Liebe Dich Selbst Und Es Ist Egal, Wen Du Heiratest
körperliche, sogar sexuelle Anziehungskraft, nimmt aber ein unausgesprochenes striktes Verbot gegen solche Bedürfnisse beim (Vater-)Mann wahr. Da kauert ein Kleinkind voller Sehnsucht nach Schutz und hat Angst, dass dieser (Vater-) Mann abends nicht nach Hause kommt, es am Wochenende und im Urlaub alleine lässt. Da schämt sich die gute Tochter ihrer Eltern, dass sie nicht so ist, wie Frau sein sollte: nicht liebenswürdig, sondern ablehnend und hart zu ihrem Ehemann. Da hält die Mutter in der Frau den Mann für einen Versager, weil er all die unausgesprochenen Kinderbedürfnisse nicht gut bedienen kann. Da hält sich die erwachsene Katarina für verrückt, wenn sie sich auch nur ansatzweise erlaubt, all das, was da in ihr passiert, wahrzunehmen.
Wenn dieses Beispiel auch Sie schon beim Lesen verwirrt, dann malen Sie sich doch einmal aus, wie verwirrend das Ganze im täglichen Miteinander ist. Jedes Mal wenn zwei Menschen aufeinander zugehen, setzen sie, ohne es zu ahnen, in ihrem Inneren ganze Truppen in Bewegung. Da ist es nur allzu verständlich, wenn Menschen nach einigen solcher Truppengefechte den Rückzug antreten, um bei diesem militärischen Bild zu bleiben. Wenn wir uns nicht gleich trennen, kommunizieren wir doch lieber nur an der Oberfläche, blei87
ben wir lieber unverbindlich, lassen uns lieber nicht noch mal ein, bevor die ganze Mannschaft voller Kriegsveteranen wieder in Gang gebracht wird und wir in einem schmerzlichen Tumult versinken.
Was wir nicht sagen, hört der andere ganz genau Aber selbst wenn wir uns reduzieren, wenn wir versuchen, Teile von uns - unser Herz oder unseren Körper - aus der Begegnung herauszuhalten und uns auf freundliche Kommunikation zu beschränken, findet ein ähnlicher Prozess statt. Wenn zwei sich als Mann und Frau begegnen wollen, reagieren sie nur scheinbar auf die Worte des anderen. Sie reagieren vor allen Dingen auf die unsichtbare Strömung, die zwischen ihnen fließt. Auch dieser Mechanismus entspricht ganz unserem Aufwachsen in unserer Herkunftsfamilie. Dort herrschte ein spezifisches emotionales Klima. Dieses Klima, die vielen Strömungen zwischen Vater, Mutter und innerhalb der Familie haben uns viel eindringlicher geprägt als die verbalisierten Anweisungen unserer Eltern: Da wurden Tugenden hochgehalten und Lern- und Lebensziele definiert, aber die tägliche Realität fühlte sich manchmal gänzlich anders an. Da gab es Ambivalenz, Unsicherheit, ja sogar Heuchelei, Misstrauen oder Streit. Wir haben als Kinder all diese Strömungen wahrnehmen können und müssen, häufig fühlten wir uns daraufhin verwirrt in der Diskrepanz unserer Gefühle zu den Worten unserer Eltern.
So wurde es für die meisten Erwachsenen dann später völ88
lig normal, anderen Menschen nicht das zu sagen, was sie wirklich fühlen, sondern sich auf ein ungefährliches Mindestmaß an Mittellagenkommunikation
zu
reduzieren
und
freundliche
Nettigkeiten auszutauschen. Aber meistens nützt das nicht wirklich.
Zwischenmenschliche Begegnungen sind vor allem ein energetischer Prozess. Wir hören Botschaften, aber wir reagieren vornehmlich auf darunter liegende Subbotschaften und darauf, wie etwas gesagt und ausgedrückt wird. So sagen wir zu unserem Partner: »Ich habe heute dieses oder jenes gemacht. « Unten darunter übermitteln wir: »Sei bitte stolz auf mich... Lobe mich ... Das kannst du doch sowieso nicht... Das hättest du doch eigentlich für mich tun müssen ...«
Häufig gibt es unter einer Hauptbotschaft dutzende von automatisch aktivierten Unterabteilungen. Manche von diesen Subbotschaften sind unserem bewussten Fühlen oder Denken in dem Moment noch latent zugänglich, von der überwiegenden Mehrheit haben wir jedoch meist keine Ahnung.
Die Tragik in der partnerschaftlichen Kommunikation aber ist, dass gerade all die Botschaften, von denen wir keine Ahnung mehr haben, beim anderen für Reaktionen sorgen. Zwar hört der andere, dass Sie heute dieses oder jenes gemacht haben, aber plötzlich fühlt er sich gestört, distanziert, geht auf Abstand. Auch ihm ist es meist nicht bewusst, warum er dies tut, obwohl Sie doch nur von Alltäglichkeiten erzählt haben. Meist merkt er nicht einmal, dass er auf Abstand geht. Er merkt nur, dass er sich eigentlich gewünscht hat, Sie zu sehen oder zu hören, dass diese Begegnung jetzt aber überhaupt nicht so ist, wie er es sich erhofft hatte.
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Zwischen meinem Mann und mir gab es jahrelang eine kleine Begebenheit, die ganze
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