Liebe Dich Selbst Und Es Ist Egal, Wen Du Heiratest
Defizit ihrer Eltern zu Tage, transformieren jede Beziehung. Kinder fordern die Hingabe ihrer Eltern über alle Grenzen hinaus. Kinder zeigen in ihrem Verhalten seismografisch genau, woran ihre Eltern jenseits ihrer Worte wirklich glauben und wo die Beziehung der Eltern wirklich steht.
Noch ein letztes Mal möchte ich einen kurzen Ausflug ins Reich der Zahlen und Statistiken wagen, um ein Phänomen zu untermauern, für das es in unserer Gesellschaft deutlich an Bewusstsein fehlt: Auf der Rangliste der häufigsten Beweggründe für eine Scheidung stehen auf Platz drei die Ver
änderungen nach der Geburt des ersten Kindes. »Wann haben die Probleme zwischen Ihnen beiden begonnen? Seit wann haben Sie keine Lust mehr auf Sex? Seit wann ist Ihr Partner fremdgegangen? Seit wann hat Ihre Ehe ihre Kraft verloren?
Seit wann ist die Liebe auf der Strecke geblieben? «
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Ich weiß nicht, wie viele Male ich auf eine dieser Fragen immer die gleiche Antwort mit dem gleichen schuldbeladenen, traurigen Blick bekommen habe: »Seit unser Kind geboren wurde!«
Ich glaube, für die wahre Dimension der Geburt eines Kindes gibt es in unserer Gesellschaft nur wenig Bewusstsein. Kürzlich rief mich eine Freundin an, die vor einigen Monaten ein Baby bekommen hatte: »Weißt du, nichts von alledem kann einem vorher jemand sagen. Vorher kann man das alles gar nicht glauben und auch nicht verstehen. Eine Frau, die ein Kind zur Welt gebracht hat, ist in nichts mehr zu vergleichen mit der Frau davor. « Meine Freundin hatte gerade die Nacht damit zugebracht, sich um ihr fieberndes, erkältetes Baby zu kümmern, obwohl sie eigentlich selbst eine schwere Blasenentzündung hatte. Völlig übermüdet, fertig und erschöpft am Morgen danach, wunderte sie sich über sich selbst: wie sehr sie doch, wenn es um ihr Kind ging, über sich hinauswachsen und immer wieder geben konnte, obwohl sie doch eigentlich selbst nichts mehr hatte.
Schwangergehen mit uns selbst
Wenn Frauen schwanger werden, ändert sich in ihrem Körper so ziemlich alles, von den Hormonen über Haut und Haare bis zu den Gelüsten - ganz zu schweigen davon, dass ihre Gefühle Achterbahn fahren. Über Nacht finden werdende Mütter sich in einem engen Netz von Regularien wieder: nicht mehr rauchen, nicht mehr trinken, nicht mehr schwer
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tragen, nicht mehr dieses, nicht mehr jenes. Alles dreht sich nur noch darum, dass sie rücksichtsvoll und verantwortungsbewusst sind - selbstlos geben für das unsichtbare neue I eben in ihnen. Und schließlich: Sie nehmen zu - kontinuierlich und unwillkürlich und in den seltensten Fällen nur am Babybauch.
Dabei dreht sich im Leben einer Frau heute so viel um die Schönheit und ihren Körper. Fast jede Frau hat schon mal Diät gemacht, immer mehr Frauen lassen Schönheitsoperationen vornehmen. Krankhafte Essstörungen treten immer noch fast ausschließlich bei Frauen auf. Und dann auf einmal werden sie schwanger, und jeder Anspruch an ihr Schönheitsideal soll wie weggeblasen sein. Genauso soll es ihnen von heute auf morgen leicht fallen, nicht mehr zu rauchen oder zu trinken, sich hier zurückzunehmen und dort kürzer zu treten, Einschnitte in der beruflichen Entwicklung hinzunehmen.
Da sind dann natürlich auch noch die Männer von den schwangeren Frauen. Die wenigsten waren bisher eingehend mit dem Innenleben einer Frau befasst und schon gar nicht mit einem, das Achterbahn fährt. Besonders gut informierte Männer haben den Begriff »Prämenstruelles Syndrom« schon mal im Radio gehört. Ansonsten ist ihnen die Gefühlsanarchie des anderen Geschlechtes eher fremd bis suspekt. Plötzlich sollen diese Männer nun aber Väter sein. Dabei ist bei den Müttern äußerlich monatelang nicht mal was zu sehen. Geschweige denn, dass es für die Männer selbst etwas zu fühlen gäbe. In ihrem Körper ist alles wie immer, in ihrem Hormonhaushalt weitgehend auch. Sie haben nicht plötzlich Wasser in den Beinen, ihnen wird auch nicht schlecht, wenn
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sie Leberwurst sehen. Die Männer leben wie bisher - aber auf einmal wird ihnen mitgeteilt, dass sie ab jetzt werdende Väter sein sollen.
Den Höhepunkt findet diese ungleiche Verteilung der bewussten, vor allem körperlichen Wahrnehmung bei der Geburt: Frauen erleben die unvorstellbarsten Schmerzen ihres Lebens, ihr ganzer Körper zerbirst unter den Wellen der Wehen.
Und Männer schauen von draußen zu wie Reporter am Rande eines Krisengebietes. Die Geburt eines Kindes ist einer der am
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