LIEBE DEINEN NÄCHSTEN Noah Fitz Thriller (German Edition)
Gliedmaßen waren ja auch nicht sein Spezialgebiet. Als Raphael durch die Tür marschierte, stieß er fast mit der Frau zusammen, die sich allem Anschein nach aus der Totenstarre gelöst hatte und sich zum Gehen anschickte.
„Das ist meine Nachbarin, Frau Blumenweiß“, sagte Lisa, die hinter seinem Rücken stand.
Die alte Dame wollte durchpreschen, ihr waren die ganze Situation und das Drumherum zu viel. Schließlich schafften es die beiden Gesetzeshüter, die betagte Dame wieder in die Wohnung hinein zu bugsieren.
„Lisa, mach bitte zur Beruhigung einen Tee“, bat Raphael seine Partnerin, als sie alle drei auf dem Sofa saßen und er sich bei der Dame nach ihrem Befinden erkundigte. Seine Absicht war aber nicht nur, die alte Frau zu beruhigen, er wollte einige Details des Geschehens herauskitzeln. Zu seinem Bedauern musste er feststellen, dass Frau Blumenweiß als Zeugin völlig unbrauchbar war.
Lisa kannte ihren Partner, sie wusste auch, dass er kein Teetrinker war. Was er mit dem Tee meinte, begriff sie sofort. Also ging sie in die Küche und goss etwas heißes Wasser ein, dazu noch ein paar 'Wundertropfen' und ein Kamillenteebeutel für die Frau Nachbarin. ‚ Das hier wird sie bestimmt beruhigen ‘, ging es ihr durch den Kopf, dabei grinste sie ein bisschen schelmisch. Es war zwar nicht sehr ritterlich, würde aber allen von Nutzen sein, wenn die Dame etwas schlafen würde. In dem Zustand war sie sehr störend, gar gefährlich für die Ermittler und sich selbst.
Frau Blumenweiß wehrte sich nicht, sie trank sogar gierig aus dem Becher, als Lisa ihr den weißen, leicht dampfenden Behälter an die Lippen hielt, die vor Trockenheit aufgeplatzt waren. Kurz darauf lag ihr Opfer auf dem Sofa und schlief.
Lisa ging in die Küche, um zwei Energiedrinks zu holen, die sie mehr als nötig hatten. Als sie zurück kam, hörte sie ihren Partner, wie er etwas zu bestellen versuchte. Sie traute ihren Ohren nicht.
„Hallo, Graziano, tut mir leid, dass ich dich störe“, hörte Lisa, wie Raphael mit einem schlechten italienischen Akzent seinen Freund anrief, der die besten Pizzen in der Stadt buk. „Du, es ist zu früh, ick weise, könntest du mir bitte trotzdem eine grose Gefalle tune. Meine Kollegin hat grose Hunger.“ Lisa stellte sich ihrem lustigen Kollegen direkt gegenüber und starrte ihn ungläubig an, ihre Wangen glühten vor Zorn. Als sie genauer hinsah, erkannte sie, dass ihr Partner gar nicht lachte, und sein Gesichtsausdruck verriet ihr, wie er angestrengt über etwas nachgrübelte. Die gespielte Leichtigkeit und der aufgesetzte ruhige Ton gehörten zu seinem listigen Plan, niemand sollte den Verdacht schöpfen, dass hier etwas im Busch war.
„Ja, mein Freund, freut mich sehr. Also schreib auf. Ich möchte für mich eine Pamagi feurig scharf, ja, und für meine Kollegin Salat, so wie Lisa ihn mag ... ja genau.“
Was hatte er nur vor? Lisa hatte bei Graziano noch nie einen Salat bestellt, und von Pamagi hatte sie noch nie etwas gehört. Waren es Nudeln?
„Ja, schreibe es dir am besten auf. Und meine Adresse.“
Lisa war total überfordert, die Adresse, die ihr Partner diktierte, kannte sie nicht.
„Graziano, bitte mit Besteck, ja für Pamagi, du weißt ja, so etwas hat man nicht im Haus. Fast hätte ich's vergessen …“ , er tat so, als würde er nachdenken, bevor er weitersprach. Ihr Partner sprach jedes Wort zu deutlich aus, so als würde er Erstklässlern ein Diktat vorlesen. „… ihr in Gastronomie kennt euch mit den Plagegeistern bestimmt aus, nicht dass du welche hättest, solche hast du bestimmt nicht, es sind, du weißt schon, es sind die blöden Kakerlaken, wie wird man sie wieder los? Hast du da was, womit man sie verjagen kann? Mille Grazie.“ Lisa hörte ihrem Kollegen nur halbherzig zu. „Oh, warte, ich habe dir meine alte Adresse gegeben, und ich alter Trottel bin ja gar nicht bei mir zu Hause. Ich bin bei Lisa, aber ihre Adresse kennst du ja.“ Raphael entschuldigte sich mit typisch italienischer Intonation bei seinem Freund. „Und noch etwas, hast du Michaels neue Nummer ... was? Ich habe sie auch nicht ...“
Lisa trank gierig aus der Flasche, nicht dass sie Durst hatte, nein, sie konnte es einfach nicht ausstehen, wenn sie ihrem Kollegen nicht folgen konnte. Sie war nicht sauer auf ihn, sie kam sich dabei bloß immer jung und unerfahren vor, wenn Raphael etwas ausbrütete, worauf sie nie von selbst kommen würde.
Lisa Glück wusste nur, dass Graziano früher bei
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