Liebe bringt die höchsten Zinsen
den ersten zwei Jahren auch gelang." Bei all den Erfolgsmeldungen war dem alten Bankier verborgen geblieben, dass der ehrgeizige, unter Erfolgsdruck stehende Jungmanager sich überschätzt und ein riskantes Spiel begonnen hatte: Er spekulierte auf steigende oder fallende Aktienkurse bestimmter Firmen und kaufte Optionen auf die Entwicklung dieser Wertpapiere. Diese Optionen berechtigten ihn zum An- oder Verkauf der Aktien zu bestimmten Kursen an genau festgesetzten Stichtagen.
Für diese Rechte, die sich häufig weitaus heftiger in die eine oder andere Richtung bewegten als die zu Grunde liegende Aktie selbst, waren nur Bruchteile des eigentlichen Aktienwertes einzuzahlen.
Rottmayers Strategie bestand darin, diese Optionsrechte massenhaft zu erwerben – in der Hoffnung, sie noch vor dem Fälligkeitstag wieder loszuschlagen, natürlich mit Gewinn.
„Das funktioniert aber nur, wenn sich der Aktienkurs in die erhoffte Richtung bewegt, ausschließlich dann marschieren die Optionen mit und werfen überproportional Gewinn ab", erläuterte er Kathi.
„Entwickeln sich die Kurse jedoch anders als erwartet, verliert man mit seinen Optionen auch überproportional viel Geld – bis hin zum Totalverlust seines Einsatzes."
Mit seiner Strategie hatte er lange Zeit Erfolg. Doch Erfolg macht süchtig, Geldregen verklärt den Blick. Die Hochrechnung eingetretener Prognosen bildet den Nährboden für Blindheit, Arroganz und Selbstüberschätzung der Händler - und für den Irrglauben an die eigene Treffsicherheit, an die eigene Unfehlbarkeit.
Glücksträhnen an der Börse machen auch gierig. Doch Gier macht umgekehrt nie glücklich, Gier macht arm - mit Ausnahme der Banken und Börsenhändler: Sie kassieren mit jedem Umsatz kräftige Provisionen, die Kunden meist schmerzhafte Verluste: eine Rollenverteilung, die bislang jede Krise überstanden hat, seitdem es Börsensäle gibt. Auch Rottmayer wurde zum Opfer seiner Gier.
„Ich konnte nicht mehr genug kriegen", gestand er kleinlaut, „ich dachte, es würde ewig so weitergehen."
Das Verhängnis nahm seinen Lauf! Fast täglich hatte Thomas Rottmayer mit seinem Freund Silvio Bertone in Italien tele foniert. Der Mailänder hatte regelmäßig heiße Tipps geliefert, die Rottmayer für gewagte Einsätze nutzte. Anfangs brachten sie gute Erlöse ein, doch im Laufe der Zeit verführten sie Rottmayer dazu, ein viel zu großes, immer schnelleres Rad an den internationalen Finanzmärkten zu drehen.
Bis ihm sein Freund Silvio eine perfide Falle stellte...
41. Der verheimlichte Freispruch
Über dem Ort an der Steilküste Dalmatiens lag der Zauber einer warmen Sommernacht. Aus allen Lokalen drang volkstümliche Musik. Die Menschen sangen die Melodien mit, fügten sich zu Kreisen und tanzten gemeinsam zu den Rhythmen - so wie schon ihre Eltern es getan hatten.
Stefanie war nicht länger zum Tanzen zu Mute. „Ich will zurück ins Haus und morgen ganz früh starten."
In ihrem Schlafzimmer kramte sie das vierfarbige Hochglanz-Faltblatt hervor, das sie in Bertones Mailänder Bank vom Tresen mitgenommen hatte: Es zeigte in einer farbigen Zeichnung das geplante Kurzentrum direkt am Kloster auf einer malerischen Insel im See des Flusses Krka. Als federführender Initiator war Bertones Bank in Mailand genannt. Als Mitinvestor war die „hoch angesehene Waldenberg-Bank" aus Deutschland aufgeführt.
„Ich will hier weg, nur noch hier weg," herrschte sie Daniel an. „Ich will nicht mehr feiern und ich will auch nicht länger gefeiert werden!"
„So ist eben die Gastfreundschaft in Kroatien."
„Ich habe niemanden darum gebeten. Und ich will sie nicht länger über mich ergehen lassen!"
„Besser eine Familie mit einnehmendem Wesen als eine Zelle im Knast – oder?"
Diesmal war es Daniel, der wütend das Zimmer verließ und die Tür enttäuscht hinter sich zuknallte.
Am nächsten Morgen, als Stefanie sich noch im Badezimmer zurechtmachte, kam der erlösende Anruf. Ivan war am Telefon und meldete Daniel: „Der Verbrannte aus dem abgestürzten Golf – das war ein langgesuchter Autodieb. Mehrfach vorbestraft. Wurde mit Haftbefehl gesucht."
Daniel schien erleichtert: „Jetzt habt ihr ihn!"
„Wir nicht. Der Friedhof hat ihn!"
„Und wie ist es zu dem Unfall gekommen?"
„Zwei Lastwagenfahrer haben ausgesagt, dass der Golf in einem wahren Höllentempo die
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