhr er rechts ran, stellte ein Warnschild auf und wartete mit einer vermeintlichen Panne am Straßenrand auf Stefanies Fahrzeug: Wenn sie jetzt nicht weiterfährt, hat sie mitgekriegt, dass ich ihr folge.
Nach wenigen Minuten scherte Stefanie wieder ein. Sie hatte den Verfolger nicht entdeckt. Giorgio hängte sich erneut an ihre Fersen.
Kurz hinter Klenowicza gabelte sich die Straße. Die Route
5110 war wegen Bauarbeiten gesperrt, Stefanie musste die Europastraße 65 wählen.
Was für ein ungewöhnlicher Ausblick, stellte sie beim Blick aus dem Autofenster beeindruckt fest. Unter ihr glitzerte das Meer. Es war kristallklar und türkisfarben. Hin und wieder eine kleine Bucht mit Segelbooten, in der Ferne eine weiße Autofähre.
Eingebettet zwischen der Adria und dem mächtigen Velebit-Gebirge lagen vereinzelte Fischerdörfer mit kleinen Häfen und einsamen Kiesel-Badebuchten. Oberhalb zog sich die kroatische Küstenstraße Jadranska Magistrale mit einer Abzweigung zum Gebirgspass hin. Rechts der Fahrbahn das Meer, glatt und erdunkelnd – bereit für die langsam versinkende Sonne.
Die Nacht wartete schon ungeduldig auf ihre Stunden.
Stefanie stoppte an einer Tankstelle mit einem angegliederten kleinen Restaurant: Eine kurze Pause tut mir gut, sagte sie sich. Ihre Blase drückte, sie musste dringend zur Toilette. Die lange Fahrt hatte sie außerdem ermüdet. Ihre Konzentration ließ nach. Stefanie überlegte: Vielleicht sollte ich mir eine Pension suchen und übernachten?
Müde schlug sie die Autotür zu, den Zündschlüssel ließ sie im Schloss stecken; sie wollte ja eh gleich wieder zurück sein.
Ihr „Schatten" war alarmiert: Was will sie denn jetzt schon wieder? Versteckt hinter einem Lastwagen hielt er an, nahm ein Fernglas zur Hand und stieg aus. Hastig justierte er das Okular, bis er Stefanie im Fadenkreuz hatte: Da, da ist sie! Wahrscheinlich fragt sie jetzt nach der Toilette. Hoffentlich; ich muss auch dringend...
Stefanie eilte auf eine der Kellnerinnen zu: „Ich muss schnell auf die Toilette. Wo geht's lang?"
Die Kellnerin blickte sie von oben bis unten vorwurfsvoll an: „Dafür benötigen Sie einen Schlüssel. Und den bekommen nur Gäste, die hier essen."
„Toiletten sind öffentlich und müssen jedem und jederzeit zugänglich sein."
„Dann bring ich Ihnen erst einmal die Speisekarte. Wo wollen Sie sitzen?"
„Ich brauche keine Speisekarte. Ich ess' sowieso nichts aus der Fritteuse. Was ich brauche, das ist ausschließlich der Schlüssel fürs Klo. Und zwar schnell."
„Schnell geht hier gar nichts, aber ich gebe Ihnen den Schlüssel." Sie kramte seelenruhig in ihrer Schürzentasche und reichte Stefanie mit betonter Langsamkeit den Schlüssel zur Toilette.
Ihr Verfolger trat von einem Bein auf das andere; bald würde er nicht mehr länger „anhalten" können. Er beobachtete durch sein Fernglas, wie sich Stefanie von der Kellnerin löste: Ja, sie geht in Richtung Treppe, dort ist auch das Schild ‚WC'. Endlich! Frauen brauchen eh länger. Das passt...
Giorgio atmete auf und lief zum Restaurant. Dieselbe Kellnerin kam
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